Broncia Koller-Pinell, * 23. Februar 1863 Sanok (Galizien), † 24. April 1934 Wien, Malerin.
Biographie
Broncia Koller-Pinell, als Bronislawa Pineles im ehemaligen Galizien geboren, stammte aus einer Familie des jüdischen Großbürgertums. Um 1870 übersiedelte sie mit ihren Eltern und Geschwistern nach Wien, wo ihr Vater, Saul Pineles, einen Betrieb zur Herstellung schwerer Textilien, wie beispielsweise Pferdedecken, gründete. Um 1880 wurde dieser Betrieb in das niederösterreichische Oberwaltersdorf verlegt, wo die Familie auch eine alte Mühle erwarb und Wohnräume adaptierte. Zu den Gästen, die in Oberwaltersdorf verkehrten, zählte ab 1884 auch Sigmund Freud.
Broncia Koller-Pinell studierte in Wien Malerei. Da ihr als Frau die reguläre Aufnahme an der Akademie verwehrt blieb, erhielt sie als Privatschülerin unter anderem von Alois Delug Unterricht. In den späten 1880er Jahren studierte sie in München bei Ludwig Heterich. Ihr Debüt als Malerin gab sie 1888 bei der Internationalen Kunstschau in Wien. Nach ihrer Rückkehr aus München stellte sie 1890 erstmals ihre Werke im Wiener Künstlerhaus aus.
Im April 1896 heiratete sie den studierten Mediziner Hugo Koller, der ihr künstlerisches Schaffen zeitlebens unterstützte. Nach der Eheschließung führten die beruflichen Tätigkeiten Hugo Kollers, der nicht als Arzt praktizierte, das Paar für einige Jahre nach Hallein und Nürnberg. In dieser Zeit kamen die beiden gemeinsamen Kinder, der spätere Kapellmeister und Dirigent Rupert Koller (1896 bis 1976) und die Malerin Silvia Koller (1898 bis 1966) auf die Welt. Um die Jahreswende 1902/1903 kehrte die Familie nach Wien zurück und bezog zunächst eine Wohnung im 6. Bezirk, in der Linken Wienzeile 6.
Zurück in Wien fand Broncia Koller-Pinell rasch Anschluss an die Wiener Moderne. Sie pflegte engen Kontakt zu den "Secessionisten", vor allem zu Gustav Klimt, Josef Hoffmann und Kolo Moser. Nach dem Bruch Klimts mit der Secession wurde sie Mitglied der Kunstschau-Gruppe und beteiligte sich an der Kunstschau Wien 1908. In Folge stellte sie regelmäßig aus und war auch international präsent, beispielsweise bei Schauen in Rom, Brüssel, Budapest oder München. Insgesamt nahm sie an mehr als 50 Ausstellungen teil. Zu ihren Werken zählten vor allem Stillleben, Porträts und Landschaften. Obwohl sie engen Kontakt zu Mitgliedern der Wiener Werkstätte pflegte, entwarf sie selbst keine Gebrauchsgegenstände.
Neben der Wohnung in Wien besaß die Familie ab 1904 das Gut in Oberwaltersdorf, welches Broncia Koller-Pinell nach dem Tod ihres Vaters mit ihrem Mann erworben hatte. Das Anwesen in Oberwaltersdorf diente als Atelier und entwickelte sich zu einem beliebten Treffpunkt für KünstlerInnen und Intellektuelle. Zweifelsohne war das Ehepaar Koller-Pinell bestens und auf vielfältige Weise in der Wiener Gesellschaft vernetzt. Sohn Rupert Koller war 1921 kurzzeitig mit Anna Mahler, der Tochter von Gustav und Alma Mahler verheiratet. Broncia Koller-Pinell pflegte unter anderem Kontakt zu den Frauenrechtlerinnen Marie Lang und Rosa Mayreder und war mit der Psychoanalytikerin und Schriftstellerin Lou Andreas-Salomé gut bekannt.
Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation war Broncia Koller-Pinell auf den Verkauf ihrer Bilder nicht angewiesen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es ihr der "familiäre Anstand" geradezu verbat, ihre Bilder gegen Geld anzubieten. Umgekehrt förderte sie jedoch gemeinsam mit ihrem Mann junge Künstler, wie beispielsweise Heinrich Schröder oder − entgegen anfänglicher Ressentiments − Egon Schiele.
Ihre eigenen Werke gelangten erst nach ihrem Tod im größeren Stil auf den Kunstmarkt, als ihr Sohn Rupert Koller, gegen Ende seines Lebens und in finanziellen Nöten, anfing, die Bilder seiner Mutter zu verkaufen.
Broncia Koller-Pinell starb im April 1934 in ihrer Wohnung im 4. Bezirk (Prinz-Eugen-Straße 12) und wurde am Döblinger Friedhof beerdigt.
1993 widmete ihr das Jüdische Museum Wien die Ausstellung "Broncia Koller Pinell. Eine Malerin im Glanz der Wiener Jahrhundertwende".
Die Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus enthält einzelne Stücke ihrer Briefkorrespondenz.
Quellen
Literatur
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 1717 f.
- Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Metroverlag 2008, S. 33, 64, 118
- Boris Manner [Hg.]: Bronica Koller. 1863−1934. Wien: Brandstätter 2006
- Tobias G. Natter: Broncia Koller Pinell. Eine Malerin im Glanz der Wiener Jahrhundertwende. Ausstellungskatalog. Jüdisches Museum, Wien 1993
- Albert Paris Gütersloh: Nachruf auf Broncia Koller. In: Wiener Zeitung, 29.04.1934, S. 7
- Wienbibliothek im Rathaus/Tagblattarchiv: Broncia Koller-Pinell [Sign.: TP-026296]
- Österreichisches Biographisches Lexikon: Koller, Bronislawa (Bronia) [Stand: 17.11.2017]