Verlag Dr. Rolf Passer
48° 12' 35.87" N, 16° 22' 23.58" E zur Karte im Wien Kulturgut
Der Buchhändler Hans Epstein gründete 1927 in der Wohnung seiner Eltern einen Buchverlag. Das Ein-Personen-Unternehmen spezialisierte sich anfangs durchaus erfolgreich auf Bücher kulturellen und kunstgeschichtlichen Inhalts, Biographien sowie Bildbände und Stadtansichten, Nach Epsteins unerwartetem Tod am 20. Februar 1932 wurde dessen ehemaliger Lehrer Ernst Peter Tal als sachverständiger Leiter und Kurator des verschuldeten Verlags bestellt. Nachdem der Großgläubiger, die Buchdruckerei Franz Gogl’s Nachfolger Karl Scheibe, befriedigt worden war, wurde der Verlag "Verlag Dr. Hans Epstein" in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt mit Rolf Passer als Kommanditist und persönlich haftendem Gesellschafter. 1933 wurde der Firmenname auf "Verlag Dr. Rolf Passer" geändert. Passer führte zunächst Epsteins Programm weiter fort und verlegte Kunst- und Kulturgeschichte, Biographien und Frauenromane, erweiterte dann aber das Angebot um Musik und literarische Werke. 1931/1932 erschien unter anderem "Viktor Adler. Aufstieg und Größe einer sozialistischen Partei" von Max Ermers bei Passer. Nachdem der Verlag bereits 1932 "Goethe in Böhmen" von Johannes Urzidil herausgebracht hatte, nahm der Passer ab 1937 immer mehr Werke tschechischer Autoren wie beispielsweise Karel Capek ins Programm.
Zeitbild-Verlag
Den für den gesamten österreichischen Buchhandel schwierigen Jahre 1934/1935 folgte für den Passer-Verlag ein wirtschaftlicher Aufschwung, der geeignet erschien, 1937 einen Nebenverlag für Frauenliteratur, den "Zeitbild-Verlag" abzutrennen. Mit Romanen von Autorinnen wie Joe Lederer oder Annemarie Selinko konnte der Verlag auf dem Markt reüssieren. Auch Hertha Paulis Roman über Bertha von Suttner "Nur eine Frau" wurde 1937 zuerst im Zeitbild-Verlag publiziert.
"Arisierung"
85 % des Verlagsumsatzes machte Passer mit Werken, die bei den Nationalsozialisten "unerwünscht", weil größtenteils von jüdischen Autoren, waren. Auch Passer selbst war Jude. Nach dem sogenannten "Anschluss" leitete Passer noch einige Zeit das als "Judenverlag" verunglimpfte Unternehmen. Wahrscheinlich war ihm das aufgrund seiner tschechischen Staatsbürgerschaft möglich. Am 14. Juli 1938 kam er dennoch der Verpflichtung nach, das "Verzeichnis über das Vermögen von Juden nach dem Stand vom 27. April 1938" abzugeben. Der Verlag kam gleich unter kommissarische Verwaltung des Inhabers des Ostmark-Verlags, Dr. Gottfried Linsmayer. Passer gelang die Emigration nach London. 1939 "kaufte" Therese Kirschner, die seit Anfang bei Passer angestellt gewesen war, den Verlag. Sie war nicht nur "Arierin", sondern auch Mitglied der Reichsschrifttumskammer. Im Dezember 1940 wurde die Firma unter dem neuen Namen "Verlag Therese Kirschner" ins Wiener Handelsregister eingetragen. Die Löschung erfolgte am 28. September 1972.