Internationaler Frauentag
Anfänge
Am 19. März 1911 veranstalteten die sozialdemokratischen Frauen in Österreich erstmals einen "Frauentag" und folgten damit einem bei der zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen 1910 gefassten Beschluss.
In Wien marschierten etwa 20.000 Frauen über die Ringstraße zum Rathaus; gleichzeitig versammelten sich die Frauen an vielen weiteren Orten der Monarchie. Ihre wichtigste Forderung war von Anfang an – neben praktischen Fragen wie Mutterschutz, Sozialversicherung und Arbeitnehmerinnenschutz – die Einführung des Frauenwahlrechts.
Auch Victor Adler unterstützte das Anliegen der Frauen. "Zum Frauentag!" schrieb er: "Aus vollem Herzen begrüßen wir Sozialdemokraten die proletarischen Frauen, die um ihr volles Recht kämpfen, die sich erheben, um zu verlangen, dass ihnen der gebührende Platz in der Demokratie werde, ihr Platz im Staate, im Lande und in der Gemeinde, ihr voller Anteil an Gesetzgebung und Verwaltung. …" [1]
Es sollte jedoch noch bis zur Ausrufung der Republik am 12. November 1918 dauern, bis die Frauen endlich ihre vollen bürgerlichen Rechte erhielten.
Der 8. März
Die Spaltung der Arbeiterbewegung in Kommunismus und Sozialdemokratie machte auch vor den Forderungen der Frauen nicht halt: Auf der Zweiten Kommunistischen Frauenkonferenz in Moskau 1921 wurde der Beschluss gefasst, den 8. März als Internationalen Frauentag festzulegen. Die Sozialdemokratinnen hingegen überließen das Datum ihren jeweiligen Mitgliedsparteien. Im Österreich der Ersten Republik wurde der Frauentag – als Kundgebung für die noch unerfüllten Forderungen der Frauen proklamiert - seit 1924 meist in der letzten Märzwoche gefeiert.
Nach dem Ende von Faschismus und Weltkrieg konnten die Frauen erstmals wieder 1947 eine Großkundgebung in Wien durchführen – im Jahr davor war dies noch am Einspruch der Besatzungsmächte gescheitert.
In den 1950er Jahren wurde der Vorschlag ernsthaft diskutiert, Frauentag und Muttertag der Einfachheit halber zusammenzulegen; der Vorschlag wurde letztendlich zwar abgelehnt, zeigt aber, wie stark das Thema Mutterschaft und Familie die Frauenpolitik dieser Zeit dominierte.
Erst in den frühen siebziger Jahren gewann der Internationale Frauentag eine neue Bedeutung: 1975 wurde der Frauentag am 8. März in den Kalender der UNO offiziell aufgenommen. In den darauffolgenden Jahren fanden wieder Kundgebungen in Wien statt, die Zahl der Veranstaltungen wurde auch bundesweit höher. Es stieg auch die Anzahl der organisierenden beziehungsweise sich beteiligenden Gruppen: sowohl Vertreterinnen politischer Parteien als auch die neu hinzukommenden autonomen Frauenorganisationen wurden aktiv.
Mit Johanna Dohnal, ab 1979 Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen, wurde der 8. März institutionalisiert: sie veranstaltete am 8. März 1986 im Staatssekretariat am Ballhaus den ersten Tag der offenen Tür für "alle Frauen".[2]
Seither ist der 8. März ein Tag geworden, der von vielen als Plattform genützt wird: verschiedene Initiativen, Kultureinrichtungen, NGOs, kommunale oder Bundesbehörden präsentieren, informieren und laden ein zur Mitgestaltung und zum Feiern.
2011, anlässlich des 100jährigen Jubiläums, veranstaltete das Österreichische Museum für Volkskunde eine Ausstellung unter dem Titel „FESTE. KÄMPFE. 100 Jahre Frauentag“[3] und das Wiener Stadt- und Landesarchiv eine Kleinausstellung: Emanzen, Ikonen und andere Frauen.[4]
Im Mai 2014 wurde der Währinger Frauenweg auf Initiative der Währinger Bezirksvertretung eröffnet. Der Frauenweg im Pötzleinsdorfer Schlosspark erinnert an den ersten Frauentag 1911 und besteht aus 10 Tafeln zu jenen Frauen, denen die grundlegenden Veränderungen der rechtlichen und sozialen Situation von Frauen zu verdanken sind.
Seit den Frauentag 2022 bietet die Wienbibliothek im Rathaus mit den Wien Geschichte Wiki Walks Spaziergänge zu Wohn- und Wirkungsstätten von Frauen an, die im Wiki einen Artikel haben bzw. zu frauenhistorisch relevanten Institutionen.
Videos
Literatur
- Klaralinda Ma-Kirchner und Karin Winter: Emanzen, Ikonen und andere Frauen. Wien: 2011
- Heidi Niederkofler, Maria Mesner, Johanna Zechner (Hg.): Frauentag! Erfindung und Karriere einer Tradition, Wien 2011
- Kerstin Wolff: Alle Jahre wieder… Der Internationale Frauentag – ein Feiertag für die Frauenbewegung? In: Ariadne, 20 (2006) 50, 2006, S. 66–71
- Michaela Maier [et al.]: Der Internationale Frauentag in Österreich. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung, Dokumentation 1/2005
- Mirjam Sachse [Hg.]: Clara Zetkins „Märzentag“ - Der erste internationale Frauentag 1911. In: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft I, Berlin: NDZ Neue Zeitungsverwaltung 2004
- Siegfried Scholze: Der Internationale Frauentag einst und heute. Geschichtlicher Abriß und weltweite Tradition vom Entstehen bis zur Gegenwart. Berlin: Trafo-Verlag Weist 2001
- Renate Wurms: Wir wollen Freiheit, Frieden, Recht. Der Internationale Frauentag. Zur Geschichte des 8. März. Marxistische Blätter: Frankfurt am Main 1980
Weblinks
- wien.at: Internationaler Frauentag
- Das Rote Wien. Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie: Frauentag, Internationaler
- Frauenarmut: Der 8. März – Internationaler Frauentag
- Renner-Institut: Geschichte des Internationalen Frauentags
Einzelnachweise
- ↑ Festschrift: Der Frauentag, Wien 1911, S. 2
- ↑ Maria Mesner, Mit dem Strom und gegen den Wind: Frauentag in den Nachkriegsjahren, in: Heidi Niederkofler, Maria Mesner, Johanna Zechner (Hg.), Frauentag! Erfindung und Karriere einer Tradition, Wien, 2011, 140-170
- ↑ Heidi Niederkofler, Maria Mesner, Johanna Zechner (Hg.), Frauentag! Erfindung und Karriere einer Tradition, Wien, 2011
- ↑ Klaralinda Ma-Kirchner und Karin Winter: Emanzen, Ikonen und andere Frauen. Wien: 2011