David Grünschlag
David Grünschlag, * 14. März 1914 Drohobytsch (Österreich-Ungarn), † 22. Februar 1996 Philadelphia (USA), Violinist, Geigenlehrer.
Biografie
Musikalische Ausbildung in Wien und Berlin
David Grünschlag wurde am 3. März 1914 im galizischen Drohobytsch als ältestes Kind jüdisch-orthodoxer Eltern geboren. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs floh die Familie nach Wien, wo Davids jüngere Schwestern Toni (1916) und Rosi (1922) geboren wurden. In Wien besuchte David die Volksschule Sterneckplatz. Sein Vater Moritz (Moses), der als junger Mann Trompete studiert hatte, gab seinem Sohn mit fünf Jahren zunächst selbst Violinunterricht, dann vermittelten Nachbarn den talentierten David an Adolf Bak, der am Neuen Wiener Konservatorium unterrichtete. Bak ließ David täglich fünf Stunden in seiner Privatwohnung Geige üben, wo er ungestört war.
Als Wunderkind an der Violine bekam David bald finanzielle Unterstützung von Sponsoren. Einer von diesen machte Bronisław Huberman auf den Jungen aufmerksam. Mit 13 Jahren spielte David Huberman vor, der sich seiner musikalischen Ausbildung annahm. Huberman sorgte dafür, dass David bereits 1928, mit 14 Jahren, an der Berliner Hochschule für Musik studieren konnte, die Studenten üblicherweise erst ab 16 Jahren akzeptierte. Er studierte dort bei Willy Hess, der wie Huberman Schüler von Joseph Joachim gewesen war. In Berlin unglücklich, kam David nach zweieinhalb Jahren zurück nach Wien. Mit der Hilfe Adolf Baks wurde er sehr bekannt. Am 23. Februar 1933 gab er wie seine Schwester Toni sein in Kritiken enthusiastisch gelobtes Konzertdebüt im Mittleren Konzerthaussaal.
Aus den Plänen für Konzertreisen nach Deutschland konnte nach Hitlers Machtergreifung in Deutschland nichts werden. David blieb in Wien und studierte in Hubermans Meisterklasse an der Wiener Musikakademie. 1936 gründete Huberman das Palestine Symphony Orchestra und ermöglichte vielen jüdischen Musikern aus Europa die vollständig von ihm organisierte Emigration ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Auch David Grünschlag wurde Teil des Orchesters, obgleich ihm eine Stelle bei den Wiener Philharmonikern angeboten worden war, und reiste am 27. Oktober 1936 per Schiff von Triest nach Tel Aviv.
Leben im Exil
Moritz Grünschlag besuchte seinen Sohn ein Jahr später für einige Monate, konnte aber nach dem "Anschluss" nicht zurück nach Österreich. David konnte im November 1938 eine Einwanderungsgenehmigung für seine Mutter Cecilia (Zirl) bekommen, jedoch nicht für seine Schwestern. Rosi und Toni flohen 1939 über Großbritannien in die USA. Moritz und Cecilia Grünschlag folgten ihren Töchtern Ende 1939 nach New York.
David blieb die nächsten zwanzig Jahre in Palästina respektive Israel. Huberman machte ihn im Palestine Symphony Orchestra (später Israel Philharmonic Orchestra) zu einem von drei Konzertmeistern. An seine europäische Solokarriere konnte David allerdings trotz einiger Einzelauftritte in Israel nicht anknüpfen.
David Grünschlag heiratete Sara Bor, die Schwester zweier Orchesterkollegen. Das Paar bekam drei Kinder. Sohn Dov wohnte von 1956 an für drei Jahre bei seinen Tanten und seinem Großvater Grünschlag in den USA. 1959 nahm David auf Einladung Leonard Bernsteins an einer Europa-Konzerttour der New Yorker Philharmoniker teil. Im September desselben Jahres zog er mit dem Rest der Familie in die USA. Er wurde dort Mitglied des Philadelphia Orchestra und Geigenlehrer am Combs College of Music.
Seine Tochter Dorit interviewte David Grünschlag 1994 über sein Leben, das Interview ist teilweise im Film "It runs in the family" zu hören. Dorit und Rosi Grünschlag gaben Interviews für den Film "Orchestra of Exiles", der von Huberman und vom Palestine Symphony Orchestra handelt.
Ein gemeinsamer Nachlass von Rosi, Toni und David Grünschlag befindet sich in der Wienbibliothek im Rathaus, die 2015 eine Ausstellung über die Geschwister zeigte. In sechs Archivboxen und einer Großformatmappe finden sich unter anderem Briefe, Fotografien und andere Lebensdokumente der Geschwister. Der musikalische Nachlass umfasst vier Archivboxen und enthält überwiegend Violinliteratur, auch Klavier- und Kammermusik, in gedruckter Form.
Quellen
- Film von Dorit Straus / Lucas Groth: "It Runs in the Family. Our Musical History." (Ya Ya Ya...Vater Productions in Zusammenarbeit mit Thrice Cooked Chicken Films und Svee-Tart Productions 2013) [Stand: 10.11.2024]
- Wienbibliothek im Rathaus: Musikalischer Nachlass Geschwister Grünschlag
- Wienbibliothek im Rathaus: Nachlass Geschwister Grünschlag
Literatur
- Katharina Hohnsbehn: David Grunschlag. In: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit. Hg. von Claudia Maurer Zenck / Peter Petersen. Hamburg: Universität Hamburg, 2009 [Stand: 10.11.2024]
- Abaigh McKee: The Grunschlag Family – David, Toni and Rosi [Stand: 10.11.2024]
David Grünschlag im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus