Glasmalerei (Glasfenster). Die Einlegekunst der färbigen Glasfenster besitzt in Wien (und Österreich) eine alte Tradition; die ältesten bekannten Werke stammen aus Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark (12./13. Jahrhundert). Die Bauweise der Gotik (mit schmäleren Wandteilen) ermöglichten breitere und höhere Fenster und eröffneten damit der Glasmalerei neue Möglichkeiten, wobei sich die Künstler ihre Motive aus der Heiligen Schrift wählten oder allegorische Darstellungen boten. Die älteste Glasmalerei Wiens befindet sich in der Ruprechtskirche (Mittelfenster des Chors, Thronende Maria und Kreuzigung, Ende 13. Jahrhundert).
Die bedeutendste Leistung der mittelalterlichen Glasmalerei waren die siebzehn Chorfenster des Stephansdoms (Mitte 14. Jahrhundert), die allerdings nur in Bruchteilen erhalten sind; aus derselben Werkstätte stammen auch die Glasfenster der Kirche Maria am Gestade (um 1335). Gegen Ende des 14. Jahrhunderts gab es in Wien eine vielfach vom Wiener Hof beschäftigte Werkstatt, die unter anderem die Fenster der Bartholomäuskapelle des Stephansdoms schuf. Aus dem 15. Jahrhundert sind bereits Namen von Wiener Meistern überliefert, deren Arbeiten jedoch verloren sind (J. Kaschauer, H. Rat, K. Ursenberger, V. Khren). In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts machten die „Kabinettscheiben“ (die hauptsächlich für Fenster in Profanbauten verwendet wurden) der Monumental-Glasmalerei Konkurrenz.
Aus der Zeit der Renaissance gibt es nur spärliche Reste (ein Fenster aus der Deutschordenskirche in Wiener Neustadt befindet sich im Wiener Museum für angewandte Kunst). Die Architektur des Barock hatte für die Glasmalerei keine Verwendung; erst die Romantik des 19. Jahrhunderts, der Secessionismus und der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts wiesen der Glasmalerei (bei starken stilistischen und technischen Veränderungen) wieder einen Platz zu; eine führende Rolle spielte dabei der bis heute bestehende Wiener Betrieb der Firma Geyling. Ebenso erhielten Glasmaler nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wieder Aufträge (Ergänzungen und Wiederherstellungen, vor allem in Kirchen Wiens, aber auch im Gemeinderats-Sitzungssaal des Rathauses).
Literatur
- Eva Frodl-Kraft: Die mittelalterlichen Glasgemälde in Wien. Graz / Wien [u.a.]: Böhlau 1962 (Corpus vitrearum medii aevi: Österreich, 1)
- Eva Frodl-Kraft: Die Glasmalerei Entwicklung, Technik, Eigenart. Wien [u.a.]: Schroll 1970
- Walther Buchowiecki / Margarethe Poch Kalous: Geschichte der Malerei in Wien. Das Wiener Kunsthandwerk seit der Renaissance. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1955 (Geschichte der Stadt Wien, Neue Reihe 7/2), S. 7 f. (Auflistung der gotischen Glasmalerei)
- Ausstellung Gotik in Österreich. 19. Mai bis 15. Oktober 1967, Minoritenkirche Krems-Stein, Niederösterreich. Krems an der Donau 1967, S. 179 ff.
- Franz Kieslinger: Gotische Glasmalerei in Österreich bis 1450. Zürich / Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1928
- Franz Loidl: Die alten Glasfenster von St. Stephan in Wien. Beiträge zur Geschichte der Glasmalerei in Wien. In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien 40 (1907), S. l ff.
- Franz Loidl: Die St. Lukas-Zeche in Wien. Beiträge zur Geschichte der Glasmalerei in Wien. In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien 40. Wien: Gerold 1907, S. 163 ff.
- Wien in Mittelalter. 41. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Karlsplatz, 18. Dezember 1975 bis 18. April 1976. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1975 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 41), S. 108 ff.
- Harry Kühnel [Red.]. Ausstellung Romanische Kunst in Österreich. 21. Mai bis 25. Oktober 1964, Minoritenkirche Krems-Stein, Niederösterreich. Wien: Staatsdruckerei 1964, S. 105 f.
- Elisabeth Koller-Glück: Unbekannter Jugendstil in Wien. Glasfenster. Wien: Edition Tusch 1983