48° 13' 25.31" N, 16° 18' 28.20" E zur Karte im Wien Kulturgut
Löwit & Comp. Patent- und Luxus-Kartonnagen und Wellpappen-Fabrik, Papierbecher- und Mechanische Spulenfabrik, Buchdruckerei und Lithographische Anstalt Wien XVII., Lascygasse 23/25
Gründung
1886 gründete Isidor Löwit eine Verpackungsfirma, die Patente zur Herstellung gezogener runder Dosen sowie Kartons mit Blechecken an den Kanten erwarb. Standort der Fabrik in Prag war die Salnitergasse 10-12. Bereits ein Jahr nach der Gründung wurde sie aber bereits nach Wien verlegt, wo in Hernals, in der Geblergasse 19, ein umfangreiches Fabriksobjekt erworben wurde. Am 25. Juni 1889 erfolgte die Eintragung der seit 1. Juli 1888 bestehenden Offenen Handelsgesellschaft als „Cartonagen und Galanteriewaarenfabrik Löwit & Cie.“ beim Handelsgericht Wien.[1] Die ersten Gesellschafter waren die Kaufmänner Isidor (Wien) und Ernst Löwit (Gesellschafter bis 1903, Dresden). 1892 erfolgte die Umbenennung in „Löwit & Comp.“ Die positive Betriebsentwicklung machte bereits 1901 einen umfangreichen Umbau nötig. Ein Teil der circa 200 Mitarbeiter der Firma übersiedelte 1906 an einen weiteren Standort in der Blumberggasse 16 in Ottakring. Dort wurde eine Wellpappen- und Spulenfabrikation eingerichtet.
Fabriksneubau
1910 wurde schließlich der Entschluss gefasst, ein adäquat großes Fabriksgebäude in der Lascygasse 25 zu errichten, dessen Bau der Gesellschafter der Firma, Ing. Walter Löwit (Gesellschafter 1908-1914), leitete. 1911 konnte die neue Fabrik fertiggestellt und die Produktion an einem Standort zusammengeführt werden. 1916 wurde das Haus Lascygase 23 dazugekauft. In den Folgejahren erweiterte man das Fabriksareal noch um das Haus Urbangasse 18 sowie die umliegenden Gründe, auf denen Magazine und die Tischlerei eingerichtet wurden.
Waren, Erzeugung und Personal
Erzeugt wurden von Löwit und Comp. Kartonagen aller Art: runde, aus einem Stück gepresste Dosen, Faltschachteln und Steckkartons, Holzstoffdosen für Farben und Lacke, Bonbonnieren und Ostereier, Parfümeriekassetten, Pappteller, Konfektkapseln, Kalenderrückwände und Plakate, lackierte Waren für die elektrische Industrie, Radiohülsen und Rohre, Spulen und Hülsen für die Textilfabrikation, Versandrohre, paraffinierte Papierbecher und Tiegel, Ölflaschen, Eisenbahnfahrkarten, eingerichtete Manikür- und Nähkassetten, Wellpappe und Wellpappeemballagen, ballistische Artikel für die Heeresverwaltung und vieles mehr. Die Waren wurden teils händisch, teils maschinell gefertigt. Neben den allgemeinen Produktionsräumlichkeiten verfügte die Fabrik über eine Vielzahl von Magazinen, eine Zuschneiderei, eine Presserei, eine Schlosserei, eien Tischlerei, eine Paraffinieranlage, eine Druckerei, eine große Trockenanlage sowie ein Musterzimmer. 1914 beschäftigte Löwit und Comp. 250 Mitarbeiter, bis in die Mitte der 1930er Jahre erhöhte sich der Mitarbeiterstand auf 500.[2]
Arisierung und Restitution
Nach dem "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland, wurde die Firma am 16. September 1938 einem kommissarischen Verwalter unterstellt, da die Eigentümerfamilie Löwit jüdischer Abstammung war. Der neue Eigentümer war Walter Hillebrand, der am 27. März 1939 50 Prozent der Firma an Dipl. Ing. Oskar Voith verkaufte. Walter Hillebrand kündigte sein Gesellschaftsverhältnis per 31. Dezember 1939. Fortan stand die Einzelfirma im Eigentum von Oskar Voith und hieß „Hilko Papier- und Pappewarenfabrik Oskar Voith“. Als endgültiger Zeitpunkt der Entziehung wurde im Vermögensentziehungsakt[3] „1941“ festgestellt. Als Geschädigte werden nach dem Krieg die großteils geflüchteten Oskar Löwit-Ladner (Kanada), Dr. Gerhart Ladner (Kanada, dann USA), Georg Ladner (USA, Beamter der amerikanischen Streitkräfte in Österreich), Heinrich Löwit (Neuseeland) und Annemarie Goldstein (unbekannten Aufenthalts) geführt. Für Heinrich Löwit ist aktenkundig, dass er vor seiner Flucht von der Gestapo verhaftet und nachdrücklich zur Aufgabe seiner Besitzanteile gedrängt wurde. Während der Internierung in einem Konzentrationslager wurde unter dem Vorwand der Steuerhinterziehung durch Oskar Ladner ein Steuerstrafverfahren gegen ihn und die anderen Anteilseigner eröffnet, das 1941 mit einem Schuldspruch gegen Oskar Ladner endete und den anderen vorgebliche Steuerschulden anlastete. Der Betrieb wurde enteignet. Die Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen entschied in einem Teilerkenntnis vom 17. Juni 1949 sowie in einem Erkenntnis vom 28. März 1950 auf Rückstellung an die oben genannten Geschädigten. Nach erfolgter Beschwerde durch Voith erkannte der Oberste Gerichtshof am 25. November 1950, dass Voith „das Vermögen, wie es liegt und steht, samt den … Gewerbeberechtigungen …, mindestens aber in jenem Ausmass und Zustand, in dem sie sich am 31. Juli 1946 befunden haben, …“ ins Handelsregister eintragen lassen müsse, „all dies sofort bei Exekution“. Schließlich einigten sich Geschädigte und Schädiger in einem Vergleich im April 1951 und einem Zusatz vom Dezember 1952 vor der Rückstellungskommission. Die ehemaligen Eigentümer verzichteten gegen die Bezahlung einer Entschädigung auf ihre Rechte an der Firma. Die Produktion wurde am Standort fortgeführt.
Wohnungen statt Kartonagen
Nachdem die Produktion am Standort Lascygasse ausgelaufen war, wurde der Fabrikskomplex in einen Wohnblock mit 118 Wohnungen umgewandelt. Dabei sind 86 geförderte und 32 frei finanzierte Miet- bzw. Eigentumswohnungen von 53 bis 125 Quadratmetern Wohnfläche entstanden, die 2005 an die neuen Bewohnerinnen und Bewohner übergeben wurden.[4]
Inhaber bzw. Leitung
- Isidor Löwit (1844-1922), Gründer der Firma
- Kommerzialrat Oscar Ladner (später Löwit-Ladner, danach Ladner), seit 1902 im Unternehmen, seit 1903 Gesellschafter
- Ing. Fritz Behal, Prokurist 1919-1938
- Georg Ladner, Prokurist 1936-1938
- Friedrich Löwit, Prokurist 1936-1938
- 1938: Kommissarischer Verwalter
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75 - Ges-Register | 1863-1906, Bd. 35, fol. 115
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B76 - Handelsregister A | 1906-1938, A 30/99
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt.119, A 41, 17. Bez., 182, 183 (Gerhart Ladner)
Literatur
- Löwit & Comp. 1886-1936 (Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Firma)
Einzelnachweise
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75 - Ges-Register | 1863-1906, Bd. 35, fol. 115
- ↑ Löwit & Comp. 1886-1936, S. 5-8
- ↑ WStLA, M.Abt. 119, A41, 17. Bez./182, 183
- ↑ Rathauskorrespondenz vom 08.09.2005: Faymann eröffnet Wohnprojekt Lascygasse