Rudolf (Kronprinz von Österreich-Ungarn)
Rudolf, * 21. August 1858 Laxenburg (Blauer Hof), Niederösterreich, † 30. Jänner 1889 (Selbstmord) Jagdschloss Mayerling, Niederösterreich (Kapuzinergruft), Erzherzog, Kronprinz, Gattin (10. Mai 1881 Wien, Augustinerkirche) Stephanie, Tochter Leopolds II., Königs der Belgier, einziger Sohn Franz Josephs I. und seiner Gattin Elisabeth.
Seine Erzieher waren (der spartanisch vorgehende) Generalmajor Leopold Graf Gondrecourt (1864) beziehungsweise nach Intervention Kaiserin Elisabeths (der verständnisvolle) Joseph Graf Latour von Thurmburg (1865-1877); 1862-1877 erhielt Rudolf Unterricht durch österreichische Spitzengelehrte (darunter Ferdinand Ritter von Hochstetter und Carl Menger). 1878-1883 leistete er Militärdienst in Prag (Oberst, 1880 Generalmajor, 1882 Feldmarschall-Leutnant).
Rudolf war vielseitig gebildet, jedoch vor allem an Naturwissenschaften interessiert (Orientreisen 1881, 1884 und 1885). Durch seine liberale Einstellung und seine kritische Haltung gegenüber der österreichischen Politik (Freundschaft mit dem Journalisten Moritz Szeps, für dessen "Neues Wiener Tagblatt" er anonym Artikel verfasste) stand Rudolf in stetem Gegensatz zu seinem konservativen Vater.
Ab 1884 gab er das auf 24 Bände konzipierte Werk "Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild" heraus und nahm ständig an den Redaktionssitzungen teil (Vollendung erst 1902). Durch eine zügellose Lebensweise (insbesondere zahlreiche Liebschaften [Hauptfavoritin ab 1886 Mizzi Caspar]) schädigte Rudolf seine Gesundheit.
In der Wiener Bevölkerung war Rudolf überaus populär; er gehörte zu den regelmäßigen Heurigenbesuchern, einer seiner Vertrauten war der Fiaker Josef Bratfisch. Im April 1888 begann die Bekanntschaft mit Mary Vetsera; mit ihr wurde er am 30. Jänner 1889 in Mayerling tot aufgefunden. Über die Hintergründe kursieren (wegen der vom Hof verhängten Nachrichtensperre und weil alle Zeugen das ihnen auferlegte Schweigegebot einhielten) bis heute die abenteuerlichsten Gerüchte. Gesichert erscheint nur, dass Rudolf zuerst Mary erschoss und dann sich selbst; das Jagdschloss wurde auf Veranlassung Franz Josephs I. in ein Karmelitinnenkloster umgewandelt. Die ehemaligen Wohnräume Rudolfs in der Hofburg sind teilweise erhalten (heute Amtsräume des Bundesdenkmalamts).
Nach der Geburt Rudolfs komponierte Josef Strauss den "Österreichischen Kronprinzenmarsch" und die "Laxenburger Polka"; Benennung einer Apfelsorte ("Kronprinz"); die Wiener Bürgerschaft schenkte eine von Franz Matthias Podany verfertigte Wiege (heute Bundesmobiliendepot), König Viktor Emmanuel II. eine Kinderkalesche (heute Wagenburg Schönbrunn). Nach dem Kronprinzenpaar wurden die 1887 in Pola vom Stapel gelaufenen ersten beiden Seeschlachtschiffe der k. u. k. Kriegsmarine benannt.
- Rudolfsee ("Schwarzes Wasser") in Nordkenia, 427 m Seehöhe; abflussloses, soda- und schwach salzhaltiges Gewässer, rund 300 km lang und bis zu 73 m tief; benannt am 6. März 1888 durch Samuel Graf Teleki von Szek und Ludwig von Höhnel
- Rudolfa, nördlichste, fast völlig vereiste Insel Eurasiens, etwa 300 km2 groß, bis zu 461 m hoch, von Julius von Payer nach dem Kronprinzen benannt; seit 1925 Teil der UdSSR [heute Russland]
In Wien:
- Rudolfsplatz im 1. Bezirk
- Kronprinz-Rudolf-Brücke, später Reichsbrücke, über die Donau (heute 2. und 22. Bezirk)
- Krankenhaus Rudolfstiftung im 3. Bezirk
- Kronprinz-Rudolf-Kinderspital (Mautner Markhofsches Kinderspital), 3. Bezirk
- Kronprinz-Rudolf-Kaserne (Roßauer Kaserne) im 9. Bezirk
- Rudolf-Hof, 9. Bezirk
- Rudolf-Volksschule, 10., Triester Straße 199; eröffnet am 22. Oktober 1887
- Rudolfsheim, Teil des heutigen 15. Wiener Bezirks Rudolfsheim-Fünfhaus
Editorischer Hinweis
Rudolf von Österreich war bis 1867 Kronzprinz des Kaisertums Österreich, zu dem Ungarn gehörte, ohne separat genannt zu werden. Er war von 1867 an Kronzprinz des kaiserlichen Österreich ebenso wie des königlichen Ungarn, weil Ungarn von Franz Joseph I. 1867 als eigenständiger Staat anerkannt wurde. Österreich-Ungarn kam als Begriff 1867 in Verwendung und bezeichnete bis 1918 keinen Staat, sondern eine Realunion zweier Staaten.
Quellen
Literatur
- Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearb. von Karl Bosl [u.a.]. München: A. Francke 1973-1975
- Brigitte Hamann [Hg.]: Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Wien: Ueberreuter 1988
- Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 2. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1924
- Magdalena Hawlik-van de Water: Die Kapuzinergruft. Begräbnisstätte der Habsburger in Wien. Wien [u.a.]: Herder 1987
- Oskar Freiherr von Mitis: Das Leben des Kronprinzen Rudolf. Leipzig: Insel-Verlag 1928 (neu herausgegeben und eingeleitet von Adam Wandruszka, Wien-München: Herold 1971)
- Brigitte Hamann: Rudolf. Kronprinz und Rebell. Wien: Almalthea 1978
- Brigitte Hamann [Hg.]: Kronprinz Rudolf. "Majestät, ich warne Sie...". Geheime und private Schriften. Wien: Amalthea 1979
- Günther Berger: Architektonische, skulpturelle, musikalische, geographische und topographische Denkmale für Kronprinz Erzherzog Rudolf. In: Rudolf. Ein Leben im Schatten von Mayerling. Wien: Selbstverlag 1989 (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 119), S. 111 ff.
- Julius Szeps [Hg.]: Kronprinz Rudolf. Politische Briefe an einen Freund. 1882 – 1889. Wien: Rikola-Verlag 1922
- Emil Franzel: Kronprinzen-Mythos und Mayerling-Legende. Wien: Herold 1963
- Fritz Judtmann: Mayerling ohne Mythos. Ein Tatsachenbericht. Wien: Kremayr & Scheriau 21982
- Gerd Holler: Mayerling. Die Lösung des Rätsels. Der Tod des Kronprinzen Rudolf und der Baroness Vetsera aus medizinischer Sicht. Wien-Innsbruck: Molden 1980
- Georg Markus: Kriminalfall Mayerling. Leben und Sterben der Mary Vetsera. Mit dem neuen Gutachten nach dem Grabraub. Wien: Almalthea 1993