Breitensee (Vorort)
Breitensee (14. Bezirk, Katastralgemeinde), Vorortgemeinde, 1890/1892 mit anderen Gemeinden zum 13. Bezirk (Hietzing) vereinigt (seit 15. Oktober 1938 Bestandteil des 14. Bezirks Penzing); am 7. August 1907 verlor die Katastralgemeinde Breitensee rund 30% ihrer Fläche an den damaligen 14. (heute 15.) beziehungsweise 16. Bezirk.
Um 1195 wird ein Ort "Prantensee" urkundlich erwähnt (Oberösterreichisches Urkundenbuch, Band 1, S. 693), 1309 ein "Praitten See" (Quellen zur Geschichte der Stadt Wien 1/3, S. 1); im 14. Jahrhundert sind die Nennungen der Ortschaft häufiger.
Der Name soll sich von kleinen Tümpeln (früher "Seen" genannt) ableiten, vielleicht auch nur von einem auf dem Dorfanger (zugeschüttet 1853). Breitensee bildete eine eigene Herrschaft, als deren erster Besitzer Ulreich Tumbritzer erwähnt wird, der 1415 an Hans Missindorfer verkaufte.
Die Türkenkriege und die Pest brachten den Ort in große Nöte.
Noch 1828 befand sich mitten im Ort ein tiefer Wassertümpel, der erst 1853 vollständig trockengelegt wurde. Die ehemalige Hauptstraße des Orts erhielt 1894 den Namen Breitenseer Straße. Nach der Siedlungsform handelt es sich um ein Linsenangerdorf (alter Ortskern zwischen Leyserstraße und Kendlerstraße).
Vor der Eingemeindung war Breitensee das Dorado der aus Wien "Abgeschafften", die mit Vorliebe diese Ortschaft als neuen Aufenthalt wählten.
In Breitensee standen seinerzeit auch bekannte Gasthöfe, darunter das "Kreuzwirtshaus" (abgerissen), der Gasthof "Zur alten Schmiede" (Ecke Kendlerstraße/Schanzstraße, noch bestehend) und der Gasthof "Zur Riesin" (der dem Bau der Pfarrkirche zum Opfer fiel).
Bis ins erste Viertel des 20. Jahrhunderts gab es in Breitensee umfangreiche Weingärten im Bereich des Ameisbaches. Einige Straßennamen erinnern noch heute daran.
Jahrzehntelang waren zwei Baulichkeiten für Breitensee ein Begriff: die Infanterie-Kadettenschule (mit eigenem Offizierswohngebäude und großem Park) und die Kavalleriekaserne (Garnisonsstandort des populären Dragonerregiments Numero 3).
Siegel
Der Vorort Breitensee führte ein Siegel, das auf einem Rasen den heiligen Laurentius als ganze Figur und nimbiert zeigt, in der Rechten ein rechteckiges Rost, in der Linken eine Palme. Umschrift: GEMEINDE · BREITENSEE.
Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Hietzing. Das Motiv ist heute Teil des Bezirkswappens Penzing.
Häuser
- 1463: 20
- 1496: 23
- 1558: 22
- 1590: 23
- 1713: 22
- 1739: 24
- 1751: 25
- 1787: 27
- 1794: 27
- 1822: 27
- 1830: 30
- 1851: 44
- 1869: 72
- 1880: 189
- 1890: 247
Einwohner
- 1760: 260
- 1782: 260
- 1794: 269
- 1830: 269
- 1846: 500
- 1851: 503
- 1857: 793
- 1869: 1.327
- 1880: 3.245
- 1890: 5.962
Häuserschematismen
Bürgermeister
- Josef Zöchbauer, 1797-1856 (letzter Ortsrichter, Bürgermeister bis 1851; siehe Zöchbauerstraße)
- Josef Baumann, Ziegelofenbesitzer (1851-1865)
- Johann Feil, Hutmacher (1866-1876; siehe Feilplatz)
- Johann Amort, Realitätenbesitzer, 1826-1903 (1877-1887; siehe Amortgasse)
- Ferdinand Amon, Gastwirt (1888-1891)
Weblinks
Literatur
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XV, Taf. I
- Gebiets- und Namensänderungen der Stadtgemeinden Österreichs seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Hg. von Wilhelm Rausch. Bearbeitet durch Hermann Rafetseder. Linz: Landesverlag 1989 (Forschungen zur Geschichte der Städte und Märkte Österreichs, 2), S. 314
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 347
- Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 46 f.
- Karl Koller: Breitensee um 1810. In: Penzinger Museumsblätter 8 (1965), S. 138 ff.
- Karl Koller: Die Ziegelöfen in Breitensee und Penzing. In: Penzinger Museumsblätter 33-34 (1973), S. 197-218
- Heinrich May: Breitensee in alter und neuer Zeit. Ein Heimatbuch des Bezirksteiles "Breitensee". Wien 13, Sampogasse 14: Selbstverlag 1933
- Robert Messner: Die Josefstadt im Vormärz. Historisch-Topographische Darstellung der westlichen Vorstädte (nördliche Hälfte) und westlichen Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1973 (Topographie von Alt-Wien, 3), S. 40, 97 f., 230 f., 270
- Felix Olegnik [Red.]: Historisch-statistische Übersichten von Wien. Wien: Magistrat der Stadt Wien 1956-1958. Band 1 (Naturverhältnisse, Gebiet, Bevölkerung, Gesundheits- und Wohlfahrtswesen), 1956 (Statistische Mitteilungen der Stadt Wien, Jg. 1956, Sonderheft 1), S. 25
- Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 29
- Penzinger Museumsblätter 10-11 (1966), S. 165 ff.
- Anton Scheiblin: Das vergessene Dorf. Zur Geschichte Breitensees. In: Penzinger Museumsblätter 9 (1966), S. 149 ff.
- Anton Scheiblin: Landschaft und Ortsname im Falle von Breitensee. In: Penzinger Museumsblätter 12 (1966), S. 205 ff.
- Hans Schinner: Breitensee. Vom Dorf zur Großstadtpfarre. In: Veröffentlichungen des kirchenhistorischen Instituts der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien 18 (1976), S. 196 ff. (Liste der Pfarrer)
- Else Spiesberger: Herrschafts- und Schloßbesitzer in Breitensee. In: Penzinger Museumsblätter 8 (1965), S. 129 ff.
- Hans Tietze: Die Denkmale der Stadt Wien (XI.-XXI. Bezirk). Wien: Schroll 1908 (Österreichische Kunsttopographie, 2), S. 58 f.
- Topographie von Niederösterreich. Band 2: A-E mit Reg. Wien: Verlag des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1879-1885 (Alphabetische Reihenfolge und Schilderung der Ortschaften in Niederösterreich, 1), S. 207 f.
- Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien 1964-1975. Band 1, 1964, S. 240