Leon Kellner
Leon Kellner, * 17. April 1859 Tárnow, Galizien (Polen), † 5. Dezember 1928, Anglist, Volksbildner, Zionist.
Biografie
Der aus einer Familie jüdischer Kaufleute stammende Leon Kellner erwies sich früh als begabtes Kind und erhielt Privatunterricht. Ab 1876 besuchte er das Jüdisch-Theologische Seminar in Breslau (Wrocław, Polen), das er jedoch bald verließ, um 1878 in Bielitz (Bielsko-Biała, Polen) zu maturieren. Er studierte Anglistik, Romanistik, Germanistik und weitere Philologien an der Universität Wien und promovierte 1883 bei Jakob Schipper mit einer Dissertation "Zur Syntax des englischen Verbums mit besonderer Berücksichtigung Shakespeares".
Nach Studienabschluss wirkte er als Hilfslehrer an Wiener höheren Schulen und schrieb Feuilletons für Wiener Blätter wie die "Neue Freie Presse]] oder das Neue Wiener Tagblatt. Nach einem Forschungsaufenthalt in London legte er die Lehramtzsprüfung für Englisch, Französisch und Deutsch ab und habilitierte sich 1890 für englische Philologie an der Universität Wien. In weiterer Folge war er Lehrer in Troppau (Opava, Tschechien) und Wien-Währing, wo etwa Oskar Kokoschka zu seinen Schülern zählte. Die Sommerimmer wieder von Aufenthalten in London unterbrochen. 1904 wurde er als Universitätsprofessor an die Universität Czernowitz (Tscherniwzi, Ukraine) berufen, wo er 1909 zum Ordinarius avancierte.Ab 1911 gehörte er als Abgeordneter dem Landtag der Bukowina an.
1914 floh Kellner vor den vorrückenden Truppen nach Wien, wo er auch nach dem Ende des Ersten Weltkriegs blieb. Hier hielt er Englisch-Vorlesungen an der hiesigen Technischen Hochschule und stellte seine Sprachkenntnisse in den Dienst der Präsidentschaftskanzlei. Außerdem gab er Kurse an der Volkshochschule Ottakring. Wissenschaftlich arbeitete er als Privatgelehrter hauptsächlich zu Shakespeare und dessen Zeit, aber auch zur Literaturgeschichte des viktorianischen Zeitalters und veröffentlichte zahlreiche Fachpublikationen. Privat unterhielt er enge Beziehungen zu Elise und Helene Richter, Richard Beer-Hofmann und Felix Salten
Eine andere Facette Kellners Leben galt dem Zionismus, für den er sich seit seiner Begegnung mit Theodor Herzl 1896 engagierte. Unter dem Pseudonym Leo Raphaels publizierte er in zionistischen Organen und hielt kostenlose populärwissenschaftliche Vorträge für die arme jüdische Bebölkerung Wiens.
Quellen
Literatur
- David Rechter: At Eden's Door - The Habsburg Jewish Life of Leon Kelllner (1859.1928). Liverpool: Liverpool University Press 2023
- Neue Deutsche Biographie, Band 11. Berlin: Duncker & Humblot 1977, S. 477
- Anna Kellner: Leon Kellner. Sein Leben und sein Werk. Wien: Gerold 1936