Helene Lieser

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Lieser, Helene
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Berger-Lieser, Helene; Berger, Helene; Berger-Lieser, Hélène; Lieser, Lene
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Dr. rer. pol.
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  50402
GNDGemeindsame Normdatei 1310468710
Wikidata Q28872051
GeburtsdatumDatum der Geburt 16. Dezember 1898
GeburtsortOrt der Geburt Wien 4066009-6
SterbedatumSterbedatum 20. September 1962
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Staatswissenschaftlerin, Nationalökonomin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 6.08.2024 durch WIEN1.lanm09fri
BestattungsdatumDatum der Bestattung  27. September 1962
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Feuerhalle Simmering
Grabstelle Abt. ML, Gruppe 166, Nummer 7
  • 1., Ebendorferstraße 8 (Geburtsadresse)
  • 7., Apollogasse 19 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Helene Lieser, * 16. Dezember 1898 Wien, † 20. September 1962 Wien, Staatswissenschaftlerin, Nationalökonomin.

Biografie

Helene Lieser entstammte einer wohlhabenden Wiener Industriellenfamilie. Ihre Mutter Henriette Amalie Lieser, geborene Landau (1875–1943), hatte als Kunstmäzenin Kontakte zu den bedeutendsten Künstlern der Wiener Moderne. Ihr Vater, der Textilindustrielle Justus Lieser (1864–1927), war Vorstandsmitglied der Hanf-, Jute- und Textilindustrie AG (Hitiag). Der erstgeborene Sohn des Ehepaares verstarb 1897 nur wenige Wochen nach der Geburt. Auf Helene folgte eine weitere Tochter, Anna (1901–1972). Die Ehe der Eltern wurde 1905 geschieden.

Helene Lieser erhielt zunächst Privatunterricht, ehe sie in Vorbereitung auf das Gymnasium die letzte Klasse der Koedukations-Volksschule für Knaben und Mädchen von Eugenie Schwarzwald absolvierte. Danach besuchte sie das Hietzinger Mädchenlyzeum und für die letzten beiden Schuljahre das Mädchengymnasium des Vereins für erweiterte Frauenbildung in der Rahlgasse 4, an dem sie 1916 mit Auszeichnung maturierte. Im Herbst desselben Jahres begann sie ein Philosophiestudium an der Universität Wien, wechselte aber 1919 an die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, an der sie als außerordentliche Hörerin bereits zuvor Lehrveranstaltungen besucht hatte. Im Frühjahr 1919 wurde im Fach Staatswissenschaften das Doktorat eingeführt. Da Lieser beim Studienwechsel vier von fünf Semestern angerechnet worden waren, konnte sie bereits am 26. Juni 1920 zur Dr. rer. pol. promovieren. Sie war damit nicht nur die erste Frau, sondern insgesamt die erste Person in Österreich mit einem Doktorat in Staatswissenschaften und Zeitungen im ganzen Land berichteten darüber. Ihre von Othmar Spann und Ludwig Mises betreute Dissertation trug den Titel "Die währungspolitische Literatur der österreichischen Bankozettelperiode".

Nach Studienabschluss arbeitete Helene Lieser beim "Verband österreichischer Banken und Bankiers" und war ständiges Mitglied der "Nationalökonomischen Gesellschaft". 1922 fungierte sie als Herausgeberin von Adam Müllers "Versuche einer neuen Theorie des Geldes". Bis zum Weggang Ludwig Mises 1934 gehörte sie seinem "Privatseminar" an, einem auserwählten Kreis von (ehemaligen) Studierenden, der regelmäßig für Diskussionen und zum Austausch zusammentraf.

Nach dem sogenannten "Anschluss" 1938 durfte Helene Lieser, die bereits 1921 aus der Israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten war, ihre Berufstätigkeit nicht länger ausüben und musste ihr Vermögen bei der Vermögensverkehrsstelle Wien anmelden. In Vorbereitung auf ihre Flucht ging sie im Juli 1938 eine Scheinehe mit Karl Berger ein. Durch die Eheschließung nahm sie den Nachnamen Berger an und wurde jugoslawische Staatsbürgerin. Nach Bezahlung der Reichsfluchtsteuer flüchtete sie vermutlich im September 1939 gemeinsam mit ihrer Schwester und deren Sohn nach Genf. Ihre Mutter und ihr Onkel wurden in Konzentrationslagern ermordet.

In Genf arbeitete Helene Berger am Institut Universitaire des Hautes Études Internationales bis 1940 erneut mit Ludwig Mises zusammen. Zudem engagierte sie sich für vom Nationalsozialismus Verfolgte und wirkte im Umfeld der Spionagegruppe "Rote Kapelle" für den sowjetischen und später für den britischen Geheimdienst. Nach dem Krieg kehrte sie kurzzeitig nach Wien zurück und war seit 1947 Kuratoriumsmitglied des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Wien. 1948 ging sie nach Paris und arbeitete bei internationalen Organisationen wie der "Organisation for Economic Co-operation and Development" (OEEC) und ab 1949 bei der im darauffolgenden Jahr gegründeten "United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization" (UNESCO). Kurz nach ihrer Pensionierung starb Helene Berger 1962 im Sophienspital in Wien.

Seit 2017 erinnert der Helene-Lieser-Platz im 23. Bezirk an die Staatswissenschaftlerin. Zuletzt tauchte ihr Name in Zusammenhang mit einem lange verschollenen Gemälde von Gustav Klimt auf. Das Bild mit dem Titel "Fräulein Lieser" wurde im April 2024 um 30 Millionen Euro im Wiener Auktionshaus Kinsky versteigert. Bei dem porträtierten Fräulein Lieser handelt es sich vermutlich um Helene Lieser, Auftraggeberin war ihre Mutter Lilly Lieser.

Publikationen

  • Helene Lieser: Die währungspolitische Literatur der österreichischen Bancozettelperiode. Wien 1920. Zugleich Staatswissenschaftliche Dissertation an der Universität Wien 1920.
  • Helene Lieser (Hg.): Adam H. Müller: Versuche einer neuen Theorie des Geldes. Mit erklärenden Anmerkungen versehen von Dr. Helene Lieser. Jena: Verlag von Gustav Fischer 1922 (= Die Herdflamme. Sammlung der gesellschafts-wissenschaftlichen Grundwerke aller Zeiten und Völker. Herausgegeben von Prof. Dr. Othmar Spann. 2.)

Quellen

Literatur

Weblinks