Zacherlfabrik

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Zacherlfabrik, 2012
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1892
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
Andere BezeichnungAndere Bezeichnung für diesen Eintrag Mottenfraß-Versicherungs-Unternehmung Johann Zacherl
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Johann Evangelist Zacherl
Einlagezahl
Architekt Hugo von Wiedenfeld, Karl Mayreder, Julius Mayreder
Prominente Bewohner
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  43097
GNDGemeindsame Normdatei
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BildnameName des Bildes Zacherlfabrik.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Zacherlfabrik, 2012
  • 19., Nußwaldgasse 14

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Gründung

Die Mottenfraß-Versicherungs-Unternehmung Johann Zacherl, auch „Zacherlfabrik“ genannt, in der Nusswaldgasse 14, in Wien-Döbling, hat ihren Namen ihrem Gründer Johann Zacherl zu verdanken. 1849 stieß er auf einer Reise auf geriebene Pyrethrumblüten, die im Kaukasus als Schutz vor Ungeziefer verwendet wurden. Dort handelte er mit einigen Dörfern aus, dass diese für ihn jene Blüten sammeln und nach Tiflis bringen sollten, wo sie zu Pulver vermahlen und in Österreich als „Zacherlin“ verkauft werden sollten. 1855 heiratete Johann Zacherl Anna Haas, 1857 kam der erste Sohn, Johann Evangelist zur Welt. Dieser sollte später die Firma übernehmen.

1861 begaben sich Johann und Anna Zacherl wieder auf die Reise nach Tiflis. 1863 bekam Zacherl das Privileg zur Herstellung des Insektenpulvers in Wien, woraufhin das Unternehmen aufblühte. Ab 1870 wurde das Pulver bereits in einer Fabrik in der Nusswaldgasse hergestellt. Außerdem kamen Geschäfte in Paris, New York und London dazu. So wurde das Zacherlin auf der ganzen Welt verkauft.

1880 übergab Zacherl seinem Sohn Johann Evangelist das Geschäft. Dieser beauftragte 1888 das Atelier Heinrich von Ferstels mit dem Bau eines neuen Fabriksgebäudes, das nach dem Entwurf von Hugo von Wiedenfeld von den Brüdern Karl und Julius Mayreder erbaut wurde.

Im selben Jahr noch starb Johann Zacherl. 1892-1893 entstanden schließlich die bis heute erhaltenen Fabriksgebäude mit ihrem außergewöhnlichen orientalisierenden Aussehen, die der Gründer des Unternehmens nie zu Gesicht bekam.


Das Bauwerk

Geschichte

Was anstelle des heute noch vorhandenen Gebäudes als ursprüngliche Fabrik gestanden ist, lässt sich in der Literatur nicht nachweisen. Im Archiv der Zacherlfabrik ist aber eine Fotografie zu finden, auf der das ursprüngliche Gebäude zu sehen ist: Ein kleines Winzerhaus, wie es in der näheren Umgebung heute noch aufzufinden ist. Nachdem die Gebäude, die um 1870 errichtet wurden, zu klein für die herzustellenden Mengen an Insektenpulver geworden waren, erfolgte bis 1872 ein Ausbau der Fabrik. Dabei wurden ein neues Büro- und ein weiteres Hallengebäude, ein Kesselhaus für die Mühle mit Dampfbetrieb und ein Rauchfang, sowie ein Magazin hinzugebaut. Nachdem Zacherls Sohn 1880 die Fabrik übernommen hatte, ließ dieser weitere Wohn- und Magazingebäude errichten. 1882 wurde die Teppich-, Klopf- und Bürsthalle in Auftrag gegeben. Diese Hallen wurden 1890 fertiggestellt und schließen links an das Bürogebäude an. 1891, also bereits nach Johann Zacherls Tod, gab der Sohn Johann Evangelist den Auftrag für ein neues Bürogebäude, mit dessen Bau 1892 begonnen wurde.

Im selben Jahr wurden die ab 1882 errichteten Hallen und die restlichen Hofgebäude um ein Stockwerk erhöht und ihre Fassaden neu gestaltet. Das Glasdach über dem Waschplatz zwischen Büro- und Versandgebäude wurde errichtet. 1894 wurde schließlich ein neu gestaltetes Kessel- und Maschinenhaus mit Rauchfang und Wasserturm in Betrieb genommen. Von diesem Ensemble steht heute nur noch das Kesselhaus mit dem Turm. Mit dem Ende der Monarchie ging auch das wirtschaftliche Ende der Fabrik einher. Die Gebäude konnten sich über die Weltkriege retten, allein der Rauchfang hat sie nicht überlebt.


Orientalisierendes Aussehen

Der Entwurf Wiedenfelds wurde wahrscheinlich wegen des neuen, orientalischen Aussehens angenommen. Das spezielle Aussehen der Fabrik, das auf eindrucksvolle Art Werbung für das hergestellte Produkt vor Ort machte, wurde auch in Zeitungen, wo Zacherl eigens dafür Reime schreiben ließ, verbreitet. Den Pavillon auf der Jubiläumsausstellung in Wien ließ er 1898 ebenso im orientalisierenden Stil ausführen wie auch ein neues Portal für das Geschäft beim Stephansdom. Der orientalisierende Stil wurde so zu Zacherls Markenzeichen und Werbemittel; die Fabrik mit dem orientalischen Aussehen zum Firmenkennzeichen.

Als ausschlaggebend für das spezielle Aussehen der Fabrik kann der damit gegebene Wiedererkennungswert, sowie die Werbewirkung ein Grund sein. Dass das orientalische Aussehen viele Menschen anlocken sollte und somit die beste Werbung darstellte, lässt sich an den zahlreichen Reklameplakaten erkennen, bei denen immer das Fabrikgebäude selbst im Mittelpunkt steht. Zacherl wollte durch seine Fabrik ein Stück Orient nach Wien bringen, wofür er Hugo von Wiedenfeld engagierte. Wiedenfeld lieferte die Entwürfe, die die Brüder Mayreder ausführten.

Als größtes Vorbild für das Aussehen der Fabrik kann die persische Moscheen-Architektur verglichen werden, allen voran die Shah-Moschee in Isfahan. Diese war europäischen Architekten durchaus bekannt, da sich zu Ende des 19. Jahrhunderts illustrierte Reiseberichte und Architektur-Alben höchster Beliebtheit erfreuten. Vergleicht man die Illustrationen der Shah-Moschee in den „Monuments Modernes de la Perse“ von Pascale Coste aus dem Jahr 1867 (vgl. Coste, Pascal: Monuments modernes de la Perse. Messures, Dessines et Decrits. Paris 1867. Zu finden in der ÖNB und äußerst empfehlenswert, sich im Original anzuschauen!), ist eindeutig festzustellen, dass der Architekt der Fabrik diese gesehen haben muss.


Die Fabrik und ihre Rolle innerhalb der Architekturlandschaft Wiens

Die Zacherlfabrik nimmt innerhalb der Architekturlandschaft Wiens eine herausragende Rolle an. Auf der einen Seite ordnet sie sich dem klassischen Bautypus Fabrik unter. Die Fabrikationsgebäude aus unverputztem Backstein und die durch rote Farbe hervorgehobenen dezenten Akzente, durch die die Fenster betont werden, findet man innerhalb der gesamten europäischen Industriebaukunst. Es kann durchaus die Rede vom „typischen Fabrikbau“ sein, der sich seinem Aussehen nach an die profanen Nutzbauten des 19. Jahrhunderts anschließt.

Ab und zu gibt es auch Beispiele, die aus dieser Rolle des schlichten Nutzbaus heraustreten und durch besondere, dekorative Elemente auffallen. Oftmals findet das an den Wohn- und Bürogebäuden der Industriellen statt, die dadurch ihre Stellung in der Gesellschaft unterstreichen wollen. Sie stellen anhand dieser „Fabrikschlösser“ klar, dass sie fortan in die „gehobene Gesellschaft“ gehören.

Bei der Zacherlfabrik finden wir ein solches betontes Bürogebäude. An diesem Beispiel lässt sich neben besagter Erhebung des Fabrikanten noch eine weitere Begründung für das besondere Aussehen finden: Als Werkzeug der Kommerzialisierung des Produkts wird die Fabrik zur „Corporate Identity“. Zahlreiche Werbeplakate unterstützen dies – die Zacherlfabrik wirbt mit dem orientalischen Aussehen des Gebäudes. Dabei findet der Persische Stil am Äußeren Anwendung, den man in Wien, wenn nicht sogar in ganz Österreich, sonst nirgendwo in diesem Maße antrifft.

Wenn in Wien orientalische Vorbilder für ein Gebäude gewählt werden, dann sind diese, wie wir gesehen haben, meist ein Konglomerat von maurischen, byzantinischen und teilweise ägyptischen Elementen (unter anderem Evangelische Kirche am Matzleinsdorfer Platz, Griechische Kirche, Roßauer Kaserne oder auch viele Synagogen, wie die in der Zirkusgasse). Daneben ist der Gebrauch orientalisierender Ornamente an einem Industriebau in Wien einzigartig.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Zacherlfabrik zwei für die Architektur des 19. Jahrhunderts typische Dinge vereint: den Fabrikbau, der dieses Jahrhundert der Industriellen Revolution so stark prägte, mit dem neo-orientalischen Modus des Historismus, dem Baustil dieses Jahrhunderts. Da diese Verbindung für Österreich absolut untypisch ist, kann die Deklarierung der Zacherlfabrik als herausragendes Beispiel orientalistischer Architektur und als Unikat innerhalb der Industriebaukunst Österreichs als vollkommen gerechtfertigt angesehen werden.


Literatur