FC Wien
48° 10' 33.06" N, 16° 21' 20.88" E zur Karte im Wien Kulturgut
Beim bis zum Jahr 1973 bestehenden Favoritner FC Wien handelte es sich um den Nachfolger des ehemaligen Sport-Clubs Nicholson, der auf der Generalversammlung am 7. Februar 1933 eine Umbenennung auf FC Wien sowie den Wechsel der Klubfarben von Blau-Gelb auf Rot-Weiß vorgenommen hatte. Die Spielstätte des Vereins blieb weiterhin der Platz an der Angeligasse bzw. Gußriegelstraße.
Neuer Name
Ausschlaggebend für die Namensänderung und die neuen Klubfarben war der Umstand gewesen, dass sich der alte Name bei Auslandsreisen als nachteilig erwiesen hatte. Allerdings stieß auch die neue Klubbezeichnung auf wenig Gegenliebe bei der Konkurrenz, gerade wegen der Gefahr von Namensverwechslungen mit bestehenden Vereinen. So protestierten etwa Vienna und der Wiener Sport-Club, wenn gleich erfolglos, beim Verband.
Sportliche Entwicklung
1928 waren die Favoritner als Sport-Club Nicholson in die oberste Spielklasse aufgestiegen. Mit den neuen Farben setzte sich die sportliche Erfolgsgeschichte fort und der Verein konnte sich bis zur Saison 1938/1939 als Mittelständer in der obersten Spielklasse behaupten. So erspielten sich die Rot-Weißen in der Saison 1935/1936 den vierten Meisterschaftsrang. Zwar fehlten zur Erlangung der absoluten Spitze die finanziellen Mittel, doch durch die ausgezeichnete Jugendarbeit, die schon Ende der 1910er Jahre begründet worden war, gelang es dem Klub finanzielle Defizite zum Teil gut zu kompensieren. Um an Geldmittel zu kommen, forcierte der Verein auch seine Auslandsspielaktivitäten und unternahm im Laufe der 1930er Jahre Tourneen nach Frankreich, Italien, Skandinavien und Spanien sowie in die Türkei und nach Ägypten. Der FC Wien war im Ausland gefragt und absolvierte in der Saison 1932/1933, neben Meisterschaft und Cup im Inland, über 40 Spiele außerhalb Österreichs. Durch die konstant guten Leistungen überholte der Verein auch seine Bezirksrivalen Hertha und SC Rudolfshügel (Fußballverein) und stieg zur Nummer eins im Bezirk auf.
Abstieg am Reißbrett
Mit der Umstrukturierung des österreichischen Fußballs als Folge der nationalsozialistischen Machtergreifung im März 1938 mussten die Rot-Weißen, da die neuen Machthaber die oberste Spielklasse auch für Nichtwiener Vereine öffneten, am Ende der Saison 1937/1938 absteigen. Doch schon nach einem Jahr gelang wieder die Rückkehr in die oberste Spielklasse, in die Gauliga 17 „Ostmark“. Wieder konnte sich der FC Wien trotz Personalmangels in Folge der Kriegsentwicklung dauerhaft festsetzen. Mehr noch, die Favoritner um ihre Stars wie Nationalspieler Ludwig Durek und Franz Riegler errangen in der Saison 1941/1942 mit vier Punkten Rückstand auf die Vienna den zweiten Platz und ihre damit beste Meisterschaftsplatzierung in der Klubhistorie. Im Tor machte der junge Walter Zeman auf sich aufmerksam, der noch bis 1945 in Favoriten spielte, ehe er nach Hütteldorf wechselte.
Rückkehr ins Oberhaus und sportlicher Abstieg
Auch nach Kriegsende blieben die Rot-Weißen in der obersten Spielklasse. 1948 feierte der junge Karl Stotz sein Debüt beim FC Wien und gelangte zwei Jahre später in die österreichische Nationalmannschaft. Der spätere österreichische Teamchef wechselte drei Saisonen später schließlich zum FK Austria. Erst mit der Saison 1955/1956 erfolgte der Abstieg aus der obersten Spielklasse. Zwar schafften die Rot-Weißen den sofortigen Wiederaufstieg, doch schon in der Saison 1957/1958 musste der Verein als Tabellenletzter endgültig Abschied von der obersten Spielklasse nehmen. Es zeigte sich in den kommenden Jahren, dass die kleineren Wiener Traditionsvereine wegen der Konkurrenz aus den Bundesländern immer mehr ins sportliche Hintertreffen gerieten. Auch kämpfte der Verein zunehmend mit finanziellen Schwierigkeiten, die sich auch auf die sportliche Entwicklung auswirkten. 1961 folgte der unweigerliche Abstieg aus der zweithöchsten Spielklasse. Mitte der 1960er Jahre gelang noch einmal die Rückkehr und der hochverschuldete Klub blieb noch einmal für sieben Saisonen zweitklassig. Aus dieser Zeit stammte auch der letzte hoffnungsvolle Nachwuchsspieler, Erich Obermayer, der aus der rot-weißen Nachwuchsabteilung heraus eine große sportliche Karriere starten sollte. Mit 16 Jahren wechselte der spätere langjährige österreichische Nationalspieler schließlich zum FK Austria.
Verlust des Platzes und Auflösung
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten verlor der Verein auch seine langjährige Spielstätte. Zwischen 1965 und 1968 errichtete die Gemeinde Wien in unmittelbarer Nähe zum Platz eine Wohnhausanlage auf Nr. 29 der Gußriegelstraße. Da im Bauvorhaben eine Parkanlage vorgesehen war, die sich direkt auf der Spielstätte befinden sollte, sah sich der Verein gezwungen seinen Platz zu verlassen und auf den damaligen Verbandsplatz am Laaer Berg (Franz-Horr-Stadion, heute Generali Arena) zu übersiedeln. Die traditionsreiche Spielstätte wurde tatsächlich überbaut; an dieser Stelle befindet sich heute der Fortunapark. In der Saison 1972/1973 erfolgte der Abstieg des FC Wien aus der zweiten Spielklasse und aufgrund der desolaten finanziellen Situation 1973 die Auflösung des Vereins. Zehn Jahre später nahm ein neugegründeter FC Wien in der untersten Wiener Spielklasse noch einmal den Spielbetrieb auf. Doch nach einigen Fusionen verschwand auch dieser Klub und ging 2006 im FC 1980, der nicht mehr am historischen Erbe anknüpfte, auf.
2007 wurde erneut ein Verein mit dem Namen FC Wien gegründet, der sich auf die Traditionen des FC Wien beruft.
Literatur
- Matthias Marschik: Vom Herrenspiel zum Männersport. Die ersten Jahre des Wiener Fußballs. Wien: Turia und Kant 1997
- Leo Schidrowitz: Geschichte des Fußballsportes in Österreich. Hg. vom Österr. Fussball-Bund. Wien [u.a.]: Traunau 1951
- Werner Schubert: Favoriten. Wien: Mohl 1980
- Werner Schubert [Hg.]: Favoriten im Spiegel alter Ansichtskarten. Teil 2: Alte Ansichtskarten und Fotos von Favoriten, Ober-, Unterlaa und Rothneusiedl. Wien: Museumsverein Favoriten 1993 (Favoritner Museumsblätter, 19), S. 16 ff.
- Wolfgang Slapansky: FC Wien-Platz. In: Das große Buch der österreichischen Fußballstadien. Hg. von Andreas Tröscher u.a. Göttingen: Verlag Die Werkstatt 2007, S. 58 f.
- Gerhard Tinhof: Ostwärts. Geschichte und Geschichten der Regionalliga Ost. Leobersdorf: Eigenverlag 2011