Zwangsarbeiterlager Pater-Abel-Platz
48° 14' 41.75" N, 16° 22' 48.40" E zur Karte im Wien Kulturgut
In 20., Pater-Abel-Platz (1920-1934 Engels-Platz, ab 1946 Friedrich-Engels-Platz befand sich von 1943 bis 1945 ein Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der nationalsozialistischen Zeit.
Das Lager Pater-Abel-Platz ist eines von drei im Kontext der Errichtung der Wiener Flaktürme vorkommenden Lagern (siehe auch die Lager Freihaus und Sportplatz).
Entsprechende Meldedaten sind nachweisbar ab 23. Februar 1943 für einen französischen Zwangsarbeiter nachweisbar, der bis Juni 1943 für die Firma Philipp Holzmann an den Standorten Arenbergpark und Stiftskaserne beschäftigt war, dann aber im September 1943 zum Kraftwerkbau bei Tschagguns geschickt wurde. Bei einem weiteren französischen Zwangsarbeiter werden alle drei Adressen der Flakturm-Lager mit folgenden Anschriften genannt: "Gemeinde Wien Lager XX Pater Abel Platz" (dort war er von März bis Juni 1943 und von Oktober 1943 bis Mai 1944 gemeldet), "Gemeinschaftslager 'Sportplatz', Brigittenauer Lände 236-238" (dort war er von Juni bis Oktober 1943 gemeldet) sowie „Lager Freihaus, Wiedner Hauptstraße 10“ (dort war er von Oktober 1944 bis Februar 1945 gemeldet). In allen drei Lagern war auch ein weiterer französischer Zwangsarbeiter, dem durch ein Schreiben der "Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien, Abteilung G 45 (Arbeitseinsatz)" vom 18. April 1944 ein "viertägigen Urlaub" gewährt wurde, um seinen kriegsgefangenen Bruder im Stalag IIB zu besuchen (Kriegsgefangenen-Lager Hammerstein in Pommern, heutiges Polen). Dem war ein genehmigendes Schreiben des Abwehr-Offiziers jenes Gefangenenlagers an ihn an die Adresse "Lager 20 Pater Abel Platz Wien XX/20" vorhergegangen. Er war unter anderem im Dienst des Stadtzimmermeisters Ignaz Putz (21., Wagramer Straße 23-27), dabei aber offenbar immer noch im Flakturm-Kontext beschäftigt.
Wie gefährlich die Flakturmarbeit war, zeigt sich am Fall eines anderen französischen Zwangsarbeiters, der im März/April 1943 und dann wieder im Oktober 1943 im Lager Pater-Abel-Platz gemeldet, dazwischen jedoch den ganzen Juli, dann wieder September/Oktober 1943 in Krankenhäusern.
Bei den genannten Meldeeinträgen wird "Pater Abel Pl." nie mit einer Nummer genannt, was dafür spricht, dass hier nur provisorische Baracken bestanden. In mehreren Fällen ist der Zusatz "(Lag. Gem. Wien)" beigefügt, so bei einem weiteren französischen Zwangsarbeiter, der vom 15. März bis 19. April 1943 und vom 28. Oktober 1943 bis 29. Mai 1944 (dazwischen im Lager Freihaus und Lager Sportplatz, danach im Lager Freihaus) interniert war und im November 1943 um sechs Uhr früh von der Gestapo aus dem Lager Pater-Abel-Platz abgeführt und in das von der Wiener Gestapo betriebene Arbeitserziehungslager (AEL) Oberlanzendorf gebracht wurde. Danach wurde er von der Gemeinde Wien nicht mehr beim Flakturmbau, sondern zu diversen anderen Arbeiten eingeteilt, wie etwa dem Bau von Notküchen oder Reinigungs- und Räumarbeiten.
"Lager Pater Abel Pl. (Gem. Wien)" steht mehrfach auch dort in Meldevermerken, die Einsätze im Flakturm-Kontext betrifft, so für März bis Juni 1943 für einen französischen Zwangsarbeiter, der von Oktober 1943 bis Mai 1944 im "Pater Abel Platz (Lager)" ohne Erwähnung der Gemeinde (dazwischen Lager Sportplatz, danach Lager Freihaus) war. Auch er war zeitweise im Arbeitserziehungslager (AEL) Oberlanzendorf.
Das immer ohne Hausnummer genannte Lager Pater-Abel-Platz wurde 1943 anscheinend im Bereich der "Parkanlage mit städtischem Kinderfreibad" errichtet, die in Lehmanns Adressbuch 1938 genannt wird.
Weiters nennt auch eine Liste des Wilhelminenspitals[1] das Lager 20., Pater-Abel-Platz 36 für italienische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Eine Hausnummer 36 ist jedoch nicht vorhanden und die Lage dieses Lager somit noch ungeklärt.
Diese Liste des Wilhelminenspitals verzeichnet die dort zwischen 1942 und 1945 behandelten Ausländerinnen und Ausländer. Die Liste enthält Aufnahmezahl, Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Geburtsort (Land), Eintritt, Austritt, "Bestimmungsort" mit Firma und Wohnadresse (mit den zeitgenössischen Straßennamen).[2]
Siehe auch: Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager, Lager in Wien
Quellen
- Hermann Rafetseder: Aus Versöhnungsfonds-Anträgen gesammeltes Material (Kopien)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt.209 - Wilhelminenspital, A1 – Direktionsakten: Mappe 47: "Suchaktion Ausländer"
- Brigitte Rigele: Bearbeitung der Liste des Wilhelminenspitals (1999)
Weblinks
Literatur
- Stefan August Lütgenau: Zwangsarbeit im "Reichsgau" Wien 1938-1945. In: Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 59 (2003), S. 167-186
- Hermann Rafetseder: Lager und lagerartige Unterkünfte der NS-Zeit in Wien für das Online-Lexikon "Wien Geschichte Wiki", auf Basis von Material des Österreichischen Versöhnungsfonds. 108 Lager-Artikel und vier "Bonus-Tracks", erstellt im Auftrag des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Linz: Eigenverlag 2017
- Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale. Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Bremen: Wiener Verlag für Sozialforschung in EHV Academicpress GmbH 2014, S. 361-368
- Ute Bauer: Die Wiener Flaktürme im Spiegel österreichischer Erinnerungskultur. Wien: Phoibos Verlag 2003
Einzelnachweise
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt.209 - Wilhelminenspital, A1 – Direktionsakten: Mappe 47: "Suchaktion Ausländer".
- ↑ Irrtümer bei den Bezirken und Hausnummern sind nicht ausgeschlossen. In die Bearbeitung aufgenommen wurden nur jene Adressen, bei denen "Lager" angegeben war, beziehungsweise nur jene Firmenlager, die als solche bezeichnet wurden.