Burgbastei
48° 12' 22.28" N, 16° 21' 50.12" E zur Karte im Wien Kulturgut
Burgbastei (1), wichtigster Teil der frühneuzeitlichen Βefestigung der Hofburg am Areal des heutigen Heldenplatzes; Teil der Stadtbefestigung. Das Burgtor führte teilweise durch die ältere Burgbastei.
Spanierbastei
Die Erste Osmanische Belagerung 1529 ging für Wien glimpflich aus. Schwerpunkte der Kampfhandlungen lagen an der Ringmauer neben dem Kärntnertor und auch im Bereich des circa 1354 errichteten Turms neben dem Augustinerkloster. Als Konsequenz der Belagerung und wegen der anhaltenden Gefahr entschied man, vorgelagerte Bollwerke rund um die Stadt zu errichten.[1] 1531/1532 erfolgten die Arbeiten an der Bastei vor dem Widmertor (später "Spanier" genannt). Dafür mussten zuerst die Reste von Gebäuden der Vorstadt vor dem Widmertor beseitigt werden. Die Burgbastei war die erste polygonale, in diesem Fall fünfseitige Bastion italienischer Art nördlich der Alpen. Der Architekt ist nicht bekannt.[2] Eine sehr ähnliche Bastei wurde von 1538 bis 1545 neben der Burg zu Nürnberg errichtet.[3] Die jetzige Hofburgpassage neben der Ausfahrt zum Heldenplatz war früher der Aufgang auf diese Bastei.
Die Außenwände, die den Erdkörper dieser ersten, alten Burgbastei verkleideten, bestanden aus geböschten Ziegelmauerwerk. Innerhalb der Bastei waren Keller, hinter der Außenmauer verlief ein unterirdischer Gang. Teile der Bastei sind im Erdreich unterhalb des Heldenplatzes im Zwickel zwischen dem Zeremoniensaal und dem Leopoldinischen Trakt erhalten.[4] Dazu gehört die Außenmauer an der nach Nordwesten gerichteten Flanke, einschließlich einer Kanonenstellung, die später zu einem Ausgang umfunktioniert wurde.[5] Eine Vermessungszeichnung des 19. Jahrhunderts zeigt, dass rund die Hälfte der Basteimauer erhalten sein muss. Ein Keller im hinteren Basteibereich ist erhalten und begehbar. Ein zweiter Raum wurde zu einem Eiskeller umfunktioniert.
Eine endgültige und zufriedenstellende Lösung für die Burgbastei wurde allerdings lange Zeit nicht gefunden. 1568 machte Superintendent Thomas Eyseler (der Jüngere) Verbesserungsvorschläge, 1577 ist von Beratungen zu hören, 1596 wurden im Zuge einer Inspektion (man befürchtete einen neuen Zug der Türken gegen Wien) gravierende Mängel festgestellt. 1560 wurde für Festlichkeiten auf der Bastei temporär ein Tanzsaal errichtet. 1553–1556 entstand hinter der Bastei der Kindertrakt der Hofburg. 1582–1585 zum so genannten Sommerhaus Rudolfs II. umgebaut, wurde ihm im rechten Winkel 1587–1590 auf der Bastei der Basteitrakt angebaut.
Die zweite, große Burgbastei
Nachdem die Stadt Wien im Verlauf des Jahres 1619 im Zuge des Dreißigjährigen Krieges durch ständische Truppen bedroht worden war, entschloss sich Kaiser Ferdinand II. zu einem Ausbau der veralteten Befestigungen bei der Hofburg. Die diesbezüglichen Planungen müssen anhand eines mit 1621 datierten Planes zufolge demnach recht bald erfolgt sein und sind im Zusammenhang mit den umfangreichen Sanierungen an der Alten Burg zu betrachten. Die Bauarbeiten selbst begannen im Jahr 1622, indem man das Vorgelände umgestaltete und den rudolfinischen "Basteitrakt" 1624 demolierte. Die alte Burgbastei hingegen, durch welche mit dem Burgtor ein wichtiger Zugang zur Stadt bestand, blieb bestehen. Der Ausbau veränderte das Vorfeld der Hofburg nun dahingehend entscheidend, dass sich die neue Burgbastei mit den auf sie zulaufenden Kurtinen weiter stadtauswärts schob und somit die Verteidigungslinien von der Hofburg wegrückten. Dieses neu entstandene trapezförmige Areal sollte später unter anderem für die Errichtung des Leopoldinischen Traktes genutzt werden. Die Bautätigkeiten zogen sich jedoch jahrelang hin. 1631 erfolgte eine Planänderung durch den Festungsbaumeister Giovanni Pieroni, die ein flacheres Ansetzen der beiden Kurtinen vorsah, was auch tatsächlich grosso modo durchgeführt wurde. Diese Arbeiten waren ungefähr bis Herbst 1639 weitgehend abgeschlossen. Der Burgravelin dürfte ebenfalls um diese Zeit entstanden sein. Unter Kaiser Leopold I. erhielten schließlich die neue Burgbastei, die Kurtinen und der Burgravelin eine Ziegelverkleidung, was anhand von überlieferten Inschriften an Bastei und Burgtor in die Jahre 1659 und 1660 datiert werden kann. Seit damals ist für die alte Burgbastei der Name "Spanier" nachweisbar, die anlässlich der Errichtung des Leopoldinischen Traktes abermals verändert wurde und daher wegen ihrer verminderten Höhe keine Funktion als Kavalier (erhöhte Artillerieplattform) ausüben konnte. Die solcherart vorhandenen Befestigungswerke vor und bei der Hofburg wurden letztlich während der sogenannten Zweiten Türkenbelagerung Wiens von Juli bis September 1683 durch Artilleriebeschuss und dem Einsatz von Minen schwer beschädigt, sodass die Wiederinstandsetzung bis in die 1690er Jahre andauerte.[6]
1773 wurden Bäume auf der Burgbastei gepflanzt und so ein Garten angelegt, der bis zum Abbruch der Bastei bestand. 1809 sprengten die abrückenden Franzosen 1809 große Teile der Befestigungen vor der Hofburg. Die Beseitigung der Reste vor der Burg erfolgte von 1816 bis 1819 unter Erzherzog Johann, der Chef der Geniedirektion war (Abbruch des alten Burgtors 1818, Abtragung der Reste des "Spaniers" 1819). Dies ermöglichte die Anlage des Heldenplatzes.
Literatur
- Ferdinand Opll / Heike Krause / Christoph Sonnlechner: Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Wien: Böhlau 2017
- Mario Schwarz [Hg.]: Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfängen der Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015
- Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014
- Sibylle Grün: Zum Verhältnis der Wiener Burg zur Stadtbefestigung im 16. und 17. Jahrhundert. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 64/1-2 (2010), S. 53–62
- Paul Mitchell: Die Hofburg als Festung (13.–16. Jahrhundert). In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 64/1-2 (2010), S. 35–44
- Birgit Friedel / G. Ulrich Großmann: Die Kaiserpfalz Nürnberg. Regensburg: Schnell & Steiner ²2006 (Burgen, Schlösser und Wehrbauten in Mitteleuropa, 1)
- Walter Hummelberger: Die Befestigungen Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1974 (Wiener Geschichtsbücher, 14), S. 34 ff., 77 ff.
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 251 ff.
Einzelnachweise
- ↑ Ferdinand Opll / Heike Krause / Christoph Sonnlechner: Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Wien: Böhlau 2017, S. 150-156.
- ↑ Ferdinand Opll / Heike Krause / Christoph Sonnlechner: Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Wien: Böhlau 2017, S. 152-155
- ↑ Birgit Friedel / G. Ulrich Großmann: Die Kaiserpfalz Nürnberg. Regensburg: Schnell & Steiner ²2006 (Burgen, Schlösser und Wehrbauten in Mitteleuropa, 1), S. 60-62.
- ↑ Sibylle Grün: Zum Verhältnis der Wiener Burg zur Stadtbefestigung im 16. und 17. Jahrhundert. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 64/1-2 (2010), S. 53–62; Paul Mitchell: Die Hofburg als Festung (13.–16. Jahrhundert). In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 64/1-2 (2010), S. 35–44.
- ↑ Sibylle Grün: Zum Verhältnis der Wiener Burg zur Stadtbefestigung im 16. und 17. Jahrhundert. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 64/1-2 (2010), S. 53–62.
- ↑ Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014, S. 176-183.