Jahresberichte des Wiener Stadtphysikates
Seit dem Jahr 1866 veröffentlichte das Stadtphysikat regelmäßig einen Jahresbericht in dem es über seine Agenden berichtete. Zunächst erschien der Bericht jährlich, ab 1885 alle paar Jahre. Die Jahresberichte sind mit Ausnahme des zuletzt erschienenen von 1913 in zwei Hauptgruppen unterteilt: Die erste umfasst hygienische und sanitätspolizeiliche Agenden, die zweite ärztliche, den Sanitätsdienst, die Sanitätsstatistik und das Medizinalwesen betreffende Agenden.
Die frühen Berichte sind noch eher dünn gehalten und es geht vor allem um das Aufdecken von sanitären Übelständen. Im Jahresbericht von 1882 zeigen sich Veränderungen in der Organisationsstruktur des Stadtphysikates. Anstatt von zwei Stadtphysici wurde dieser nun von einem Stadtphysiker und zwei städtischen Ärzten verfasst. Zum ersten Mal wurde nicht nur über die Amtstätigkeit berichtet, sondern allgemein über die Gesundheitsverhältnisse der Stadt Wien und die städtischen Humanitätsanstalten. Die Berichte enthalten zahlreiche Tabellen zur Mortalität mit Angaben zu Zivilstand, Konfession, Geschlechterverhältnis und vielem mehr.
Ab den späten 1880er Jahren wurde in den Jahresberichten weniger über Übelstände berichtet, als vielmehr über konkrete Projekte und Bauvorhaben zur Verbesserung der sanitären Verhältnisse. Insbesondere der Ausbau der Kanalisation und des Wasserversorgungsnetzes, sowie die Regulierung des Wienflusses und des Donaukanals sind immer wieder Thema. Im Jahresbericht von 1892 ist zum ersten Mal die Rede von der "öffentlichen Gesundheitspflege".
In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erweiterten sich die Aufgabenbereiche des Stadtphysikates. Mit der Eingemeindung der Wiener Vororte Anfang der 1890er vergrößerte sich das Zuständigkeitsgebiet. Im Jahresbericht von 1896 werden die durchwegs schlechteren sanitären Zustände in den ehemaligen Vorortgemeinden bemängelt. Bereits mit dem Jahresbericht von 1913 zeichnete sich eine Veränderung in der Struktur des Stadtphysikates ab. Die Aufgabenbereiche wurden nun in fünf Gruppen geteilt: Gemeindesanitätsdienst, Angelegenheiten der allgemeinen Hygiene, Sanitätsanstalten und Wohlfahrtseinrichtungen, Morbidität und Mortalität und schließlich sanitäre Übelstände. Im Jahr 1918 ging aus dem Stadtphysikat das Gesundheitsamt der Stadt Wien hervor.
Literatur
- Franz Innhauser / Eduard Nusser: Jahres-Bericht des Wiener Stadtfysikates über seine Amtsthätigkeit im Jahre 1866-1879. Wien: Selbstverlag des Wiener Gemeinderathes 1866-1880
- Franz Innhauser / Emil Kammerer / Gregor Schmid: Jahres-Bericht des Wiener Stadtfysikates über seine Amtsthätigkeit im Jahre 1880. Wien: k.k. Hof- und Universitätsbuchhändler Braumüller 1881
- Junker E (1975) Vom Wiener Stadtphysikat zum Gesundheitsamt der Stadt Wien. Wiener Medizinische Wochenschrift 18–23.
- Emil Kammerer / Gregor Schmid / Adolf Löffler: Jahres-Bericht des Wiener Stadtfysikates über seine Amtsthätigkeit im Jahre 1881-1899. Wien: k.k. Hof- und Universitätsbuchhändler Braumüller 1882-1901
- Adolf Löffler / Theodor Szongott: Bericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtstätigkeit und über die Gesundheitsverhältnisse der K.K. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1900-1902. Wien: Verlag des Wiener Magistrates 1905
- Gerhard Meißl: Hochquellleitungen und Unratschiffe. Zur Geschichte der Wiener Wasserver- und Entsorgung. In: Umwelt-Geschichte. Arbeitsfelder, Forschungsansätze, Perspektiven. Hg. von Sylvia Hahn und Reinhold Reith. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 2001, S. 157-180
- Wiener Stadtphysikat: Bericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtstätigkeit und über die Gesundheitsverhältnisse der K.K. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1903-1910. Wien: Verlag des Wiener Magistrates 1913