Henriette Amalie Lieser

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Lieser, Henriette Amalie
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Lieser, Lilly
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  369702
GNDGemeindsame Normdatei 137451806
Wikidata Q1606138
GeburtsdatumDatum der Geburt 4. Juli 1875
GeburtsortOrt der Geburt Wien 4066009-6
SterbedatumSterbedatum unbekannt
SterbeortSterbeort
BerufBeruf Mäzenin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource 
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 21.06.2024 durch WIEN1.lanm09lue


  • 16., Elisabethgasse (16) (Wirkungsadresse)
  • 4., Argentinierstraße 20 (Letzte Wohnadresse)
  • 13., Gloriettegasse 43 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung

Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Henriette Amalie Lieser, * 4. Juli 1875 Wien, † 3. Dezember 1943 KZ Riga-Kaiserwald oder 8. Mai 1945 im KZ Auschwitz (?), Mäzenin.

Biografie

Henriette Amalie (genannt Lilly) war die Tochter von Albert Landa und Fanny, geborene Menkes. Die jüdische Familie dürfte aus Lemberg gewesen sein und gehörte zur Zeit Liesers Geburt zu den reichsten Familien in Wien. Am 17. November 1896 heiratete Henriette Amalie Justus Lieser im Wiener Stadttempel, der damals ein Mitgesellschafter der Ersten Österreichischen Hanfspinnerei und Seilerwarenfabrik Brüder Lieser & Co sowie Kaiserlicher Rat war. Die Ehe wurde am 15. Dezember 1905 wieder aufgelöst. Lieser lebte daraufhin mit den beiden Töchtern Helene und Annie bis 1927 gemeinsam im Palais in der 4., Argentinierstraße. Beide Töchter waren Schülerinnen der Schwarzwaldschule. Helene wurde Österreichs erste promovierte Staatswissenschaftlerin, Annie war die Schülerin der Choreografin Grete Wiesenthal und wurde eine erfolgreiche Tänzerin, die später mit dem österreichischen Staatsbeamten Hans Sidonius Becker verheiratet war.

Lieser war eine der wenigen Frauen, die als eine enge Freundin Alma Mahlers bezeichnet werden konnte. Erstmals wurde sie in einem Brief von Gustav Mahler an seine Ehefrau Alma im Juli 1910 erwähnt, ihre Grundstücke in Breitenstein grenzten aneinander. Überliefert sind gemeinsame Reisen nach Scheveningen 1912, nach Paris im Mai 1913 und nach Berlin im Februar 1915. Lieser stand Alma Mahler auch bei ihrer Abtreibung im Oktober 1912 bei. Im Zusammenhang mit dieser Beziehung wurde auch über eine mutmaßliche lesbische Neigung Liesers gemutmaßt, die angeblich auch das Ende der Freundschaft verursacht haben könnte.

Alma Mahler machte Lilly Lieser nicht nur mit Oskar Kokoschka bekannt, sondern stellte auch die Verbindung zu Arnold Schönberg her und sorgte damit für die Anbahnung des mäzenatischen Verhältnisses. Der Komponist wohnte von 1915 bis 1918 mietfrei in Liesers Haus in der 13., Gloriettegasse 43, bekam von ihr ein wertvolles Harmonium aus dem Berliner Musikhaus Carl Simon und eine monatliche Apanage. Lieser wurde dann in den Streit Schönbergs mit Alma Mahler wegen säumig retournierter Partituren aus dem Besitz Gustav Mahlers hineingezogen. 14 Briefe Liesers an Schönberg und zwei Briefentwürfe Schönbergs an Lieser belegen ein unwürdiges Ende der Mäzenatenbeziehung. Schönberg schien ihre Wohltätigkeit nicht zu schätzen zu wissen, bezeichnete sie als geizig und ging in grobe Beleidigungen und feindselige Belehrungen über.

Später erkannte Lieser auch Alban Bergs Talent und unterstützte ihn 1925 bei der Drucklegung der Partitur seiner Oper "Wozzeck" finanziell. Lilly Lieser besaß mehrere Gründe und Häuser, darunter in der 16., Elisabethgasse, in Mönichkirchen, Breitenstein am Semmering sowie in der Gloriettegasse, wo sie meist den Sommer verbrachte. Winters wohnte sie in der Argentinierstraße 20 und 20 a. Lieser war mit der künstlerischen-intellektuellen Elite vernetzt, etwa mit der Familie Wittgenstein, Adolf Loos, Josef Kranz und der Familie Miller-Aichholz.

Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde sie wie viele andere Juden und Jüdinnen auch Opfer der Ausgrenzung und der Enteignung. Nach dem "Anschluss" wurde ihr Vermögen, das aus Möbeln, Meissner Porzellan, Teppichen, Klavierflügeln, Bildern aus dem 15. und 16. Jahrhundert sowie ihren Immobilien bestand, arisiert. Nichtsdestotrotz konvertierte sie nicht und trat auch nicht aus der Israelitischen Kultusgemeinde aus. Ihr Anwesen in der Gloriettegasse 43 hatte sie bereits 1920 verkauft. 1940 war sie gezwungen, ihren Wohnsitz in der Argeninierstraße 20a zu verkaufen, 1941 Nr. 20. Sie durfte zwar noch im Haus wohnen bleiben, womit sie einer Umsiedlung in eine Sammelwohnung entgehen konnte, letztendlich wurde sie aber am 11. Jänner 1942 von dort in das KZ Riga-Kaiserwald deportiert, wo sie nach Angaben der IKG am 3. Dezember 1943 starb. Über die Angabe, sie wäre am 8. Mai 1945 im KZ Auschwitz verstorben, besteht kein Konsens. Vor dem Haus in der Argentinierstraße 20 erinnert seit 2014 ein Stein der Erinnerung an Lilly Lieser.

Liesers Töchtern gelang die Flucht nach England und Amerika, wo sie auch im Widerstand tätig waren.


Quellen

Literatur

Weblinks