Sportclub Hakoah

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Graffito nahe dem Eingang Hakoah Sportzentrum (2016)
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Verein
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1909
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
Benannt nach
Prominente Personen Hedy Bienenfeld, Judith Deutsch-Haspel, Thomas Feiger, Bela Guttmann, Paul Haber, Nikolaus Hirschl, Fritz Löhner, Hanns Rosenberg, Heinrich Schönfeld, Friedrich Torberg
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  2198
GNDGemeindsame Normdatei 2103125-3
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Jüdische Geschichte
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 10.10.2024 durch WIEN1.lanm09lue
BildnameName des Bildes P6290165 neu.JPG
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Graffito nahe dem Eingang Hakoah Sportzentrum (2016)
  • 2., Simon-Wiesenthal-Gasse 3

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48° 12' 22.00" N, 16° 25' 40.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Für den österreichischen Sport spielten jüdische Aktive und Funktionäre seit jeher eine wichtige Rolle. Im Zuge der Formierung von ethnisch konnotierten Vereinen, wie etwa dem SK Slovan als Verein der Wiener Tschechen und Slowaken, begründete sich im Sommer 1909 der jüdische Sportklub Hakoah (hebräisch für „Kraft“), der sich zunächst dem Fußballspiel, der Leicht- und Schwer-Athletik und dem Winter- und Wasser-Sport verschrieb. Die körperliche Ertüchtigung galt als wichtigster Vereinszweck; als Vereinsfarben wählten die Gründer Blau-Weiß.

Verein der Zionisten

Eines der hartnäckigsten antisemitischen Vorurteile zu Ende des 19. Jahrhunderts zielte auf die vermeintliche körperliche Unterlegenheit von Juden und Jüdinnen ab. Der jüdische Arzt und Zionist Max Nordau begegnete diesem Vorurteil 1899 mit dem Konzept des „Muskeljudentums“ und rief dazu auf, die körperliche Fitness der Juden durch Turnen zu fördern. Von Nordau beeinflusst, kam es zu einer Reihe von jüdischen Vereinsgründungen, darunter die Wiener Hakoah, die sich sofort eines großen Zulaufs erfreute. Dieser Zulauf kam unter anderem von jenen jüdischen Sportlern, die in ihren angestammten Vereinen zunehmend Mechanismen der antisemitischen Ausgrenzung ausgesetzt waren. Nach dem Ersten Weltkrieg avancierten die Blau-Weißen zum jüdischen Vorzeigeklub Wiens. Allerdings verdeckt die Ausnahmestellung der Hakoah im Rückblick oft das sonstige, vielfältige jüdische Sportvereinsleben in Wien.

Platzsuche

1913 fand die Hakoah am Floridsdorfer „Birnerplatz“ (An der oberen Alten Donau 47) eine erste Heimstätte, die sich aber alsbald zu klein und zu unpraktisch für die Ausübung von Wettkämpfen erwies; der Platz lag in unmittelbarer Nähe zu einem großen Mistplatz.[1] Nach dem 1. Weltkrieg bemühte sich der Vereinsvorstand um eine adäquate Sportstätte, die nach politischem Widerstand in Floridsdorf schließlich auf einem 30.000 m² großen Grundstück am Donauufer, zwischen Krieau und Praterkai, im 2. Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt gefunden und von der Gemeinde Wien gepachtet werden konnte. Nach der infrastrukturellen Adaptierung der Liegenschaft wurde das Hakoah-Stadion während der Pessach- und Osterfeiertage im April 1922 mit einem Fußballturnier eröffnet. Die vom Architekten Hanns Rosenberg entworfene, neue Sportstätte mit einer Gesamtfläche von letztlich rund 37.000 m² umfasste ein Fußball-, ein Handball und ein Hockeyfeld, sechs Tennisplätzen, eine 400 Meter lange Laufbahn sowie eine Holztribüne und bot bis zu 25.000 Zuschauern Platz.[2] In der Folge wurde das Prater-„Schmuckkästchen“ aus Vereinsmitteln weiter modernisiert. Dabei zeigten sich aber auch die Schattenseite der Sportstätte: Der stetig durchziehende Donauwind fügte der Grasdecke des Platzes immer wieder Schäden zu und vereitelte häufig die Wettkampfausübung.[3]

Sportliche Erfolge und reichhaltiges Vereinsleben

Aushängeschildes des Vereins war die blau-weiße Fußballsektion, der 1920 der Aufstieg in die oberste Spielklasse gelang. Ab 1924 profitierte der Verein von der Einführung des Professionalismus und konnte unter Führung seines ungarischen Starspielers Bela Guttmann in der ersten Profimeisterschaft 1924/1925 sensationell den Meistertitel gewinnen. Als gerne gesehene Gäste setzten die Hakoahner im Ausland Meilensteine der österreichischen Fußballgeschichte. So gastierten sie als erste österreichische Mannschaft auf den Britischen Inseln und konnten am 3. September 1923 vor 15.000 Zuschauern West Ham United im Upton Park mit 5:0 besiegen. Speziell mit den Hakoah-Fußballern verbindet man die beiden Gastspielreisen nach Nordamerika 1926 und 1927 mit Stationen in New York, Chicago, St. Louis, Philadelphia sowie Toronto und Montreal. Die Leistungen der Wiener waren dort so beeindruckend, dass einige der Spieler abgeworben wurden und in den USA blieben. In der Folge zeigte sich, dass der Verein den personellen Aderlass nicht gleichwertig ersetzen konnte. So musste die Fußballsektion 1928 aus der obersten Spielklasse absteigen. In den folgenden drei Saisonen pendelten die Blau-Weißen zwischen den Spielklassen, bis 1930/31 wieder der Aufstieg gelang. Neben der Fußballsektion feierten auch Sportler und Sportlerinnen der anderen Sektionen große nationale und internationale Erfolge. Ringer Nikolaus Hirschl gewann zwei Bronzemedaillen bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles. Besonders erfolgreich waren die Schwimmsektion mit ihren Aushängeschildern Hedy Bienenfeld und Judith Deutsch-Haspel sowie die blau-weiße Wasserballriege, der sich zwischenzeitlich auch der österreichische Literat Friedrich Torberg anschloss. Daneben entfalteten die Blau-Weißen auch ein reichhaltiges kulturelles Vereinsleben mit eigenem Orchester und der überaus beliebten Hakoah-Redoute.

Auflösung und Wiedergründung

Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung im März 1938 endete vorläufig die Erfolgsgeschichte des Vereins. Der Verein wurde umgehend aufgelöst, die Sportstätten beschlagnahmt und alle Aktiven wie Funktionäre aus dem Sportbetrieb entfernt. Die Hakoah-Anlage wurde zur weiteren Nutzung der Sturmabteilung-Standarte 90 übergeben. Viele der Vereinsmitglieder wurden vertrieben oder ermordet, wie etwa der Librettist und erste Hakoah Präsident Fritz Löhner-Beda. Nach dem 2. Weltkrieg kam es im Mai 1945 zu einer Wiederbelebung des Vereins, dessen Auflösung im Jahre 1938 im Jänner 1946 gesetzlich wieder außer Kraft gesetzt wurde. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen nahmen die Fußballsektion sowie die Leichtathleten, Schwimmer und Tischtennisspieler ihre Tätigkeit im unmittelbaren Nachkriegswien wieder auf. Doch letztlich konnte die Fußballabteilung nicht mehr an die Erfolge der 1920er Jahre anknüpfen und musste ihren Betrieb 1953 einstellen. Ähnlich erging es der Leichtathletiksektion.

Langer Weg zur neuen Sportstätte

Das Vereinsleben wurde von der Tatsache negativ beeinflusst, dass die Hakoah nach 1945 über keine eigene Sportstätte verfügte. Auch war eine Rückkehr auf die alte Wirkungsstätte aufgrund der Kriegsschäden an der Anlage unmöglich. Da die Restitution von während der NS-Zeit entzogenen Bestandsrechten wie Pachtverhältnissen gesetzlich nicht geregelt war, dauerte es über sechzig Jahre, bis der Verein wieder eine eigene Heimstätte bekommen sollte. Im Zuge des Washingtoner Abkommens 2001 erklärte sich die Gemeinde Wien endlich bereit, der Hakoah ein Grundstück als Ersatz für den 1938 entzogenen Platz zur Verfügung zu stellen. 2004 wurden von der Gemeinde Wien dann finanzielle Mittel sowie ein 19.500m² großes Gelände in unmittelbarer räumlicher Nähe zum alten Krieauer Sportplatz bereitgestellt. Nach den Plänen von Architekt Thomas Feiger errichtete der Verein dort gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde Wiens ein neues blau-weißes Sport- und Freizeitzentrum, das auch von der benachbarten, ebenfalls neu gebauten jüdischen Schule zur Benutzung vorgesehen wurde.[4] Auch ein jüdisches Pensionistenwohnheim wurde in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet. Nach zweijähriger Bauzeit konnte am 11. März 2008 das „S.C.HAKOAH Karl Haber“ Sport und Freizeitzentrum in der Nähe des Ernst-Happel-Stadions eröffnet werden. Aktuell betreibt die Hakoah die Sektionen Basketball, Karate, Schwimmen, Touristik und Skiclub, Tennis, Tischtennis und Wandern und verfügt mit dem Leopold-Böhm-Museum vor Ort auch über ein eigenes Museum.

Literatur (Auswahl)

  • Arthur Baar: 50 Jahre Hakoah. Tel Aviv (u.A.): Eigenverlag 1959
  • Susanne Helene Betz: Von der Platzeröffnung bis zum Platzverlust. Die Geschichte der Hakoah Wien und ihrer Sportanlage in der Krieau 1919–1945. In: „… mehr als ein Sportverein“. 100 Jahre Hakoah Wien 1909-2009. Hg. von Susanne Helene Betz u.a. Innsbruck u.a.: Studien Verlag 2009, S. 150-184
  • Susanne Helene Betz: „… vor Neid platzend…!“. Der Sportklub Hakoah Wien und seine Sportanlage im Wiener Prater. In: Fußball unterm Hakenkreuz in der „Ostmark“. Hg. von David Forster u.a. Göttingen: Verlag Die Werkstatt 2014, S. 88-103
  • John Bunzl [Hg.]: Hoppauf Hakoah! Jüdischer Sport in Österreich von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Junius Verlag 1987
  • David Forster/Georg Spitaler: Der geraubte Platz. Der lange Weg zur Restitution der Hakoah Sportstätte im Prater. In: „… mehr als ein Sportverein“. 100 Jahre Hakoah Wien 1909-2009. Hg. von Susanne Helene Betz u.a. Innsbruck u.a.: Studien Verlag 2009, S. 207-223

Link

Website der Wiener HAKOAH: http://www.hakoah.at

Quellen

Einzelnachweise

  1. Susanne Helene Betz: Von der Platzeröffnung bis zum Platzverlust. Die Geschichte der Hakoah Wien und ihrer Sportanlage in der Krieau 1919–1945. Innsbruck 2009, S. 151
  2. Susanne Helene Betz: Von der Platzeröffnung bis zum Platzverlust. Die Geschichte der Hakoah Wien und ihrer Sportanlage in der Krieau 1919–1945. Innsbruck 2009, S. 154
  3. Susanne Helene Betz: Von der Platzeröffnung bis zum Platzverlust. Die Geschichte der Hakoah Wien und ihrer Sportanlage in der Krieau 1919–1945. Innsbruck 2009, S. 156
  4. David Forster/Georg Spitaler: Der geraubte Platz. Der lange Weg zur Restitution der Hakoah Sportstätte im Prater. Innsbruch 2009, S. 219

Susanne Helene Betz: Von der Platzeröffnung bis zum Platzverlust. Die Geschichte der Hakoah Wien und ihrer Sportanlage in der Krieau 1919–1945. Innsbruck: Studien Verlag 2009, S. 151

Susanne Helene Betz: Von der Platzeröffnung bis zum Platzverlust. Die Geschichte der Hakoah Wien und ihrer Sportanlage in der Krieau 1919–1945. Innsbruck: Studien Verlag 2009, S. 154
Susanne Helene Betz: Von der Platzeröffnung bis zum Platzverlust. Die Geschichte der Hakoah Wien und ihrer Sportanlage in der Krieau 1919–1945. Innsbruck: Studien Verlag 2009, S. 156
David Forster/Georg Spitaler: Der geraubte Platz. Der lange Weg zur Restitution der Hakoah Sportstätte im Prater. Innsbruck: Studien Verlag 2009, S. 219