Brunner Brauhaus
48° 6' 20.71" N, 16° 17' 6.43" E zur Karte im Wien Kulturgut
Brunner Brauhaus (Leopold-Gattringer-Straße 60, Brunn am Gebirge, Niederösterreich).
Gründung
1729 erwarb Paul Mair, Braumeister vom Schellenhof, für 4.000 Gulden den dominikalen Seeauerhof in Brunn am Gebirge. Sein baldiger Tod verhinderte den wahrscheinlichen Bau einer ersten Brauerei. Sie wurde erst 1790 zum Unmut der Weinhauer „in bescheidenem Ausmaß“ im Kemeter- und Sauerhof (heute Gemeindebau Leopold-Gattringer-Straße 6) eingerichtet.
Umbau zum Industriebetrieb
Nach der Freigabe des Gewerbes begann 1816 ein "Herr Patek" hier eine moderne Brauerei nach englischem Vorbild einzurichten. Das kostete so viel Geld, so dass er mit Teilhabern den Betrieb in eine Kommanditgesellschaft mit dem Namen „Brunner Brau-Unternehmen“ umwandeln musste. Das Absatzgebiet dieser kleinen Brauerei dürfte anfangs nicht weit über Brunn und Maria Enzersdorf hinausgegangen sein. Ein Aufschwung kam erst, als die Südbahn 1841 eröffnet wurde. Um Geld für einen großzügigen Ausbau der Braustätte zu bekommen, wurde 1847 die „Brunner Brauhaus-Unternehmungs-Actiengesellschaft“ mit einem Grundkapital von 200.000 Gulden gegründet. 1872 fand eine Umbenennung in „Actiengesellschaft der Brunner Brauerei“ nach den neuen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen statt. Zuvor begannen unter der Leitung von Anton Paul Lechner die Ausbauarbeiten zu einer der größten Braustätten der Monarchie, bei der die Kühl- und Lagerkeller für eine Jahresproduktion von 200.000 Hektolitern ausgelegt wurden. Damit war die Brauerei der größte Industriebetrieb in Brunn.
Produktion
Die Produktion verdoppelte sich in der Zeit von 1863 bis 1873. Um 1880 wurden acht verschiedene Biersorten erzeugt, sie nannten sich Abzugbier, Lagerbier, Tafelbier, Kaiserbier, Bockbier, Greußenbier (Nachgärung), Kraftmalzbier und Mutterbier, später auch ein Kraft-Malz-Bräu und als besondere Attraktion ein Salvator-Bräu. Sehr beliebt war auch der „Bierrummel“, eine Art Oktoberfest, der in den weitläufigen Malztennen einmal im Jahr abgehalten wurde. In vielen Städten Niederösterreichs und Vororten bzw. Bezirken Wiens bestanden Bierdepots. Das Bier wurde auch mit der Eisenbahn nach Ungarn und die Slowakei gebracht. Es gab auch ein eigenes Anschlussgleis von der Südbahn zum Felsenkeller, wo sich das Eisdepot befand.
Fusionen und Einstellung
Der Wiener Bankverein, der seit 1872 die Aktienmehrheit hielt, übernahm 1885 das Mödlinger Brauhaus und 1907 die Währinger Brauerei, deren Besitzer Josef Wünsch einen Sitz im Brunner Verwaltungsrat bekam. Das Brunner Brauhaus überlebte zwar die schwierige Zeit des Ersten Weltkrieges und der Jahre danach, aber die Bankenkrise 1930 zwang den Bankverein die Aktienmehrheit an die Brau AG zu verkaufen, die kurz zuvor die Liesinger Brauerei erworben hatte und deshalb in Brunn den Braubetrieb sofort einstellte.
Damit war bis 1938 die Austria Brauerei in Wiener Neudorf von den sechs ehemals bestandenen Brauhäusern im Süden von Wien das einzige, das selbstständig überlebte. In Brunn wurden zwischen 1933 und 1959 sämtliche Gebäude abgebrochen. Auch der Brauhausteich, dessen Eis man im Winter für die Kühlung verwendete, wurde zugeschüttet. Einzig das Vesperkreuz – die einstige Brauhauskapelle - steht in der nähe des ehemaligen Teiches in der Vesperkreuzstraße.
Literatur
- Die Brunner Brauerei. Eine Dokumentation, Ausstellung im Brunner Heimathaus, Brunn am Gebirge: Verein "Brunner Heimathaus" 1978
- Alfred Paleczny / Christian M. Springer / Andreas Urban: Die Geschichte der Brauerei Schwechat. Von den Bierbaronen Dreher und Mautner Markhof in die Gegenwart. Böhlau Verlag: Wien 2021, S.261-266
- Günther Thömmes: Die Geschichte der Brunner Brauerei. 1790-1930. Brunn am Gebirge: Selbstverlag 2010