VS Speisinger Straße 44
48° 10' 10.81" N, 16° 17' 2.72" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die VS Speisinger Straße 44 ist eine öffentliche Volksschule im 13. Wiener Gemeindebezirk, Hietzing.
Schulanfänge und -ausstattung
Am 2. November 1896 wurde der Bau eines Schulhauses für die Unterbringung einer Doppelvolksschule auf einem von der Gemeinde Wien für Schulzwecke angekauften Grund im Ausmaß von 6.440 Quadratmeter in der Speisinger Straße 44 begonnen. Gegen Ende des Jahres lag bereits das Fundament. Im Jahr 1897 wurde das Schulgebäude vollendet und mit Beginn des Schuljahres 1897/1898 der Benützung übergeben.
Das ringsum freistehende Schulgebäude, welches aus einem zweistöckigen Mitteltrakt und zwei einstöckigen Seitentrakten bestand, enthielt sechs Lehrzimmer, einen Turnsaal, einen Ankleideraum, eine Kanzlei, ein Konferenzzimmer, ein Lehrmittelzimmer, eine Schulwart- und eine Oberlehrerwohnung. Letztere war von den übrigen Raumen des Hauses isoliert. Die Beheizung der Lehrzimmer und des Turnsaales erfolgte durch Regulierfüllöfen mit reinem Lüftungsbetrieb, jene der Aborte, Stiegen und Gange durch eine Zentralfeuerluftheizung, jene der übrigen Raume durch Regulierfüllöfen mit Kreisluftheizung. Die künstliche Beleuchtung der Lehrraume geschah durch direktes Gasglühlicht nach System Auer. Die Lehrzimmer wurden durchwegs mit Schulbänken nach dem System Schlimp versehen. Die Aborte und Pissoire waren mit Ölverschluss eingerichtet. Im ersten Schuljahr 1897/1898 stand die Doppelvolksschule unter der provisorischen Leitung von Josef Henninger und wurde von 102 Knaben und 118 Schülerinnen besucht. Die Volksschule war eine gemischte Schule, in welcher keine Trennung der Geschlechter stattfand.
Erster Weltkrieg
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges musste die Doppelvolksschule ab dem zweiten Schul- und Kriegsjahr 1915/1916 ihre schulischen Räumlichkeiten verlassen und in das Schulgebäude VS Steinlechnergasse 5-7 übersiedeln, wo auch die Bürgerschulknaben aus der VS Auhofstraße 49 unterkamen. Während der Kriegsjahre blieb die Zahl der Schülerinnen und Schüler recht konstant:
- 1914/1915: vier gemischte Klassen, eine Knaben- und eine Mädchenklasse. Gesamt: 328
- 1915/1916: vier gemischte Klassen, eine Knaben- und eine Mädchenklasse. Gesamt: 339
- 1916/1917: vier gemischte Klassen, eine Knaben- und eine Mädchenklasse. Gesamt: 317
- 1917/1918: vier gemischte Klassen, eine Knaben- und eine Mädchenklasse. Gesamt: 318
Februar 1934
Im Schuljahr 1933/1934 leitete Oberlehrerin Sophie Arbeiter die Doppelvolksschule, die drei Knaben-, vier Mädchenklassen sowie zwei gemischte Klassen führte. Die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler betrug 339. Zu diesem Zeitpunkt besuchten noch vier jüdischen Schulkinder die Doppelvolksschule Speisinger Straße 44. Vor dem Hintergrund der bürgerkriegsähnlichen Ereignisse im Februar 1934 blieben die Schulen vom 13. bis einschließlich 17. Februar 1934 geschlossen. Einen Wechsel in der Schulleiter erfolgte im darauffolgenden Schuljahr, als Rudolf Hat als provisorischer Leiter laut Dekret vom 12. September 1934 (Zahl 6286/1934) ab dem 15. September 1934 bestellt wurde.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden Schulräumlichkeiten systematisch von kriegsbedingten Organisationen und Körperschaften in Anspruch genommen. Im Schuljahr 1943/1944 waren zwei Klassen wegen Raummangels im Gebäude Steinlechnergasse 5-7 untergebracht. Die Schule Steinlechnergasse 5-7 wiederum gab an, in der Speisinger Straße 44 untergebracht zu sein. Ab dem ersten Schul- und Kriegsjahr 1939/1940 befand sich die Kartenstelle Nr. 99 zur Vergabe von Lebensmittelkarten in einem Zimmer der Schule. Der Turnsaal wurde von der NSDAP, dem Bund deutscher Mädel (BDM), vom Deutsches Jungvolk (DJ), den "NS-Schwestern" sowie von der Kindergruppe der NS-Frauenschaft (Ortsgruppen Speising und Lainzer Tiergarten) benützt.
Die Zahl der Schülerinnen und Schüler stieg die ersten Jahre sogar an, was den Schluss naheliegt, dass Schulkinder aus anderen Schulen eingeschult wurden. Im letzten Schul- und Kriegsjahr stürzt die Zahl dann schlagartig ab:
- 1939/1940: vier Klassen mit 105 Knaben, vier Klassen mit 108 Mädchen. Gesamt: 213
- 1940/1941: vier Klassen mit 127 Mädchen, vier Klassen mit 133 Mädchen. Gesamt: 260
- 1941/1942: Keine Angaben
- 1942/1943: vier Klassen mit 124 Knaben, vier Klassen mit 130 Mädchen. Gesamt: 254
- 1943/1944: vier Klassen mit 134 Knaben, vier Klassen mit 137 Mädchen. Gesamt: 271
- 1944/1945: eine Klasse mit 38 Knaben, eine Klasse mit 32 Mädchen, drei gemischte Klassen mit 59 Knaben und 45 Mädchen. Gesamt: 174
Gegenwart
Die "Schule im Park" besteht heute aus zehn Klassen inklusive zwei Mehrstufenklassen und bietet auch Tagesbetreuung an. Diese Schule ist Teil der Programme "Wiener Netzwerk Gesundheitsfördernde Schulen" und "PUMA-Schulen". Bei letzterem geht es um die Umsetzung gezielter Maßnahmen zum Umweltschutz. Mittels einer Photovoltaikanlage am Dach des Gebäudes erzeugt die Schule ein Drittel ihres Strombedarfs selbst. Die Schule betreibt außerdem drei Hochbeete und ein Biotop.
Im September 2022 soll ein neuer Zubau eröffnet werden.[1] Dieser war zuvor Gegenstand einiger Debatten.[2]
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Schulpläne, P13/1 – Schulplan Speisinger Straße 44
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, A9/1 – Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, B4 – Standesausweise 1876-1915
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Schule: Speisinger Straße 44
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1897. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lieger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1900, S. 305-306
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1894-1896. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lieger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1898, S. 577