Anna Geissler
Anna Geissler, * 8. Februar 1856 Wien, † 22. April 1920 Rodaun, Schauspielerin und Volkssängerin.
Biografie
Anna Geissler wurde in der Lerchenfelder Straße in der Josefstadt geboren. Sie war die älteste von drei Schwestern, nach ihr kamen Marie Geissler (1857–1908) und Leopoldine Geissler (1858–1913) zur Welt. Bereits im Kindesalter stand sie als Volkssängerin und Zithervirtuosin in verschiedenen Theatern auf der Bühne. Mit 12 Jahren trat sie dabei regelmäßig mit ihrer Schwester Marie, die ebenfalls Sängerin und Pianistin war, aber auch als Solistin im Josefstädter Theater auf und stieß damit auf großen Anklang. Über ihre Jugend hinweg traten "die beliebten kleinen Wiener Volkssängerinnen", wie sie in einigen zeitgenössischen Zeitungsartikeln genannt wurden, immer wieder gemeinsam auf. Geissler fand ab April 1873 mit 17 Jahren erstmalig ein Engagement im damaligen Danzers Orpheum, eine Verbindung, die ihre ganze Karriere überdauern sollte. Gemeinsam mit Marie trat sie zwischen September 1876 und Mai des darauffolgenden Jahres als Duettistinnen-Akt auf, davor und danach auch immer wieder als Solistin.
Geissler gewann durch ihren humorvollen und liebreizenden Schauspielstil rasch an Beliebtheit und stieg schnell zum „Liebling des Publikums“ auf. Begleitet wurde sie von Spitznamen wie das „enfant chéri“ oder die „Heroine des Orpheums“. Zu ihrem Repertoire gehörten in erster Linie Wiener Liebeslieder und diverse Couplets, die auch teilweise eigens für sie verfasst wurden, so zum Beispiel ihr beliebtes Volkslied „Mir ist heut‘ so mollig“ von Gustav Schöpl. Wilhelm Huschak schreibt im Österreichischen Jahrbuch 24 (1900) von der "feschen Wiener Liedersängerin im damaligen Danzer'schen Orpheum Anna Geissler, aus deren Programm die Lieder: 'Ach, mir ist so wohlig', 'T'schin', 'O, Du Elisabeth', 'Die kleine Flöte', 'Troulala', und 'Meine Herr'n, sagt's, hab' i denn nit recht' gewiss noch Vielen in Erinnerung sein werden".[1]
Ihre Karriere führte Geissler ebenfalls auf Reisen in andere Länder, wie zum Beispiel nach Frankreich, Polen, die Niederlande, Russland und Ungarn, sowie auf verschiedene Tourneen durch Deutschland und Rumänien. In Budapest lernte sie schließlich auch ihren späteren Ehemann Karl Katzer (1842–1922), ebenfalls Volkssänger, kennen und heiratete ihn 1884. Ab diesem Zeitpunkt trat sie wieder vorrangig im Orpheum in Wien gemeinsam mit ihrem Mann auf, der zuvor ein Duettisten-Paar mit dem Volkssänger Tobias Schmutz (1841–1888), bekannt als Schmutz & Katzer, bildete. 1890 kündigte das Ehepaar ihren Rücktritt aus der Theaterszene an und verabschiedete sich offiziell von der Zunft, um gemeinsam das Café Katzer in der 9.,Währinger Straße 26 zu führen. Auch mit ihrem Kaffeehaus feierte das Ehepaar großen Erfolg. Zu ihrem Klientel gehörte ein Großteil der Wienerischen Gesangs- und Theaterszene. Sie selbst traten nur noch sporadisch als Gesangspaar auf, zum Beispiel auf Benefizveranstaltungen und Wohltätigkeitskonzerten oder in ihrem eigenen Café.
Anna Geissler starb am 22. April 1920 im Alter von 64 Jahren und wurde am Kalksburger Friedhof begraben. Ihr Mann verstarb zwei Jahre später. 1942 wurde das Grab der Eheleute ehrenhalber auf Friedhofsdauer gewidmet.
In der Wienbibliothek im Rathaus befindet sich ein Teilnachlass Anna Geisslers, der 12 Inventarnummern und eine Mappe umfasst und Briefe, Lebensdokumente und Sammlungen – etwa Engagement-Vorträge, Visitenkarten und Empfehlungsschreiben – beinhaltet.
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus: Teilnachlass Anna Geissler
- Wienbibliothek Digital: Wiener-Ringstrassen-Bilder! : gesungen v. Fräul. Anna Geissler in Ed. Danzer's Orpheum / Liedertext v. G. Schöpl. Musik v. H. Röderer
Literatur
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1: A-H. Wien: Böhlau 2016
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1995
- Kleine Volkszeitung. Hg. von Lothar Ring. Wien: Steyrermühl 1935
- Wilhelm Huschak: "Anna". Eine Namenstudie. In: Österreichisches Jahrbuch 24 (1900), S. 37–48
- ANNO: Abschied des Duettistenpaares Katzer. In: Neues Wiener Tagblatt, 27.02.1890, S. 4
- ANNO: Zu Danzer's "Orpheum". In: Wiener Allgemeine Zeitung, 15.01.1888, S. 4
- Die Presse. Hg. von August Zang. Wien/Brünn: 1888
- Wiener Allgemeine Zeitung. Hg. von Dr. Theodor Hertzka. Wien: Elbemühl 1882
- Illustriertes Wiener Extrablatt. Hg. von Ottokar Franz Ebersberg / Franz Josef Singer. Wien: Ebersberg & Singer 1878
- Die Presse. Hg. von August Zang. Wien/Brünn: 1877
- Die Presse. Hg. von August Zang. Wien/Brünn: 1876
- Illustriertes Wiener Extrablatt. Hg. von Ottokar Franz Ebersberg / Franz Josef Singer. Wien: Ebersberg & Singer 1873
- Der Zwischen-Akt. Organ für Theater, Kunst und Musik. Hg. von Adolph Schirmer. Wien: Wallishauser 1868
Anna Geissler im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.
Weblinks
Referenzen
- ↑ Wilhelm Huschak: "Anna". Eine Namenstudie. In: Österreichisches Jahrbuch 24 (1900), S. 37–48, hier S. 43