Philomena Haas
Philomena Haas, * 4. Juli 1881 Damtschach (Kärnten), † 24. November 1973 Wien, Kommunalpolitikerin.
Biografie
Philomena Haas stammte aus einer verarmten Kärntner Kleinbauernfamilie. Sie besuchte die örtliche Dorfschule, verließ aber bereits als 14-Jährige ihr Elternhaus und verdiente ihren Lebensunterhalt als Hausgehilfin und Verkäuferin. 1898 kam sie nach Wien. Mit dem Eisendreher und Brigittenauer Bezirksrat Josef Trexler († 1928) hatte sie vier Kinder. Ihr ältester Sohn war der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Otto Haas, der im August 1944 im Landesgericht Wien hingerichtet wurde.
Ab 1909 war Philomena Haas in der sozialdemokratischen Frauenbewegung Brigittenau aktiv und zählte zu deren ersten Mitgliedern. Bis 1934 übernahm sie in ihrem Wohnbezirk verschiedene Funktionen. Die Aktivitäten erstreckten sich vom Austragen der von Franz Schuhmeier herausgegebenen "Volkstribüne" über das Engagement im Arbeiter-Abstinentenbund bis hin zur Leitung der Frauenorganisation im Bezirk ab 1922. Zudem war ihre Wohnung in den 1930er Jahren Treffpunkt sozialistischer Jugendlicher und linker Intellektueller, in der sich die Freunde ihres Sohnes Otto, darunter auch Karl Popper, trafen.
Von 24. Mai 1932 bis 12. Februar 1934 vertrat Philomena Haas den 20. Bezirk im Gemeinderat der Stadt Wien und im Wiener Landtag. Sie zählte zu den ersten weiblichen Gemeinderatsmitgliedern und war im Gemeinderatsausschuss für Technische Angelegenheiten tätig.
Darüber, wie es ihr unter dem Dollfuß-Schuschnigg-Regime erging, liegen keine Informationen vor. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde sie im Zusammenhang mit der Widerstandstätigkeit ihres Sohnes verfolgt. Wegen des Verdachts, seine "staatsfeindlichen Bestrebungen" durch "aktive Mitarbeit gefördert zu haben", nahm man Philomena Haas am 23. September 1942 fest und verurteilte sie am 15. Dezember 1943 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" und "Rundfunkverbrechens" zu vier Jahren Zuchthaus. Sie wurde am 12. Februar 1945 von sowjetischen Truppen aus einem Gefängnis in Mitteldeutschland befreit.
Nach ihrer Rückkehr nach Wien wirkte sie beim Aufbau der Bezirksorganisation Brigittenau mit. In der Zweiten Republik gehörte sie von 18. Dezember 1946 bis 10. Dezember 1954 dem Wiener Gemeinderat und Landtag an.
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv: Haas, Philomena [Signatur: TP 017416]
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gestapo, K1 – Gestapo-Kartei: Erkennungsdienstliche Kartei von Filomenia Haas
- Wienbibliothek im Rathaus: Namensverzeichnis der Mitglieder des Gemeinderates, des Landtages, des Stadtsenates, der Gemeinderatsausschüsse und der Bezirksvertretungen der Stadt Wien (Nach dem Stande vom 30. Juli 1932). Wien: Selbstverlag der Gemeinde 1932
- ANNO: Unsere Toten. In: Arbeiter Zeitung, 18.08.1928, S. 5
Literatur
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 1136
- Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Metroverlag 2008, S. 24
- Karl Popper: Frühe Schriften. Tübingen: Mohr Siebeck 2006, S. 512 f.
- Wolfgang Solt: Biographien der Gemeinderäte, Abgeordneten und Bezirksvorsteher 1918–2003. Wien [2003]
- Wolfgang Solt: Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien (Wiener Landtages) und des Stadtsenates der Stadt Wien (der Wiener Landesregierung) 1918–1934. Wien: 1995
- Wolfgang Solt: Personenindex. In: Stichwort Demokratie. 50 Jahre Zeitgeschehen. Politisches Handbuch. Hg. von Josef Rauchenberger. Wien: PR-Verlag 1994
- Wolfgang Neugebauer: Widerstand und Verfolgung in Wien 1934–1945. Eine Dokumentation. Band 2. Wien: Bundesverlag 1975, S. 70 f.
- Wienbibliothek Digital: Oswald Knauer: Der Wiener Gemeinderat 1861–1962. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 77. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1963 [Stand: 17.11.2019]
- Website des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes. Suchabfrage: Haas, Johann Otto [Stand: 22.02.2019]