Brigittakapelle
48° 14' 41.58" N, 16° 22' 29.31" E zur Karte im Wien Kulturgut
Brigittakapelle (20., Forsthausgasse). Die Kapelle wurde zwischen 1645 und 1651 von Philiberto Lucchese als achteckiger Zentralbau mit Zeltdach und Laterne erbaut und diente ursprünglich als Andachtsstätte für das Jagd- und Mautpersonal.
Die Kapelle ist mit einer Sage verknüpft, die in die Zeit der Bedrohung Wiens durch schwedische Truppen gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges zurückgeht. Im April 1645 war es den Schweden gelungen, die strategisch wichtige Wolfsschanze (heute etwa Umspannwerk Wien-Nord, 21., Jedleseer Straße 43) einzunehmen. Eilig wurden unter dem Kommando des Bruders Ferdinands III., Erzherzog Leopold Wilhelms, Truppen zusammengezogen, denen es am 31. Mai gelang, das Bollwerk zurückzuerobern.
Um diesen historisch beweisbaren Kern rankt sich die Sage vom "Kugelwunder": Am Brigittatag habe während des Artillerieduells um die Wolfsschanze eine feindliche Kanonenkugel das Zelt Erzherzog Leopold Wilhelms durchschlagen, doch sei der eben zum Gebet niedergekniete Erzherzog unverletzt geblieben. Zum Dank für die wundersame Errettung habe er gelobt, an dieser Stelle eine Kapelle zu errichten. Wahrscheinlich hat die oktogonale Form der Kapelle den Gedanken genährt, es handle sich um die Nachbildung des erzherzöglichen Zelts. Die Daten der Überlieferung sind allerdings historisch nicht haltbar: Die Kämpfe um die Wolfsschanze fallen auf den 29./30. Mai, der Tag der heiligen Brigitta hingegen wird am 8. Oktober gefeiert.
Die über dem Portal angebrachte Sonnenuhr bezeichnet Ferdinand III. als Stifter. Dazu gehört die ebenfalls überlieferte Erzählung, der Kaiser habe an dieser Stelle 1649 den Kurier getroffen, der die Nachricht vom Abschluss des Friedens zu Osnabrück überbrachte. Dieses Ereignis habe den Kaiser bewogen, das schon bestehende Kirchlein für das Forstpersonal neu erbauen zu lassen.
Das Altarbild der Kapelle (Erzherzog Leopold Wilhelm vor der heiligen Brigitta) stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, das Kuppelfresko mit der Darstellung der Gründungssage ("Kugelwunder") malte 1903 Andreas Groll (Restaurierung: Max Heilmann, 1958).
Die drei Kapelleneingänge tragen als Schmuck das erzherzögliche Wappen. Seit dem Bau der Kapelle wird die sich in ihrer Nähe erstreckende Wolfsau Brigittenau genannt.
In der Kapelle hält die russisch-orthodoxe Gemeinde der heiligen Brigitta ihre Gottesdienste ab. Bald nach dem Bau der Brigittakapelle entwickelte sich der Brauch, zu Ehren der Kapellenpatronin ein Kirchweihfest abzuhalten (Brigittakirtag).
Quelle
Literatur
- Felix Czeike: XX. Brigittenau. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 20), S. 18
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, 298 f.
- Albert Ilg: Die Brigitta-Capelle in Wien. In: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien 12 (1895), S. 196
- Hugo Konecny: Die St.-Brigitta-Kapelle in der Wolfsau. In: Annalen der Franziskanerinnen ..., Jg. 16 (1918), Nr. 3
- Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 261 ff.
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 190
- Alfred Schnerich: Wiens Kirchen und Kapellen in kunst- und kulturgeschichtlicher Darstellung. Zürich / Wien: Amalthea 1921 (Amalthea-Bücherei, 24), S. 135
- Paul Sekora: Brigittakapelle im 20. Bezirk. Datumsberichtigung. In: Wiener Geschichtsblätter 13 (1958), S. 21
- Hans Tietze: Die Denkmale der Stadt Wien (XI. - XXI. Bezirk). Wien: Schroll 1908 (Österreichische Kunsttopographie, 2), S. 473