Wohnhausanlage Drorygasse 8

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Daten zum Bauwerk
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48° 11' 55.21" N, 16° 24' 14.74" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Wohnhausanlage Drorygasse 8; Gemeindebau im 3. Bezirk, erbaut 1924-25.

In den 1920-Jahren war die Sozialdemokratie stärkste politische Kraft in Wien und Österreich. Als im Jahr 1922 aus Wien ein eigenständiges Bundesland, losgelöst von Niederösterreich, wurde, war der erste Schritt in Richtung "Rotes Wien" gesetzt. Neben Reformen in Bereichen der Bildung und Gesundheit wurde der Fokus auf menschenwürdige Behausungen gesetzt. Insgesamt 63.000 Wohnungen wurden in der Zwischenkriegszeit in Wien erbaut, allesamt hell, warm und mit Wasserleitungen und Toiletten ausgestattet. Damit wurde ein Meilenstein für die Arbeiterfamilien in der Stadt erreicht, waren die neuen Wohnungen doch ein enormer Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen.

Der Wohnbau wurde auf dem ehemaligen Gelände der "Wällischen Gärten" errichtet, die bis ins 19. Jahrhundert ein wichtiger Versorgungsfaktor für die Wiener Bevölkerung waren. Die Gründe gehörten zum Besitz der aus Verona stammenden Oria della Scala. 1445 schenkte sie die Gartenanlagen dem Augustinerorden. Zum Gedenken der aus dem "Welschland" stammenden Stifterin wurden diese bis zur Verbauung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts als "Wällische Gärten" bezeichnet.

Kunst am Bau

Die Fassaden sind reich mit Dekor wie Relieffeldern und Fenstergiebeln überzogen, die dem monumental hochgestuften Bau eine weiche, romantisierende Hülle geben. Ein überraschendes Detail ist der Eckpfeiler mit Kapitell an der Ecke zur Dietrichgasse. Er scheint wie der Arkadengang und das Tonnengewölbe der Kirchenarchitektur entliehen zu sein. Die zweifarbige Gestaltung betont den mehrschichtigen Fassadenaufbau, der die gesamte Masse in unruhige Bewegung versetzt. Die scharfen Dreiecksgiebeln und spitzen Erkerachsen entsprechen der expressionistischen Architektur der 20er-Jahre.

Prominente Bewohner

  • Der Widerstandskämpfer Roman Felleis (1903-1944) wohnte vorübergehend an dieser Adresse. Er starb 1944 während eines amerikanischen Bombenangriffes im KZ Buchenwald. Nach ihm ist die städtische Wohnhausanlage Hagenmüllergasse 32 benannt.
  • Franz Schuster (1904-1943) wurde ebenfalls aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt. Er kam 1943 im KZ Buchenwald ums Leben. Die Wohnhausanlage Hagenmüllergasse 14-16 trägt seinen Namen.
  • Auch Maria Jacobi (1910-1976) wohnte vorübergehend hier. Sie war bereits vor dem Zweiten Weltkrieg Obfrau der sozialdemokratischen Arbeiterjugend. 1945 wurde sie Mitglied des Wiener Gemeinderates. In ihrer Funktion als erste amtsführende Stadträtin Wiens (1959-1973) widmete sie sich vor allem der Errichtung sozialer Einrichtungen.
  • Otto Rudolf Schatz (1900-1961) zählt zu den wichtigen österreichischen Malern der Zwischenkriegszeit. 1938 wurde ein Berufsverbot über ihn verhängt, weshalb er nach Prag emigrierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Österreich zurück und wurde Mitglied der Secession.


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