Opferfürsorgeakten
Opferfürsorgeakten betreffen Anträge von Opfern des Nationalsozialismus oder deren Hinterbliebenen nach dem Opferfürsorgegesetz. Die auf Basis einer Amtsbescheinigung gewährten Leistungen betreffen vor allem einmalige Entschädigungszahlungen, bei verfolgungsbedingter Gesundheitsschädigung, mindestens einem Jahr Haft oder mindestens sechs Monaten KZ-Haft besteht Anrecht auf eine Opferrente. Opferfürsorgeakten werden dementsprechend in Entschädigungsakten (E) und Rentenakten (R) unterteilt.
Voraussetzungen
Die Voraussetzungen für den Erhalt einer Entschädigungszahlung oder einer Opferrente sind im Bundesgesetz vom 4. Juli 1947 über die Fürsorge für die Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich und die Opfer politischer Verfolgung, kurz Opferfürsorgegesetz, genannt (BGBl. Nr. 183/1947). Zum berechtigten Personenkreis gehören all jene, die im Kampf gegen die Ideen und Ziele des Nationalsozialismus vom 6. März 1933 bis 9. Mai 1945 im Kampf gefallen sind, die hingerichtet wurden, die an den Folgen von Haft oder Misshandlungen gestorben sind oder schwere Gesundheitsschädigungen erlitten haben sowie alle, die mindestens ein Jahr in Haft oder mindestens sechs Monate in KZ-Haft waren. Sollte das Opfer gestorben sein, ist auch ein Antrag durch Hinterbliebene möglich. Seit 1. März 2002 besteht ein Rentenanspruch auch dann, wenn eine Amtsbescheinigung ausschließlich wegen Fehlens der österreichischen Staatsbürgerschaft nach dem 27. April 1945 nicht ausgestellt werden kann oder konnte.
Aufbau und Inhalt
Opferfürsorgeakten sind Akten mit Anträgen zu einmaligen Entschädigungszahlungen von Opfern oder deren Hinterbliebenen nach dem Opferfürsorgegesetz. Die Entschädigungsakten (E) enthalten Anträge und Bewilligungen oder Ablehnungen der Entschädigung oder Anträge auf Opferausweise, Anträge auf Amtsbescheinigungen oder Ersuchen um Informationen über Entschädigungsmöglichkeiten. Zusätzlich enthalten sie Unterlagen, die als Beweis für den Opferstatus eingebracht wurden, etwa Meldebestätigungen, Staatsbürgerschaftsnachweise, ärztliche Gutachten über Spätfolgen, Zeugenaussagen zu Flucht oder Haft, in geringem Umfang auch persönliche Dokumente und Briefe.
Die Rentenakten (R) beinhalten all jene notwendigen Unterlagen, die auch für Entschädigungsakten vorgelegt werden mussten, dazu aber auch ärztliche Befunde und Bescheide über eine dauernden Rentenzahlung gemäß Opferfürsorgegesetz. Zu jeder Person, die eine Rente beantragte, wurde auch ein Entschädigungsakt angelegt. Renten können von hinterbliebenen Ehegatten oder Kindern der Opfer beantragt werden.
Benutzung der Akten
Die Akten unterliegen den erweiterten Schutzfristen für personenbezogene Daten und sind daher nur dann frei einsehbar, wenn alle im Akt genannten Betroffenen verstorben sind und die Aktenteile auch nicht mehr der gleitenden Archivsperre von 30 Jahren unterliegen. Die Akten sind alphabetisch nach Familiennamen gelegt, teilweise sind mehrere Anspruchsberechtigte in einem Akt zusammengefasst. Zusätzlich ist eine alphabetisch geordnete Kartei vorhanden, in der alle Namen verzeichnet sind und in der gegebenenfalls auf andere Akten verwiesen wird.
Bestandsgeschichte
Die Entschädigungsakten (E) nach dem Opferfürsorgegesetz wurden vollständig von der Magistratsabteilung 40 an das Wiener Stadt- und Landesarchiv übergeben und sind bis zum Jahr 2055 aufzubewahren. Gelegentlich werden Nachträge von der MA 40 an das Archiv übergeben. Bei den Rentenakten (R) wurden 233 Musterakten übernommen, alle anderen abgeschlossenen Akten wurden 2012 skartiert. Mit 1. April 2012 ging die Zuständigkeit für Akten nach dem Opferfürsorgegesetz von der MA 40 an das Bundessozialamt über.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 208, A36 - Opferfürsorgeakten - Entschädigungen (E).
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 208, A37 - Opferfürsorgeakten - Renten (R)
Literatur
- Brigitte Bailer: Wiedergutmachung kein Thema. Österreich und die Opfer des Nationalsozialismus. Wien: Löcker 1993
- Karin Berger, Nikolaus Dimmel, David Forster, Claudia Spring und Heinrich Berger: Vollzugspraxis des "Opferfürsorgegesetzes". Analyse der praktischen Vollziehung des einschlägigen Sozialrechts (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission 29/2, Wien-München 2004).