Moriz Benedikt (Journalist)

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Moriz Benedikt, um 1910
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Benedikt, Moriz
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Benedikt, Moritz
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  8563
GNDGemeindsame Normdatei 118137948
Wikidata Q877165
GeburtsdatumDatum der Geburt 27. Mai 1849
GeburtsortOrt der Geburt Kwatschitz (Kvačice), Tschechische Republik
SterbedatumSterbedatum 18. März 1920
SterbeortSterbeort Wien
BerufBeruf Journalist, Publizist
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Karl Kraus (Portal)
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 19.09.2024 durch WIEN1.lanm09fri
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Alter Israelitischer Friedhof
Grabstelle
BildnameName des Bildes Moriz Benedikt.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Moriz Benedikt, um 1910
  • 4., Wohllebengasse 6 (Sterbeadresse)
  • 19., Himmelstraße 45 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Mitglied des Herrenhauses des Reichsrates (1917 bis 1918)
  • Herausgeber der Neuen Freien Presse (1881 bis 1920)

Moriz (Moritz) Benedikt, * 27. Mai 1849 Kwatschitz (Kvačice) bei Ungarisch Hradisch, Mähren, † 18. März 1920 Wien, Journalist, Publizist.

Biografie

Herkunft

Moriz Benedikt war der Sohn von Markus Benedikt (1810–1883) aus dem mährischen Holleschau und Julie Hertzka (1821–1891) aus Dieditz, ebenfalls in Mähren. Er kam als drittes Kind bzw. als zweiter Sohn von insgesamt fünf Geschwistern in Kwatschitz, Mähren, zur Welt, wo die Familie damals lebte. Bald nach dem Ende des Preußisch-Österreichischen Krieges gelangte Benedikt wohl als Erster der Familie nach Wien. Hier maturierte er – wie auch Eugen Böhm von Bawerk und Friedrich von Wieser – am Schottengymnasium. Im Gegensatz zu seinen beiden Mitschülern findet sich sein Name in Folge nicht in den Nationalen der Juridischen Fakultät, aber er dürfte sich wie diese mit juristischen und volkswirtschaftlichen Studien beschäftigt haben.

Wirken

Der Aufstieg der Deutschliberalen Partei prägte Benedikt in diesen ersten Wiener Jahren. Er wurde Mitarbeiter des liberalen deutschen Journalisten Julius Fauchner und schrieb für dessen "Vierteljahrschrift für Volkswirthschaft und Culturgeschichte". Ab 1872 begann er zudem für die "Neue Freie Presse" zu arbeiten, für die er bereits als junger Journalist aufsehenerregende Reportagen schrieb – besonders durch seine Analysen zum Börsenkrach 1873 machte er sich einen Namen und gewann einflussreiche Freunde wie Julius von Fierlinger, Eduard Schön, Eduard Herbst oder Wilhelm von Lucam.

Im Mai 1972 heiratete Moriz Benedikt die aus einer reichen Berliner Familie stammende Adele Krohn, die selbst als Herausgeberin und Übersetzerin der Korrespondenz von Jane Welsh Carlyle, Salonnière und Ehefrau des Historikers und Essayisten Thomas Carlyle, hervortrat. Das Paar hatte drei Söhne, von denen der mittlere allerdings bereits als Kleinkind verstarb. Das ökonomische wie symbolische Kapital aus dieser Eheschließung ermöglichte es Benedikt, bereits mit knapp über dreißig Jahren zum Mitherausgeber der "Neuen Freien Presse" zu werden. Als solcher schrieb er nicht nur enorm viele Leitartikel – in diversen Feldern und zu unterschiedlichsten Themen – selbst, sondern prägte mit seinem Stil auch Generationen von Journalisten und Journalistinnen. Ein Interview mit dem ehemaligen Reichskanzler Otto von Bismarck machte Benedikt über die Grenzen der Monarchie hinaus bekannt.

1908 löste er den verstorbenen Eduard Bacher als Chefredakteur der "Neuen Freien Presse" ab und wurde zugleich auch zum Alleinherausgeber und Alleinaktionär des Blattes. Die liberale, betont deutschfreundliche und antiklerikale Grundtendenz des Blattes beibehaltend, modernisierte Benedikt die Zeitschrift, indem er neue Rubriken aufnahm, Talente rekrutierte sowie Inserate und Werbekampagnen verstärkte. Zudem gelang es Benedikt, fast alle führenden liberalen Politiker, Autoren und Autorinnen sowie Gelehrte des In- und Auslands zur (wenigstens gelegentlichen) Mitarbeit heranzuziehen.

Damit wurde die "Neue Freie Presse" nicht nur zur einflussreichsten österreichischen Zeitschrift, sondern auch ein europäisches Weltblatt. Benedikt hatte sich schon immer weit über die Belange eines Journalisten hinaus in der Politik engagiert und wurde gern von Mitgliedern der Regierung als Berater in diversen Angelegenheiten hinzugezogen. In diesem Sinne erlangte auch sein Blatt großen politischen und wirtschaftlichen Einfluss und hatte mehr als einmal entscheidenden Anteil an der Gestaltung der Politik am Ende der Monarchie. Im Mai 1917 wurde Benedikt Mitglied des Herrenhauses und blieb es bis zum Ende der Monarchie. Im März 1920 verstarb er in Wien an einer Lungenentzündung – sein Blatt leitete er bis zuletzt. Nach seinem Tod folgte ihm sein Sohn Ernst Martin Benedikt als Chefredakteur und Inhaber der "Neuen Freien Presse" nach.

Rezeption

Bereits zu Lebzeiten wurde der einflussreiche Benedikt höchst kontroversiell diskutiert und vielfach zum Gegenstand von Witzen, Anekdoten und Karikaturen. Für den Satiriker Karl Kraus, der sich vor dem Ersten Weltkrieg in seiner Medienkritik besonders an der "Neuen Freien Presse" abarbeitete, wurde Moriz Benedikt zum "Urgesicht" der Epoche, das die Macht der Massenmedien repräsentierte – bekannt ist seine (durchaus antisemitisch lesbare) Fotomontage von 1911 "Der Sieger", die Benedikt vor der Fassade des Parlaments zeigt. Auch in seinen "Letzten Tagen der Menschheit" tritt Benedikt als "Herr der Hyänen" und "Meinungstyrann" auf. Die britische "Times" beschrieb ihn in einem Nachruf als machtvollen Einfluss und "bösen Geist der Habsburgermonarchie". Im Widerspruch zu der seinerzeitigen Machtposition und zu diesen Überhöhungen ist Moriz Benedikt heute kaum mehr bekannt und die grundlegenden Daten und Fakten seines Lebens abseits der "Neuen Freien Presse" sind nicht gut dokumentiert.

Quellen

Literatur

  • Ernst Strouhal: Vier Schwestern. Fernes Wien, fremde Welt. Wien: Zsolnay 2022.
  • Georg Gaugusch: Wer einmal war A–K. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. 2 Bände. Wien: Amalthea 2011
  • Julius Kainz / Andreas Unterberger [Hg.]: Ein Stück Österreich: 150 Jahre "Die Presse". Wien: Holzhausen 1998.
  • Günter Düriegl u. a. [Hg.]: 150 Jahre Die Presse. Ein Stück Österreich. Katalog zur 237. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien in Zusammenarbeit mit der Zeitung "Die Presse", 16. Mai bis 30. August 1998. Wien: Eigenverlag des Historischen Museums der Stadt Wien, 1998
  • Edward Timms: Karl Kraus. Satiriker der Apokalypse. Wien: Deuticke 1995
  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974–lfd.
  • Wilhelm Kosch: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik. Band 1. Bern: Francke 1963
  • Adam Wandruszka: Geschichte einer Zeitung. Das Schicksal der "Presse" und der "Neuen Freien Presse" von 1848 zur Zweiten Republik. Wien: Neue Wiener Presse Druck- und Verlags-Gesellschaft 1958
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien / Graz: Böhlau 1954–lfd.
  • Ingrid Walter: Moriz Benedikt und die Neue Freie Presse. Diss. Univ. Wien. Wien 1950

Links