Leopold Wolfgang Rochowanski
Leopold Wolfgang Rochowanski, * 3. August 1888 Zuckmantel (Zlaté Hory, Tschechische Republik), † 13. September 1961 Wien, Journalist, Schriftsteller, Verleger, Tänzer, Galerist.
Vorkriegs- und Zwischenkriegszeit
Der vielseitige Künstler enstammte dem österreichischen teil Schlesiens und studierte ab 1906 in Wien Jura und Philosophie. Bald trat er als Journalist und Schriftsteller in Erscheinung. Er gründete die Aktionsbühne „Der Bücherkasten“ und gab 1919 in der Wiener Werkstätte den eigenhändig kalligraphierten Gedichtband „Abend-Morgen-Mittag“ heraus. Sein an den Wiener Kinetismus angelehntes künstlerisches Werk beendete er 1921 mit dem Tod seiner ersten Frau. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau Friederike Hochstim wurden unter dem Künstlernamen Boris und Katja Kandinsky expressionistische Tanzabende inszeniert. 1923 folgten der Novellenband „Phantastische Schaubude“ und eine Studie über „Psychopathische Künstler“. Akzente als Kunstkritiker und Befürworter moderner Plastik setzte er mit dem Buch „Der brennende Mensch. Aus den Tagebüchern Anton Hanaks“. IN der „Neuen Zeitschrift für Musik“ betreute er bis 1924 die Rubrik „Tanz“. Zu seinem Freundeskreis gehörten der Architekt Josef Hoffmann und mit Franz Cizek und Erika Giovanna Klien die bedeutendsten Künstler des Wiener Kinetismus. Zu den Arbeiten der Wiener Kunstgewerbeschule erschienen die Publikationen „Wiener Keramik“ (1923), „Führer durch das österreichische Kunstgewerbe“ (1930). „30 Jahre Kugendkunst“ (1928) ist Arbeiten der Schülerinnen und Schüler der Klasse von Franz Cizek gewidmet. Zudem wirkte Rochowanski als Ausstellungskurator. So versammelte er 1928 in Pressburg und Prag und 1935 in Kaschau Werke von zeitgenössischen Malern wie Herbert Boeckl, Albert Paris Gütersloh, Carry Hauser, Gustav Klimt, Georg Merkel, Egon Schiele und Alfred Wickenburg. 1933 zog sich Rochowanski aus der Öffentlichkeit zurück, dies vermutlich um seine jüdische Frau zu schützen.
Nachkriegszeit
1938 wurde er mit Publikationsverbot belegt, dennoch füllte er zum Kriegsende viele Bögen Papier, so etwa mit den Inhalten seiner Gespräche mit Franz Cizek. Diese flossen in das Buch „Die Wiener Jugendkunst“ (1946) ein. In seinem Nachlass finden sich auch Dokumente, die auf eine Tätigkeit im Widerstand hinweisen. Nach dem Krieg begründete er die Agathon-Galerie und den gleichnamigen Verlag am Opernring. Dieser gab jeweil drei Exemplar des „Agathon-Almanachs“ und der Zeitschrift „Die schönen Künste“ heraus. Zudem leitete er 1946/47 die Zeitschrift „Die litterarische Welt“. Aufgrund der angespannten ökonomischen Situation und einem gegen die Moderne gerichteten Kunstverständnis im beginnenden Kalten Krieg konnte er nicht mehr an seine umtriebige Tätigkeit der Zwischenkriegszeit anschließen. Seinen Wohnsitz hatte er im Klose-Hof in der Philippovichgasse 1, der nach Plänen von Josef Hoffmann errichtet worden war.
Nachlass in der Handschriftensammlung, Musikalischer Splitternachlass in der Musiksammlung der Wienbibliothek im Rathaus.
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus: Nachlass Leopold W. Rochowanski
- Wienbibliothek Digital: Leopold W. Rochowanski
Literatur
- Peter Bogner: Leopold Wolfgang Rochowanski und die Agathon Galerie, in: Peter Goßens, Marcus G. Patka (Hg.): Displaced. Paul Celan in Wien 1947/48, Frankfurt am Main 2001.
- E. Fischer und W. Haefs, Hirnwelten funkeln. Literatur des Expressionismus in Wien, 1988
- Ulrich Weinzierl: Schaltstelle. Der ewige Avantgardist Leopold Wolfgang Rochowanski, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1.6.1996.
Leopold W. Rochowanski im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.