Installation für jüdische Opfer des Nationalsozialismus - U2 Herminengasse
48° 13' 3.51" N, 16° 22' 22.85" E zur Karte im Wien Kulturgut
Am 19. Oktober 2017 wurde in der U-Bahn-Station Schottenring beim in den 2. Bezirk führenden Ausgang Herminengasse die Gedenkinstallation "Herminengasse" präsentiert, die an jene rund 800 jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnert, die zuletzt in der Herminengasse gelebt haben. Der Entwurf für die Installation stammt von der Künstlerin Michaela Melián und wurde in Zusammenarbeit mit Kunst im öffentlichen Raum Wien (KÖR) und den Wiener Linien realisiert, unterstützt wurde das Projekt zudem von der Kulturabteilung der Stadt Wien, Magistratsabteilung 7. Die Basis für die Installation bildet eine wissenschaftliche Recherche, mit der die Historikerin Tina Walzer beauftragt wurde. Im Rahmen der Installation führen Linien, die für die Einzelschicksale stehen, von den Wohnhäusern der Herminengasse zu den Konzentrationslagern und zeichnen die Wege der Deportation und des Todes nach.
Der Text zur Installation lautet:
"Michaela Melián Herminengasse
2017-10-28Michaela Melián widmet ihre Arbeit Herminengasse am nördlichen Ausgang der U-Bahn-Station Schottenring den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus aus dem gleichnamigen Straßenzug im 2. Wiener Gemeindebezirk.
Ein Forschungsauftrag für das Projekt ergab, dass von 1938 bis 1945 nachweislich 800 Jüdinnen und Juden, die in der Herminengasse lebten oder dort zwischenzeitlich einquartiert waren, von den Nazis deportiert wurden.
Melián zeichnet diese Einzelschicksale in Linien nach, die von den Wohnhäusern in der Herminengasse zu den verschiedenen Konzentrationslagern führen.
An den Rändern der Wandbilder sind die Namen der Konzentrationslager in alphabetischer und nicht in geografischer Ordnung gelistet. Die Häuser der Herminengasse sind nicht realistisch dargestellt, sondern als diagrammatische Informationsbalken, die sich auf die Gesamtbewohnerzahl von 1322 jüdischen Menschen der Gasse in diesen sieben Jahren beziehen. Darunter liegt eine Struktur aus grauen Linien, die das damalige Eisenbahnnetz sichtbar macht.Auf dem Weg zum Ausgang läuft man buchstäblich zwischen den beiden Seiten der Herminengasse hindurch – mit den Häusern der linken Straßenseite auf dem linken Wandbild und den Häusern der rechten Straßenseite auf dem rechten Wandbild.
Auf der Basis von Daten und Fakten entstand ein Geflecht von Linien, das die Dimensionen der Deportationen visualisiert.Michaela Melián, geboren 1956 in München, lebt und arbeitet in München und Hamburg.
Die Installation ist ein Kooperationsprojekt von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien und WIENER LINIEN."
Im Rahmen des Festaktes sprachen Günter Steinbauer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wiener Linien, die Kuratorin und Dozentin Eva Maria Stadler, die Historikerin Tina Walzer, die ehemalige Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Ulrike Lunacek, Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien sowie Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Der gewählte Termin für die Eröffnung der Installation hat symbolische Bedeutung, – so erfolgte am 19. Oktober 1941 die neunte Deportation mit rund 1.000 Menschen vom Aspangbahnhof ins Ghetto Litzmannstadt.
Die Ergebnisse der Forschungen von Tina Walzer wurden in der Publikation "Herminengasse" aufbereitet, die ebenfalls am 19. Oktober präsentiert wurde. Sie ist zweisprachig verfasst (Deutsch, Englisch), umfasst rund 150 Seiten und wird kostenlos an Schulen, Museen und Institutionen verteilt. Sie kann außerdem bei allen Info- und Ticketstellen der Wiener Linien bezogen werden.
Literatur
- Herminengasse (Datenbankeintrag) [Stand: 28.10.2017]
- Lebenslinien – von der Herminengasse bis zur Vernichtung. In: kurier.at, 20.10.2017 [Stand: 28.10.2017]
- Lebenslinien als Spuren der Vertreibung aus der Herminengasse. In: derstandard.at, 19.10.2017 [Stand: 28.10.2017]
- Wiener Linien [Hg.]: Herminengasse. Die jüdische Bevölkerung, 1938-1945. Wien: Wiener Linien 2017
- Tina Walzer: Orte des Terrors, Orte der Erinnerung. Neue Gedenkstätten für Opfer des NS-Regimes in Wien. In: David. Jüdische Kulturzeitschrift 115 (2017), S. 31-33