Werner Kraft

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Kraft, Werner
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Dr. phil.
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  369109
GNDGemeindsame Normdatei 118566016
Wikidata Q216536
GeburtsdatumDatum der Geburt 4. Mai 1896
GeburtsortOrt der Geburt Braunschweig 4008065-1
SterbedatumSterbedatum 14. Juni 1991
SterbeortSterbeort Jerusalem 4028586-8
BerufBeruf Bibliothekar, Literaturwissenschaftler, Schriftsteller
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Karl Kraus (Portal)
RessourceUrsprüngliche Ressource 
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BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
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Werner Kraft, * 4. Mai 1896 Braunschweig, † 14. Juni 1991 Jerusalem, Bibliothekar, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller.

Biografie

Werner Kraft wurde in Braunschweig als zweiter Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren und wuchs in Hannover auf. Nach dem Abitur studierte er von 1914 bis 1921 – von 1916 bis 1919 unterbrochen durch Militärdienst, den er als Sanitätssoldat absolvierte – Deutsche Philologie, Romanistik und Philosophie in Berlin, Freiburg und Hamburg. 1925 promovierte er in Frankfurt am Main mit der Arbeit "Die Päpstin Johanna. Eine motivgeschichtliche Untersuchung", in der er Rudolf Borchardts dramatisches Gedicht "Verkündigung" analysierte.

Neben seinen Studien ließ Kraft sich zum Bibliothekar ausbilden. Er arbeitete an der Deutschen Bücherei in Leipzig, wo er ab 1922 mit seiner Frau Erna Halle lebte. 1923 wurde der gemeinsame Sohn Paul Caspar geboren, 1929 die Tochter Else (später Alisa). 1926 legte Kraft das Examen für den höheren wissenschaftlichen Bibliotheksdienst ab und fand 1928 Anstellung als Bibliotheksrat an der Niedersächsischen Landesbibliothek in seiner Heimatstadt Hannover.

1933 wurde Werner Kraft als Jude aus dem Staatsdienst entlassen. Er verließ Deutschland und ging nach Stockholm und dann nach Paris, wo er wieder mit Walter Benjamin zusammentraf, der sich wie er mit Franz Kafka beschäftigte. Kraft und Benjamin kannten sich bereits aus Berlin, hatten den Kontakt jedoch über einen Streit über Karl Kraus abgebrochen.

Ab 1934 lebte Kraft mit seiner Familie in Jerusalem, 1948 wurde er israelischer Staatsbürger. Zu seinem deutsch-jüdischen Freundeskreis in Israel gehörten unter anderem Else Lasker-Schüler, Gershom Scholem (auch ihn hatte Kraft schon in Berlin kennengelernt) und Martin Buber. In Jerusalem arbeitete er wieder als Bibliothekar, von seiner Pensionierung 1956 an widmete er sich ganz seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Insgesamt erschienen neben mehreren Gedichtbänden und dem Roman "Der Wirrwarr" (1960) über 400 literaturwissenschaftliche Essays und Aufsätze sowie Kritiken und 40 Monografien von Kraft im deutschsprachigen Raum. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet.

Ab 1951 und bis in die 1980er Jahre besuchte das Ehepaar Kraft immer wieder Europa, blieb aber in Israel wohnen. Im Alter von 95 Jahren starb Werner Kraft in Jerusalem.

Beschäftigung mit Karl Kraus

Kraft arbeitete unter anderem zu Franz Kafka, Heinrich Heine, Else Lasker-Schüler, Johann Gottfried Seume und Carl Gustav Jochmann, am stärksten beeindruckten ihn jedoch neben Goethe und Hölderlin Rudolf Borchardt und Karl Kraus.

1914, bei Kriegsbeginn, machte Kraus' Rede "In dieser großen Zeit" in der "Fackel" Nr. 404 nachhaltigen Eindruck auf den Achtzehnjährigen. Gedichte von Kraus veranlassten Kraft 1916, ihm den ersten Brief zu schreiben, auf den er allerdings keine Antwort bekam ("mit Recht", wie Kraft später befand.)[1] 1924 veröffentlichte er den ersten von vielen Aufsätzen über Kraus, "Traumstück und Traumtheater" in "Der Kritiker".

Von Hannover aus besuchte Kraft in den frühen 1930er Jahren häufig Vorlesungen von Karl Kraus in Berlin, die er in seiner Autobiografie als "Nahrung des Geistes und des Herzens, die für ein langes Leben gereicht hat"[2] bezeichnete. Dort lernte er auch Bertolt Brecht und Else Lasker-Schüler kennen. Kraus selbst lernte Kraft nie persönlich kennen.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs unterhielt Werner Kraft Briefverkehr mit Kraus' Freundin und Nachlassverwalterin Helene Kann (1877–1949), die seine Publikationen zu Kraus verfolgte und seine Arbeit unterstützte. Er trug wesentlich zu einer Kraus-Renaissance nach 1945 bei. 1952 veröffentlichte er den Band "Karl Kraus. Eine Einführung in sein Werk und eine Auswahl", 1956 die erste große Monografie, "Karl Kraus. Beiträge zum Verständnis seines Werkes", und 1974 "Das Ja des Neinsagers. Karl Kraus und seine geistige Welt". Daneben publizierte Kraft zahlreiche Essays und Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen und wurde so zu einem der maßgeblichen Kraus-Forscher.


Quellen

  • Werner Kraft: Luftpostbrief an den Österreichischen Rundfunk, Radio Wien. 25.04.1956, Wienbibliothek im Rathaus

Literatur

  • Friedrich Pfäfflin [Hg.]: Aus großer Nähe. Karl Kraus in Berichten von Weggefährten und Widersachern. Göttingen: Wallstein Verlag 2008
  • Ulrich Breden: Kraft, Werner. In: NDB-online, 01.01.2024 [Stand: 27.03.2024]
  • Ulrich Breden: Werner Kraft – ein Lebensabriß. In: Werner Kraft: Zwischen Jerusalem und Hannover. Die Briefe an Curd Ochwadt. Hg. v. Ulrich Breden und Curd Ochwadt. Göttingen: Wallstein Verlag 2004, S. 181–198
  • Werner Kraft: Spiegelung der Jugend. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch-Verlag 1996


Werner Kraft im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Werner Kraft: Spiegelung der Jugend. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch-Verlag 1996, S. 53
  2. Ebd., S. 117