Karl Emil Franzos

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Franzos, Karl Emil
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  24605
GNDGemeindsame Normdatei 118702599
Wikidata Q78846
GeburtsdatumDatum der Geburt 25. Oktober 1848
GeburtsortOrt der Geburt Czortkow bei Tarnopol, Galizien
SterbedatumSterbedatum 28. Jänner 1904
SterbeortSterbeort Berlin
BerufBeruf Schriftsteller
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Karl Emil Franzos (Bestände)
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
  • 3., Rasumofskygasse 22 (Wohnadresse)
  • 3., Ungargasse 18 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Karl Emil Franzos, * 25. Oktober 1848 Czortkow bei Tarnopol, Galizien, † 28. Jänner 1904 Berlin, Schriftsteller.

Biografie

Karl Emil Franzos war der Sohn des k. k. Bezirksarztes Heinrich Franzos (1808–1859) und der in Odessa geborenen Caroline Klarfeld (1810–1891), die 1835 geheiratet hatten. Die Vorfahren väterlicherseits waren sephardische Juden, die von der Inquisition aus Spanien vertrieben worden waren und zunächst nach Holland und später nach Frankreich flohen. Michel Levert, der Urgroßvater von Franzos, ging 1770 nach Polen, wo er sich eine Existenz als Kerzenfabrikant aufbaute. Dessen jüngster Sohn übernahm den Standort in Tarnopol, was ihn 1772 zum Untertanen Kaiser Josephs II. von Österreich machte und letztlich auch zur Namensänderung in "Franzos" führte. Der Vater besuchte das Wiener Piaristengymnasium und erhielt seine medizinische Ausbildung in Wien beziehungsweise an deutschen Universitäten. Heinrich Franzos lebte als assimilierter Jude das klassische deutsche Bildungsideal vor, das er bis zu seinem frühen Tod weitervermittelte.

Mutter und Sohn übersiedelten 1859 nach Czernowitz, wo Karl Emil Franzos das k. k. Staatsgymnasium besuchte und bereits eigene literarische Versuche vorlegte. Obwohl seine Neigung für die Deutsche Philologie gesprochen hätte, entschied sich Franzos für ein Jus-Studium, das er ab 1868 in Wien und Graz absolvierte. An beiden Orten gehörte er deutschnationalen Verbindungen an und vertrat in zahlreichen Reden und Artikeln die großdeutsche Lösung unter Preußens Führung, was in Österreich nicht eben wohlwollend aufgenommen wurde. Sein Studium schloss Franzos zwar mit Promotion ab, als Jurist arbeitete er jedoch nie, sondern wandte sich unmittelbar der Literatur und dem Journalismus zu. Einen ersten literarischen Achtungserfolg feierte er mit der Novelle "Das Christusbild", das im damals äußerst populären Periodikum "Westermanns Monatshefte" publiziert wurde und – autobiografisch grundiert – eine gescheiterte Liebe zu einer Christin aus Czernowitz thematisieren soll.

In den Jahren 1872/73 arbeitete Franzos für die "Neue Freie Presse" sowie für den "Pester Lloyd", in dessen Feuilleton er vor allem novellistische Skizzen veröffentlichte, die sich bald einer größeren Leserschaft erfreuten. Die Gründung eines eigenen Blattes mit dem Titel "Die Laterne" missglückte 1873 jedoch. Dafür wurde er in den Jahren 1874 bis 1876 von der "Neuen Freien Presse" beauftragt, den östlichen Teil des Habsburgerreiches zu bereisen. Die daraus entstandenen Texte erschienen nicht nur in der Zeitung, sondern wurden in weiterer Folge auch in auflagenstarken mehrbändigen Sammlungen auf den Buchmarkt gebracht. Zudem entwickelte Franzos – etwa mit den Erzählungen in dem Band "Die Juden von Barnow" – eine Art eigener Gattung, namentlich die "Stetlgeschichte" oder auch "Ghettonovelle". Gemeinhin gilt Franzos als der Dichter Galiziens.

Am 28. Jänner 1877 heiratete Karl Emil Franzos im Wiener Stadttempel in der Seitenstettengasse Ottilie Benedikt (1856–1932), die ebenfalls schriftstellerisch tätig war und obendrein verwandt mit Moriz Benedikt, dem Mitherausgeber der "Neuen Freien Presse". Beide bezogen unter der Adresse "Im Schulhof 4" eine gemeinsame Wohnung.

Die weiteren Wiener Jahre wurden vielfach von seinen publizistischen Aktivitäten geprägt. So verdingte er sich als Redakteur der "Wiener Illustrierten Zeitung", fungierte als Berater von Kronprinz Rudolf beim vielbändigen Projekt "Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild" und begründete die von ihm erfolgreich herausgegebene Zeitschrift "Deutsche Dichtung", die es bis zu seinem Tod 1904 auf stolze 35 Bände brachte. Dieses Projekt war bei etablierten Schriftstellerinnen und Schriftstellern wie Ludwig Anzengruber, Marie von Ebner-Eschenbach, Theodor Fontane, Paul Heyse, Conrad Ferdinand Meyer, Christian Morgenstern, Peter Rosegger, Ferdinand von Saar oder Theodor Storm genauso beliebt wie beim weniger bekannten literarischen Nachwuchs, etwa Arthur Schnitzler oder Stefan Zweig, der in schöner Regelmäßigkeit mit lyrischen Werken vertreten war.

Auch als Philologe machte er von sich reden und erfüllte sich damit einen lang gehegten Traum. Berühmt ist er als erster Editor der Werke von Georg Büchner (1813–1837), die er aus dessen handschriftlichem Nachlass herausgab (Frankfurt/M.: Sauerländer 1879). Freilich genießt Karl Emil Franzos in diesem Zusammenhang einen eher zweifelhaften Ruf, soll er doch mit den Manuskripten, die er von Büchners Geschwistern Ludwig und Luise erhalten hatte, wenig pfleglich umgegangen sein. Zudem habe er frei erfundene Passagen hinzugefügt und etliche Lesefehler gemacht. So wurde aus dem Soldaten „Woyzeck“ ein „Wozzeck“. Ein Lapsus, dem auch die gleichnamige Oper von Alban Berg ihren Titel verdankt und der bis heute fortlebt. Bemerkenswerte Herausgeberschaften gelangen Franzos auch mit den Bänden "Deutsches Dichterbuch aus Österreich" (Leipzig 1883), "Die Suggestion und die Dichtung" (Berlin 1891) sowie über "Die Geschichte des Erstlingswerks" (Leipzig 1894).

Gemeinsam mit seiner Frau übersiedelte Karl Emil Franzos 1887 nach Berlin, wo er sich fortan auf sein literarisches Schreiben konzentrierte. Seit 1901 litt er unter Herzbeschwerden. Franzos starb am 28. Januar 1904 in Berlin. Sein Grab findet sich auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weissensee.

Den knapp 7.900 Inventarnummern umfassenden "Nachlass Karl Emil Franzos" übernahm die Stadt Wien 1926 von der Witwe Ottilie Franzos gegen eine monatliche Leibrente von 140 Goldschilling, was 2023 einer Kaufkraft von knapp 650 EUR entsprach. Der Nachlass befindet sich in der Wienbibliothek im Rathaus.

Quellen

Werke (Auswahl)

  • Karl Emil Franzos: Aus Halb-Asien. Culturbilder aus Galizien, der Bukowina, Südrußland und Rumänien. 2 Bde. Leipzig: Duncker & Humblot 1876
  • Karl Emil Franzos: Die Juden von Barnow. Novellen. Stuttgart: Hallberger 1877
  • Karl Emil Franzos: Vom Don zur Donau. Neue Culturbilder aus "Halb-Asien". 2 Bde. Leipzig: Duncker & Humblot 1878
  • Karl Emil Franzos: Junge Liebe. Zwei Geschichten. Breslau: Schottländer 1879
  • Karl Emil Franzos: Stille Geschichten. Dresden: Minden 1880
  • Karl Emil Franzos: Moschko von Parma. Eine Erzählung. Leipzig: Duncker & Humblot 1880
  • Karl Emil Franzos: Ein Kampf um's Recht. Roman. 2 Bde. Breslau: Schottländer 1882
  • Karl Emil Franzos: Der Präsident. Erzählung. Breslau: Trewendt 1884
  • Karl Emil Franzos: Die Reise nach dem Schicksal. Erzählung. Stuttgart: Bonz 1885.
  • Karl Emil Franzos: Aus der großen Ebene. Neue Kulturbilder aus Halb-Asien. 2 Bde. Stuttgart: Bonz 1888
  • Karl Emil Franzos: Der Schatten. Erzählung. Stuttgart: Bonz 1888
  • Karl Emil Franzos: Judith Trachtenberg. Erzählung. Breslau / Berlin: Concordia 1891
  • Karl Emil Franzos: Der Gott des alten Doktors. Berlin: Fontane 1892
  • Karl Emil Franzos: Der Wahrheitssucher. Roman. 2 Bde. Jena: Costenoble 1893
  • Karl Emil Franzos: Ungeschickte Leute. Geschichten. Jena: Costenoble 1894
  • Karl Emil Franzos: Der kleine Martin. Erzählung. Berlin: Concordia 1896
  • Karl Emil Franzos: Leib Weihnachtskuchen und sein Kind. Erzählung. Berlin: Union Dt. Verlagsges. 1896
  • Karl Emil Franzos: Allerlei Geister. Geschichten. Berlin: Concordia 1897
  • Karl Emil Franzos: Mann und Weib. Novellen. Berlin: Concordia 1900
  • Karl Emil Franzos: Deutsche Fahrten. Reise- und Kulturbilder. Berlin / Stuttgart: Cotta 1903–1905
  • Karl Emil Franzos: Neue Novellen. Stuttgart: Cotta 1905
  • Karl Emil Franzos: Der Pojaz. Eine Geschichte aus dem Osten. Stuttgart: Cotta 1905


Literatur

  • Paula Giersch: Für die Juden, gegen den Osten? Umcodierungen im Werk Karl Emil Franzos' (1848–1904). Berlin: Frank & Timme 2014
  • Harald Seewann: Karl Emil Franzos. Studentengeschichtliche Anmerkungen. Innsbruck: Traditionsverband "Katholische Czernowitzer Pennäler" 2014
  • Georg Büchner. Revolutionär mit Feder und Skalpell. Herausgeber: Ralf Beil / Burkhard Dedner. Ostfildern: Hatje Cantz 2013, S. 549–553
  • Francisca Solomon: Blicke auf das galizische Judentum. Haskala, Assimilation und Zionismus bei Nathan Samuely, Karl Emil Franzos und Saul Raphael Landau. Wien [u. a.]: Lit-Verl. 2012
  • Jolanta Pacyniak: Das Werk von Karl Emil Franzos. Im Spannungsfeld der Kulturen Galiziens. Ein Spiegelbild des zeitgenössischen Diskurses. Lublin: Wydawn. Uniw. Marii Curie-Skłodowskiej 2009
  • Anna-Dorothea Ludewig: Zwischen Czernowitz und Berlin. Deutsch-jüdische Identitätskonstruktionen im Leben und Werk von Karl Emil Franzos (1848–1904). Hildesheim / Zürich: Olms 2008
  • Spuren eines Europäers. Karl Emil Franzos als Mittler zwischen den Kulturen. Hg. von Amy-Diana Colin, Elke-Vera Kotowski, Anna-Dorothea Ludewig. Hildesheim / Zürich: Olms 2008
  • Karl Emil Franzos. Schriftsteller zwischen den Kulturen. Hg. von Petra Ernst. Innsbruck / Wien / Bozen: Studien-Verlag 2007
  • Zweigeist. Karl Emil Franzos: Ein Lesebuch. Hg. von Oskar Ansull. Potsdam: Deutsches Kulturforum östliches Europa 2005
  • Georg Brandes – K. E. Franzos. Ein Briefwechsel. Hg. und kommentiert von Karin Bang. Mit einem Nachwort von Jørgen Knudsen. Roskilde: Center for Østrigsk-Nordiske Kulturstudier 2001
  • Karl Emil Franzos (1848–1904). Der Dichter Galiziens. Zum 150. Geburtstag. Hg. von Herwig Würtz. Gestaltung und Text: Hermann Böhm. Mit einem Beitrag von Kerstin Paulik: Der Briefwechsel zwischen Karl Emil Franzos und Marie von Ebner-Eschenbach 1886–1888. Wien: Wiener Stadt- und Landesbibliothek 1998
  • Blanka Kohn: Karl Emil Franzos. Ecrivain, journaliste, editeur et critique. Paris: Université de Paris VII, Phil. Diss. 1994
  • Geneviève Humbert: Karl Emil Franzos (1848–1904). Peintre des confins orientaux de l'Empire des Habsbourg. Strasbourg: Pr. Univ. de Strasbourg 1993
  • Maria Kłańska: Problemfeld Galizien in deutschsprachiger Prosa 1846–1914. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1991
  • Carl Steiner: Karl Emil Franzos. 1848–1904. Emancipator and assimilationist. New York [u. a.]: Lang 1990
  • Andrea Wodenegg: Das Bild der Juden Osteuropas. Ein Beitrag zur komparatistischen Imagologie an Textbeispielen von Karl Emil Franzos und Leopold von Sacher-Masoch. Frankfurt/M. [u. a.]: Lang 1987
  • Günther A. Höfler: Psychoanalyse und Entwicklungsroman. Dargestellt an Karl Emil Franzos "Der Pojaz". München: Südostdeutsches Kulturwerk 1987
  • Sybille Hubach: Galizische Träume. Die jüdischen Erzählungen des Karl Emil Franzos. Stuttgart: Heinz, Akademischer Verlag 1986
  • Fred Sommer: "Halb-Asien". German Nationalism and the Eastern European Works of Karl Emil Franzos. Stuttgart: Akademischer Verlag 1984
  • Dieter Kessler: Ich bin vielleicht kein genügend moderner Mensch. Notizen zu Karl Emil Franzos (1848–1904). München: Südostdt. Kulturwerk 1984
  • Miriam Roshwald: The Stetl in the Works of Karl Emil Franzos, Sholom Aleichem and Shmuel Yosef Agnon. Ann Arbor (Michigan): Univ. Microfilms 1975
  • Alexander Malycky: Das Ukrainertum in den Dichtungen von Karl Emil Franzos. 1848–1904. Ann Arbor (Michigan): Univ. Microfilms 1974
  • Mary Lynne Martin: Karl Emil Franzos. His view of Jewry, as reflected in his writings on the Ghetto. Ann Arbor (Michigan): Univ. Microfilms 1974


Karl Emil Franzos im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.