Kaasgrabenkirche
48° 15' 12.96" N, 16° 19' 59.87" E zur Karte im Wien Kulturgut
Kaasgrabenkirche (19., Stefan-Esders-Platz 1; Pfarrkirche [seit 1939] und Wallfahrtskirche „Maria Schmerzen").
Legende (1683)
Die Legende berichtet über eine junge Frau aus Grinzing, die sich mit ihrem Kind 1683 vor den Türken hier in einem Holunderbusch versteckte und dank der Unterstützung Mariens durch einen Schwalbenschwarm errettet wurde. Sie habe danach einen Bildstock mit dem Bildnis der Schmerzhaften Muttergottes aufstellen lassen, die als "Schwalbenmuttergottes" bekannt wurde.
Errichtung einer Kapelle (1883)
1883 ließ der Fuhrwerksunternehmer Kothbauer, der Sandgruben im Kaasgraben besaß, anlässlich der 200. Wiederkehr der wunderbaren Errettung eine Kapelle errichten, deren Altar eine Statue der Schmerzhaften Muttergottes aus einem Abbruchhaus des Spittelbergs schmückte. 1903 wurde die Kongregation der Oblaten des heiligen Franz von Sales mit der Besorgung der Gottesdienste betraut.
Errichtung der heutigen Kirche (1910)
Als der Zustrom der Gläubigen zunahm, wurde von der Kongregation 1909/1910 (Weihe am 30. April 1910 durch Weihbischof Dr. Marschall) nach Plänen von Franz Kupka und Gustav Orglmeister auf der sogenannten Grinzinger Höhe eine Kirche erbaut (neobarocke Formen, zweiläufige Freitreppe, mächtiger Hochaltar von Franz Abel und Paul Paintl, Altarbild „Engelsglorie" von Rudolf Fuchs).
Die Erbauung ist hauptsächlich der Unterstützung des Großindustriellen Stephan Esders zu danken, der damit ein Gelübde zur Errichtung einer Kirche erfüllte (Namengebung nach seiner Gattin Marie). Der Statuenschmuck der Kirche steht in engem Zusammenhang mit der Familie Esders (Vertretung der vier Brüder Stephan, Ludwig, Heinrich und Bernhard durch ihre Namenspatrone). Neben dem Kircheneingang rechts Marmormedaillon mit reliefartigem Porträt von Stephan Esders, links Gedenktafel an Hans Freiherr von Zessner-Spitzenberg, der am 18. März 1938 in der Kirche verhaftet wurde (führende Persönlichkeit des katholischen Lagers, *4. Februar 1885, † 1. August 1938 Konzentrationslager Dachau).
Unter dem Plateau liegt die Unterkirche; in der angrenzenden Krypta befindet sich die Esders-Gruft (das Marmorgrabmal mit lebensgroßer "Auferstehung Christi" von Hans Schwathe [1924] wurde ebenso wie die in der Krypta aufbewahrt gewesenen Votivgaben aus der seinerzeitigen Schwalbenkapelle beim Bombenangriff auf Grinzing am 12. März 1945 zerstört). Die Kirche ist zugleich eine Gedächtniskirche für die aus Ungarn und Jugoslawien vertriebenen Donauschwaben, denen 1956 eine Seitenkapelle gewidmet wurde. An der Innenseite der Freitreppe realistisch-ausdrucksvolle Kreuzwegbilder von Abel und Paintl.
Das angrenzende Klostergebäude nahm im Ersten Weltkrieg eine theologische Lehranstalt der Kongregation und in der Zwischenkriegszeit ein bemerkenswertes Missionsmuseum (ethnologische Objekte) auf, das jedoch 1945 gänzlich zerstört wurde.
Quellen
Literatur
- Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 394 ff.
- Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 280 f.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 273
- Alois Maculan: Wallfahrtskirche „Maria Schmerzen". Wien 1924
- Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 249 f.
- Alfred Schnerich: Wiens Kirchen und Kapellen in kunst- und kulturgeschichtlicher Darstellung. Zürich / Wien: Amalthea 1921 (Amalthea-Bücherei, 24), S. 217
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 184
- Godehard Schwarz: Grinzing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 28), S. 38