Anleihe

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7% Wiener Stadtanleihe 1961, Werbeplakat
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Anleihe. Im Mittelalter wurden in besonderen Fällen "Anlehen" gegeben; ursprünglich wurden die Gelder (unter Umgehung des kanonischen Zinsverbots) vorwiegend bei Juden aufgenommen (Ausnahmen bereits im 14. Jahrhundert), nach 1421 (Geserah) besonders bei vermögenden Bürgerfamilien (Eslarn, Hölzler, Perman, Pötel, Starch, Ziegelhauser und so weiter) und fallweise bei Wiener Niederlegern (vor allem aus Süddeutschland). Obwohl die Anleihen häufig mit Hilfe außerordentlicher Steuern rasch zurückbezahlt wurden, ergab sich im 15./16. Jahrhundert zeitweise eine drückende Schuldenlast. Neben Anleihen wurde für kurze Zeitspannen zuweilen auch Geld aus Liquiditätsgründen aufgenommen; außerdem wurde die Stadt Wien mehrfach gezwungen, dem Landesfürsten Darlehen zu gewähren (meist als Vorauszahlung auf zu erwartende Steuereingänge, 1435 an Kaiser Sigismund als Pfanddarlehen). Der Zinssatz, der 1338 von 173 auf 65 Prozent herabgesetzt wurde (fallweise auch nur 43,3 Prozent), fiel im 15. Jahrhundert auf 3-5 Prozent. Neben den Anleihen gab es als bevorzugte Form des mittelalterlichen Kreditverkehrs auch Geldaufnahmen in Rentenform (Burgrecht).

Die vom 16. bis zum 19. Jahrhundert von der Stadt aufgenommenen Anleihen sind den Rechnungsabschlüssen zu entnehmen. Mehrfach hatte die Stadt auch dem Landesfürsten Anleihen zu gewähren. Als Geldgeber traten immer wieder (meist jüdische) Bankiers in Erscheinung, die vor allem in Kriegszeiten Darlehen gewährten (deren Rückzahlung sich nicht selten als sehr ungewiss erwies).

Mit den nach 1848 eintretenden Veränderungen ergaben sich auch neue Maßstäbe für städtische Anleihen. Der liberal (1861-1895) beziehungsweise christlichsozial dominierte Gemeinderat (1895-1919) vertrat den Standpunkt, dass kommunale Investitionen, die auch künftige Generationen zugutekommen würden, auf dem Anleihenweg zu finanzieren seien. Erstmals wurden in den Jahren 1866 beziehungsweise 1874 Anleihen in der Höhe von 25 beziehungsweise 40 Millionen Gulden aufgenommen (Wunschvorstellung jeweils 63 Millionen Gulden), die für verschiedene Vorhaben (1866: erste Hochquellenwasserleitung, Rathaus, Schulen, Armenhäuser, Markthallen, Straßen und so weiter; 1874: Grundankäufe für ein städtisches Gaswerk und einen Zentralfriedhof) verwendet wurden. Eine eigene Anleihe (25 Millionen Gulden) wurde für die Donauregulierung aufgenommen (an ihr beteiligten sich der Staat, das Kronland Niederösterreich und die Stadt Wien zu je einem Drittel). 1894 nahmen die Liberalen eine 35-Millionen-Kronen-Anleihe für die Verbesserung der Wasserversorgung auf.

In der christlichsozialen Verwaltungsära wurden zunächst Anleihen für die Kommunalisierung der Energieproduktion, das heißt für den Bau des städtischen Gaswerks (1898; 60 Millionen Kronen) und des städtischen E-Werks (1900; 30 Millionen Kronen) aufgenommen, dann für die Kommunalisierung und Elektrifizierung der Pferdestraßenbahn und den Bau der zweiten Hochquellenwasserleitung (1902; 285 Millionen Gold-Kronen) sowie Anleihen für Investitionen verschiedener Art (1908: 360 Millionen Kronen; 1914: 375 Millionen Kronen [emittiert nur 330 Millionen Kronen, 1917]). 1918 musste zur Bedeckung des Budgetdefizits eine 250-Millionen-Kronen-Anleihe aufgenommen werden. Von den Gesamtschulden in Höhe von 1315 Millionen Kronen (davon Inland 1030 Millionen Kronen, Ausland 285 Millionen Kronen) waren am 30. Juni 1919 noch rund 997 Millionen Kronen im Inland unbezahlt. Die fortschreitende Inflation ermöglichte zwar eine rasche Tilgung der Inlandsanleihen, sie warf jedoch große Probleme bei Fremdwährungsanleihen auf.

Nach dem Ersten Weltkrieg finanzierten die Sozialdemokraten den Sozialen Wohnbau zunächst ebenfalls auf dem Anleihenweg (erst ab 1923 wurde die zweckgebundene Wohnbausteuer eingehoben); am 9. Juli 1919 kam es zur Ausgabe einer Schatzscheinanleihe in der Höhe von 200 Millionen Kronen, 1920 zu einer weiteren in der Höhe von 300 Millionen Kronen; 1921 beziehungsweise 1922 wurden Investitionsanleihen in der Höhe von ein beziehungsweise fünf Milliarden Kronen begeben, 1922/1923 insgesamt sechs Wohnbauanleihen (insgesamt 186 Milliarden Kronen, das sind 18,6 Millionen Schilling [1924]); die absoluten Werte sind wegen der Inflation mit der Vorkriegszeit nicht vergleichbar. Die aus der Vorkriegszeit stammenden ausländischen Anleihenverpflichtungen (mit Goldparität) konnte die sozialdemokratische Verwaltung erst 1923 (mit den französischen und belgischen Gläubigern) beziehungsweise 1931 (unter anderem mit den Schweizer Gläubigern) durch ein entsprechendes Übereinkommen (30-Millionen-Schweizer Franken-Konsolidierungsanleihe laut Gemeinderatsbeschluss vom 21. September 1923 beziehungsweise 75-Millionen-Schweizer Franken-Anleihe laut Gemeinderatsbeschluss vom 10. Juli 1931) regeln. 1927 kam es zur Aufnahme einer 30-Millionen-Dollar-Anleihe für die städtischen Unternehmungen (Landtagsbeschluss vom 1. April 1927). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwar Anleihen aufgenommen, jedoch in sparsamer Form. Die Verschuldung der Stadt betrug (jeweils am 31. Dezember) 1960 1,335 Milliarden Schilling, 1970 7,678 Milliarden Schilling, 1980 31,270 Milliarden Schilling und 1990 39,543 Milliarden Schilling.

Literatur

  • Otto Brunner: Die Finanzen der Stadt Wien. In: Studien aus dem Archiv der Stadt Wien 1/2 (1929), S. 242 f., 411 ff., 455 ff.
  • Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der ersten Republik (1919 - 1934). Band 1. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1958 (Wiener Schriften, 6), S. 127 ff.
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1896 - 1934. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 2), S. 465 ff. und Register
  • Rechnungsabschlüsse