Valentin Rosenfeld
Valentin Rosenfeld, * 2. März 1886 Wien, † 1970 Barnet (England), Rechtsanwalt, Sportfunktionär.
Biografie
Valentin Rosenfeld studierte an der Universität Wien Rechtswissenschaften und wurde am 4. Februar 1910 zum Dr. iur. promoviert. Er war mit seiner Cousine Eva Rosenfeld verheiratet, die eine wichtige Figur der Wiener Psychoanalyse war und in engem Kontakt mit Anna Freud stand. Die Familie lebte in einer von Adolf Loos entworfenen Wohnung im Haus Wattmanngasse 11 in Hietzing.
Neben seiner Tätigkeit als Anwalt war Rosenfeld beim jüdischen Sportverein Hakoah tätig. Vor allem nach der Umwandlung der Schwimmsektion in einen eigenständigen Verein im Jahr 1928 übernahm er eine zentrale Rolle. Der Schwimmklub Hakoah hatte Rosenfelds Kanzlei als Vereinssitz. Im Oktober 1929 wurde er zum Präsidenten des Vereins gewählt und war verantwortlich für die Herausgabe der Vereinszeitung.
Rosenfeld vertrat auch Fußballspieler bei Vertragsstreitigkeiten mit ihren Vereinen, sein Büro diente als Sitz der Spielerunion, einer gewerkschaftsähnlichen Vertretung der Wiener Fußballprofis. Am 17. Februar 1934 wurde Valentin Rosenfeld gemeinsam mit zehn weiteren Rechtsanwälten verhaftet, die in einem Naheverhältnis zur sozialdemokratischen oder kommunistischen Partei standen. 1936 emigrierte Anna nach England, Valentin blieb vorerst in Wien. Zum Zeitpunkt des "Anschlusses" befand sich aber auch Valentin Rosenfeld bereits in London. Der Besitz von Valentin und Eva Rosenfeld wurde beschlagnahmt, darunter eine umfangreiche Bibliothek mit wertvollen Büchern und Handschriften, etwa Goethe-Autographen.
In London gab Valentin Rosenfeld eine Exilzeitung der Hakoah heraus. Und er half vielen Wiener Juden und Jüdinnen – darunter zahlreiche SportlerInnen und FunktionärInnen der Hakoah – zur Flucht nach England. Rosenfeld gewann Sigmund Freud dazu, der Maccabi World Union die Verwendung seines Namens als Fürsprecher zu erlauben. Am 22. Juli 1943 wurde Rosenfeld als Juden von der Universität Wien der akademische Grad aberkannt. Erst am 15. Mai 1955 erhielt Rosenfeld Doktortitel wieder zuerkannt, genauer gesagt wurde die Aberkennung rückwirkend für nichtig erklärt. Rosenfeld blieb nach dem Ende des Nationalsozialismus in England. Teile der Bibliothek wurden ab 1948 von der Österreichischen Nationalbibliothek restituiert. Heute befindet sich der Nachlass von Eva und Valentin Rosenfeld befindet sich im Sigmund-Freud-Museum.
Quellen
- England and Wales Death Registration Index 1837-2007. Death, Barnet, Middlesex, England. General Register Office, Southport, England. Valentine Victor Rosenfeld, 1970
- Library of Congress, Sigmund Freud Papers, Topic: Valentin Rosenfeld 1967, Valentin Rosenfeld and Kurt Eissler am 13.08.1967
- Sigmund Freud an die Maccabi World Union am 16.02.1939
- Sport-Tagblatt, 18.12.1929, S. 4
- Illustrierte Kronen-Zeitung, 18.02.1934, S. 6
- Freie Stimmen, 20.02.1934, S. 6
Literatur
- Susanne Helene Betz: Case Study: Jüdischer Sport in Wien nach dem "Anschluss". Das Beispiel des Sportclubs (SC) Hakoah. In: Bernhard Hachleitner/Matthias Marschik/Spitaler Georg [Hg.]: Sportfunktionäre und jüdische Differenz. Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938. Berlin: De Gruyter 2018, S. 300–301; S. 304–305
- Bernhard Hachleitner, Matthias Marschik und Georg Spitaler: (Sport-)Netzwerke. In: Bernhard Hachleitner/Matthias Marschik/Spitaler Georg [Hg.]: Sportfunktionäre und jüdische Differenz. Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938. Berlin: De Gruyter 2018, S. 274
- Ignaz Hermann Körner: Lexikon jüdischer Sportler in Wien 1900-1938. Herausgegeben von Marcus G. Patka. Wien: Mandelbaum Verlag 2008, S. 179–180
- Murray G. Hall und Christina Köstner: ... Allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern ... Eine österreichische Institution in der NS-Zeit. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2006, S. 274–277
- Arthur Baar: 50 Jahre Hakoah. Tel Aviv (u.A.): Eigenverlag 1959, S. 248–250
- Anna Freud. Briefe an Eva Rosenfeld. Herausgegeben von Peter Heller. Basel: Stroemfeld/Nexus 1994
- Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1987, S. 497