Denkmal Turnertempel
48° 11' 31.71" N, 16° 20' 7.56" E zur Karte im Wien Kulturgut
Am 10. November 2011 wurde an der Stelle der Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde 15, Turnergasse 22, die in der Nacht von 9. auf 10. November 1938 (Novemberpogrom) von den Nationalsozialisten zerstört und niedergebrannt worden war, eine permanente, den gesamten Platz umspannende Installation eröffnet.
Initiiert wurde das Vorhaben 2008 von der Gebietsbetreuung gemeinsam mit dem Projekt "Herklotzgasse 21".[1] Gestaltet wurde die Installation von Iris Andraschek, Hubert Lobnig, Maria Auböck und János Kárász, die mit ihrem Entwurf den von KÖR - Kunst im öffentlichen Raum ausgeschriebenen Wettbewerb für sich entscheiden konnten.
Über den Platz verteilte Betonbalken stehen symbolisch für den zerstörten Dachstuhl, ergänzt werden diese durch in den Boden eingelassene Mosaike. Zusätzlich gibt es vor Ort eine erklärende Tafel.
Die Inschrift der Tafel lautet:
"TURNERTEMPEL
ERINNERUNGSORT
SUCHE NACH EINER REFLEXIVEN ARCHÄOLOGIE
Zur Erinnerung an den Turnertempel, der 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde
An dieser Stelle befand sich bis zur Novemberpogromnacht 1938 der Turnertempel. Diese Synagoge war ein wichtiges Symbol und ein Zentrum des jüdischen Lebens im Bezirk. Der Architekt Karl König, Schüler Friedrich Schmidts und später Assistent Heinrich Ferstels, hat das Gebäude 1870 entworfen, das in den Jahren 1871/1872 errichtet wurde. In der Nacht vom 9. Auf den 10. November 1938 wurde der Turnertempel durch Nationalsozialisten mit Handgranaten in Brand gesetzt und zerstört.
Die Platzgestaltung
Als zentrales Element wurde ein Netz aus schwarzen Betonbalken gewählt. Es symbolisiert den zerborstenen Dachstuhl des Tempels und erschließt zugleich den Platz. Mosaiken vermitteln zwischen Geschichte und Gegenwart. Sie zeigen Früchte und Pflanzen aus dem Süden, die in der Torah erwähnt sind. Diese können als Reste oder Anfang eines Festmahls verstanden werden, erinnern an die Zerstörung und das Schicksal der jüdischen Bürger, laden aber genauso zu einem neuen Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion ein. Die vorhandenen Linden wurden integriert, an diesem Ort, der die Vergangenheit nicht vergessen lässt, sich aber zugleich einer hoffnungsvollen Zukunft öffnet.
[auch in englischer, hebräischer, türkischer und serbisch-kroatischer Übersetzung]
Konzept und Planung:
IRIS ANDRASCHEK & HUBERT LOBNIG,
MARIA AUBÖCK + JÁNOS KÁRÀSZ"
Die Neugestaltung des Platzes im Jahr 2011 entstand im Zuge eines von KÖR - Kunst im öffentlichen Raum Wien in Kooperation mit der Stadt Wien ausgelobten Wettbewerbs.
Im Rahmen des Festaktes sprachen Gerhard Zatlokal (Bezirksvorsteher des 15. Bezirks), Bettina Leidl (Geschäftsführerin von KÖR), Michael Kofler (Projekt Herklotzgasse 21), Ariel Muzicant (Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde), Moshe Jahoda (Zeitzeuge), Hannah M. Lessing (Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus) sowie Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny.
Literatur
- Iris Andraschek [u.a.] [Hg.]: Turnertempel Erinnerungsort. Suche nach einer reflexiven Archäologie. Nürnberg: Verlag für moderne Kunst 2012
- Michael Kofler / Judith Pühringer / Georg Traska [Hg.]: Das Dreieck meiner Kindheit - Eine jüdische Vorstadtgemeinde in Wien. Wien: Mandelbaum Verlag 2008
- Turnertempel. Partizipationsprojekt zur Erinnerung an die Grätzelgeschichte [Stand: 27.07.2017]
- Turnertempel Erinnerungsort (Datenbankeintrag) [Stand: 27.07.2017]
Einzelnachweise
- ↑ Nähere Informationen zum Projekt unter www.herklotzgasse21.at.