Gabriele Possanner von Ehrenthal
Gabriele Possanner (von) Ehrenthal, * 27. Jänner 1860 Ofen, Ungarn, † 14. März 1940 Wien, erste österreichische Medizinerin.
Biografie
Bedingt durch den Beruf ihres Vaters, eines beamteten Juristen mit wechselnden Dienstorten, verbrachte Gabriele Possanner ihre ersten 20 Lebensjahre in sechs verschiedenen Städten. Als sich die Familie 1880 in Wien niederließ, besuchte Possanner die Lehrerinnenbildungsanstalt und ergriff 1885 den Beruf der Volksschullehrerin. 1887 legte sie am Akademischen Gymnasium als zweite Frau die Externistenmatura ab, auf die sie sich im Privatunterricht vorbereitet hatte.
Da an den österreichischen Universitäten Frauen noch nicht zum Studium zugelassen waren, inskribierte sie an der "Züricherischen Hochschule" Medizin. Nach einem Semester wechselte sie nach Genf. In der Schweiz anerkannte man ihr österreichisches Maturazeugnis nicht, daher legte sie hier noch einmal die Reifeprüfung ab. Sie wurde 1893 zum Dr. med. promoviert. Für ihre Dissertation hatte sie ein Thema aus dem Bereich der Augenheilkunde gewählt.
Zurück in Österreich, kämpfte sie um die Nostrifizierung ihres Doktorats. Erst nach einer Intervention durch das Kaiserhaus wurde ihr Studium unter der Bedingung, dass sie alle Prüfungen an der Wiener Universität nochmals ablegen müsse, anerkannt. Am 2. April 1897 promovierte sie als erste Frau an der Universität Wien. Am 10. Mai 1897 eröffnete sie ihre Praxis (9., Günthergasse 2). Erst 1904 nahm man Gabriele Possanner als erste Frau, jedoch lediglich als "Ersatzmitglied", in die Ärztekammer auf.
Während des Ersten Weltkriegs arbeitete sie als Ärztin in Spitälern und Lazaretten; ihre Privatpraxis verlegte sie in die Alser Straße. 1928 wurde ihr als erster Frau der Titel "Medizinalrat" verliehen.
Seit 1960 erinnert die Possannergasse im 13. Bezirk an die Medizinerin. Zum Gedenken daran, dass Possanner als erste Frau in Österreich nach Absolvierung eines Universitätsstudiums in der Schweiz (nach nochmaliger Ablegung der Prüfungen) 1897 die österreichische Doktorwürde erlangte, enthüllte man am 2. April 1997, dem 100. Jahrestag ihrer Promotion in Wien, an ihrem Wohnhaus in der Alser Straße 26 eine Gedenktafel. 2004 wurde der am nahen Zimmermannplatz gelegene Park "Gabriele-Possanner-Park" benannt.
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv: Personenmappe Gabriele Possanner [TP-039746]
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Historische Meldeunterlagen, K11: Gabriele Possanner von Ehrenthal
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Ärztekammer Wien, A1: Gabriele Possanner von Ehrenthal
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bezirksgericht Innere Stadt (I), A4/30: 30A 830/40 - Verlassenschaftsabhandlung Gabriele Possanner (von) Ehrenthal
Literatur
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3: P–Z. Wien [u. a.]: Böhlau 2016, S. 2585
- Birgit Bolognese-Leuchtenmüller: Töchter des Hippokrates. 100 Jahre akademische Ärztinnen in Österreich. Wien: ÖAK-Verlag 2000
- Marcella Stern: Gabriele Possanner von Ehrenthal, die erste an der Universität Wien promovierte Frau. In: Waltraud Heindl-Langer: "Durch Erkenntnis zu Freiheit und Glück ..." : Frauen an der Universität Wien (ab 1897). Wien: WUV-Universitäts-Verlag 1990 (Schriftenreihe des Universitätsarchivs der Universität Wien, 5), S. 189 ff.
- Marlene Jantsch: Die Entwicklung des ärztlichen Frauenberufes. Zum 100. Geburtstag von Dr. Gabriele Possanner von Ehrenthal. In: Mitteilungen der Ärztekammer für Wien 12 (1960), S. 6 ff.
- Österreichisches Biographisches Lexikon: Gabriele Possanner von Ehrenthal
Gabriele Possanner (von) Ehrenthal im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.