Heiligenstadt (Vorort)

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
19., Panorama von Heiligenstadt um 1910
Daten zum Objekt

Heiligenstadt (19.), selbständige Ortsgemeinde, 1890/1892 mit anderen Vorortgemeinden als 19. Bezirk nach Wien eingemeindet, dort nun Katastralgemeinde.

Graffito einer nach Heiligenstadt fahrenden U-Bahn an der Schnellbahn-Strecke (2024)

Der Name leitet sich angeblich vom heiligen Severin ab, der hier als Heidenapostel gewirkt haben soll, weshalb die Bekehrten den Ort "heilige Stätte" (sanctus locus) nannten. Die älteste erhaltene Kirche des Orts ist die Jakobskirche, ein einschiffiger romanischer Bau. Angeblich besaß Heiligenstadt bereits Ende des 11. Jahrhunderts eine von Markgraf Leopold II. erbaute Michaelskirche. Um 1120/1125 wurde der Ort "apud sanctum Michaelum", ab ca. 1190 "sanctus locus", später auch "sancta civitas" genannt.

Ende des 12. Jahrhunderts lassen sich bereits Mitglieder des Adelsgeschlechts der Heiligenstädter nachweisen. 1180 wurde der Berghof erbaut. Die Truppen des Matthias Corvinus vernichteten Heiligenstadt, 1529 setzten die Osmanen Dorf und Kirche in Brand. Die Zeit bis 1683 wurde zum Aufbau der Gemeinde genützt, doch wurde der Ort durch die Zweite Türkenbelagerung neuerlich so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass es Jahrzehnte erforderte, die Schäden zu reparieren. Auch die Franzosen verwüsteten den Ort 1809. Die zahlreichen Grundmauern, auf die man bei Arbeiten in den Weinbergen immer wieder stieß, bezeugen, wie sehr Heiligenstadt durch die wiederholten Zerstörungen an Größe verloren hat.

1781 wurde die Heiligenstädter Mineralquelle entdeckt, die dem Ort zu einem raschen Aufstieg verhalf. Sie befand sich knapp neben der Kirche (Heiligenstädter Bad) und wurde auch von Beethoven aufgesucht. Beethoven wohnte mehrmals in Heiligenstadt, unter anderem im Haus 19, Probusgasse 6 (hier verfasste er am 6. Oktober 1802 das sogenannte Heiligenstädter Testament). Beethovendenkmal

Siegel

Der Vorort Heiligenstadt führte ein Siegel, das den Erzengel Michael, den Patron der Kirche zu Heiligenstadt, als ganze Figur zeigt; auf einem einen Abdruck in langem Kleide, nimbiert, auf einem anderen in Rüstung mit Helm, auf dem Panzer ein Kreuz, auf dem Helm ein Federbusch. Auf beiden Abdrücken in der rechten erhobenen Hand ein Schwert, in der linken eine Waage, auf einem Drachen stehend. Umschriften: a) ¤ [Rosette] SIGIL . DER . GEMEINDE . HEILINGSTADT; b) • BURGERMEISTERAMT DER GEMEINDE HEILIGENSTADT.

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Döbling.

Archäologie

Häuser

  • 1256: 19
  • 1454: 40
  • 1566: 44
  • 1590: 45
  • 1751: 50
  • 1787: 52
  • 1794: 61
  • 1805: 62
  • 1819: 70
  • 1822: 92
  • 1830: 94
  • 1851: 163
  • 1858: 170
  • 1869: 244
  • 1880: 296
  • 1890: 309

Einwohner

  • 1783: 412
  • 1794: 392
  • 1805: 470
  • 1819: 474
  • 1832: 677
  • 1846: 1.824
  • 1851: 1.583
  • 1857: 2.281
  • 1869: 3.393
  • 1880: 4.431
  • 1890: 5.580

Häuserschematismen

Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.

Bürgermeister

Die Namen sind nicht eruierbar;

  • Josef Friedl, Holzhändler (bis 1891; 1892-94 Bezirksvorsteher von Döbling).

Ortsrichter

  • Anton Zwölfzeher (1833)

Quellen

Literatur

  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 335 ff., 347 ff.
  • Topographie von Niederösterreich. Band 4: H, J und J mit Register. Wien: Verlag des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1896 (Alphabetische Reihenfolge und Schilderung der Ortschaften in Niederösterreich, 3), S. 172 ff
  • Karl Lechner: Heiligenstadt, Sanctus Locus, Legende und Geschichte um einen Wiener Vorort. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1946 - lfd. Band 8,1953, S. 54 ff.
  • Rudolf Geyer: Zur Häusergeschichte von Heiligenstadt. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1946 - lfd. Band 9,1954, S. 17 f.
  • Franz Maschek: Kahlenberg - Heiligenstadt. In: Nachrichtenblatt des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 4 (1942), S. 29-44
  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 113 f.
  • Robert Messner: Der Alsergrund im Vormärz. Historisch-Topographische Darstellung der nordwestlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verlag Notring 1970 (Topographie von Alt-Wien, 2), S. 71, 111 ff., 212 ff., 250 f.
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Ottakring. Vom Gürtel zu den Weinbergen. Wien: Mohl 1988, S. 12 ff., 39 ff., 163 ff., Register
  • Jaro Franz-Ferron: Neu-Wien. Ein Rückblick auf die Geschichte der am 21. Dezember 1891 zur Commune Wien einverleibten Vororte-Gemeinden. Korneuburg: Julius Kühkopf 1892, S. 351 (Bürgermeister Friedl)
  • Josef Böck: Ludwig van Beethoven in Heiligenstadt und Nußdorf. Verlag der Beethoven-Sammlung 1890
  • Kurt J. Apfel: Ein wenig bekanntes Barockjuwel in Heiligenstadt. In: Das Döblinger Heimatmuseum. Wien: Heimatmuseum Döbling 1964-1972. Heft 9 (1966), S. 9 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 437
  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XX, Taf. M

Bevölkerungsgeschichte