Eugen Philippovich von Philippsberg
Eugen Philippovich von Philippsberg, * 15. März 1858 Wien, † 4. Juni 1917 Wien, Nationalökonom, Politiker.
Biografie
Philippovich besuchte zunächst das Gymnasium in Marburg (Maribor) und an der Theresianischen Akademie in Wien. Ab 1876 studierte er an den Universitäten Graz und Wien Rechtswissenschaften und wurde 1881 zum Dr. iur. promoviert. Studienreisen führten ihn 1882 nach London und Berlin. Bereits 1884 habilitierte er sich an der Universität Wien für Politische Ökonomie und wurde 1885 als außerordentlicher Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an die Universität Freiburg im Breisgau berufen. Drei Jahre später erfolgte seine Bestellung zum Ordinarius an derselben Universität, wo er als Vermittler zwischen der Deutschen Historischen Schule und der Österreichischen Schule der Nationalökonomie fungierte. In seinen Schriften betonte er die Notwendigkeit staatlicher Maßnahmen im Bereich der Sozialpolitik, auch aus Gründen des Ausgleichs ökonomischer Ungleichheit.
1893 folgte er einer Berufung an die Universität Wien, wo unter anderem Joseph A. Schumpeter zu seinen Studenten gehörte. 1895/1896 und 1907/1908 wirkte er als Dekan, 1905/1906 als Rektor des Hauses, an dem er bis zu seiner Emeritierung 1917 tätig war. Hier entstand auch sein Hauptwerk "Grundriß der politischen Ökonomie" (1893), dem nach der Jahrhundertwende zwei weitere Teilbände folgten. in dem 1894 erschienenen Werk "Wiener Wohnungsverhältnisse" dokumentierte er das Wohnungselend in der Reichshaupt- und Residenzstadt. Er war korrespondierendes Mitglied der Akademien der Wissenschaften in Wien und in Budapest.
Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, in der er immer die Notwendigkeit der praktischen Anwendung der Theorie einforderte, engagierte sich Philippovich auch auf politischer Ebene. Bereits seit 1873 im "Verein für Socialpolitik" tätig, avancierte er ab 1896 zum geistigen Führer der neugegründeten Sozialpolitischen Partei, der auch Julius Ofner und Ferdinand Kronawetter angehörten. Er zog 1896 als Abgeordneter der Städtekurie (Wien I) in den Niederösterreichischen Landtag ein. Eine neuerliche Kandidatur 1902 scheiterte, allerdings gehörte er als Rektor der Wiener Universität (Virilmandat) von September 1905 bis September 1906 wiederum diesem Gremium an. 1909 wurde er zum Mitglied des Herrenhauses ernannt. Darüber hinaus war der Nationalökonom 1900 einer der Mitbegründer der Internationalen Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz und Mitglied des Arbeitsbeirates im Handelsministerium.
1926 wurde die Philippovichgasse in Wien-Döbling nach dem Politiker benannt.
Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission 2021 die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Im 1. Ergänzungsband wird auf Philippovichs Engagement in Kolonialfragen hingewiesen.
Quelle
Literatur
- Peter Autengruber / Oliver Rathkolb / Lisa Rettl / Walter Sauer: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. 1. Ergänzungsband. Wien: Verein zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Zeitgeschichte 2021
- Neue deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 20. Berlin: Duncker & Humblot 2001, S. 393 f.
- Wilhelm Deutschmann: 200 Jahre Rechtsleben in Wien. Advokaten, Richter, Rechtsgelehrte. Historisches Museum der Stadt Wien, 21. November 1985 bis 9. Februar 1986. Wien: Eigenverlag 1985 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 96), S. 235
- Rendezvous Wien. Vierteljahreszeitschrift für Freunde Wiens in aller Welt 4 (1980), S. 27 ff.
- Hermann Degener [Hg.]: Degeners Wer ist's. Berlin: Degener 1935
- Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 3. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1926
- Österreichische Akademie der Wissenschaften: Almanach. Band 68. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1918, S. 424
- Hermann Clemens Kosel: Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Band 1: Biographien der Wiener Künstler und Schriftsteller. Wien: Verlag der Gesellschaft für Graphische Industrie 1902
Eugen Philippovich von Philippsberg im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.