Eduard Steuermann
Eduard Steuermann, * 18. Juni 1892 Sambor, Galizien (heute: Sambir, Ukraine), † 11. November 1964 New York, Pianist, Komponist.
Biografie
Eduard Steuermann war der Sohn des Rechtsanwaltes und Bürgermeisters von Sambor Joseph Steuermann und Auguste, geborene Amstel. Seine Schwester Salomea Sara war die spätere Schauspielerin und Drehbuchautorin Salka Viertel, Frau des Schriftstellers und Regisseurs Berthold Viertel. Sein Bruder, der polnische Fußball-Nationalspieler Zygmunt Steuermann starb als Opfer des Holocaust. Die jüngste Schwester Rosa (Ruzia) war mit dem Regisseur und Schauspieler Josef Gielen verheiratet.
Nach erstem Klavierunterricht bei seiner Mutter studierte er das Instrument bei Vilém Kurz in Lemberg und Ferruccio Busoni in Basel und Berlin. Bei Engelbert Humperdinck und ab 1912 bei Arnold Schönberg erhielt er Kompositionsunterricht. Der Begründer der Zwölftonmusik wurde zur zentralen künstlerischen Bezugsperson Steuermanns, der die meisten Klavierwerke Schönbergs uraufführte.
Nach dem Ersten Weltkrieg zog er nach Wien, wo er unter anderem 1918 bis 1921 als Pianist im "Verein für musikalische Privataufführungen" wirkte. Neben Werken der Wiener Moderne spielte er auch französische und russische Stücke. Er trat zeitweise auch als Konzertbegleitung von Karl Kraus bei dessen Shakespeare-Rezitationsabenden auf. Mit dem Violonisten Fritz Rothschild und dem Cellisten Joachim Stutschewsky bildete er ab 1923 ein Klaviertrio. Mit den zeitgenössischen Komponisten Alban Berg und Anton von Webern stand er in freundschaftlichen Kontakt und arbeitete mit ihnen zusammen.
Daneben war Steuermann als Klavierlehrer tätig und unterrichtete unter anderem Theodor Wiesengrund Adorno und Georg Knepler, der seinerseits Klavierbegleiter von Kraus wurde. Nachdem 1929 in der Wiener Arbeiterzeitung eine hämische Kritik des Musikkritikers Paul Amadeus Pisk an Kraus' Offenbach-Vorlesungen und Kneplers Klavierspiel erschienen war, wandte sich Steuermann (auch im Namen von Alban Berg und Rudolf Kolisch) brieflich an Karl Kraus, um den "Zauber [seines] Musizierens"[1] zu betonen. Außerdem muss er Knepler als Musiker bei Kraus in Schutz genommen haben (– und dass "Eduard Steuermann nicht der Mann war, jemanden nur deshalb positiv zu beurteilen, weil er sein Schüler war, muß gesagt werden"[2]). 1934 trat Steuermann bei der Feier zum 60. Geburtstag von Karl Kraus als Pianist auf.
1936 emigrierte der Musiker angesichts des in Europa wachsenden Antisemitismus nach Kalifornien, wo seine Schwester Salka bereits lebte. Später ließ er sich in New York nieder, wo er an der New School for Social Research lehrte und Konzerte veranstaltete. Ab 1948 lehrte er Klavier am Philadelphia Conservatory of Music und der Philadelphia Musical Academy. Von 1951 bis zu seinem Tod fungierte er als Professor für Klavier an der Juilliard School in New York. Bei seinen Konzerten etablierte er sich als Schönberg- und Beethoven-Interpret. In den 1950er-Jahren veranstaltete er regelmäßig Meisterkurse in Europa, unter anderem am Mozarteum Salzburg und bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt. 1955 besuchte er auf Einladung seines Neffen Michael Gielen noch einmal Wien.
Neben seiner Tätigkeit als Interpret und Klavierpädagoge trat er auch mit eigenständigen (von Schönberg beeinflussten) Kompositionen (Instrumentalmusik, Kammermusik) und als Musikessayist in Erscheinung. Er starb 1964 an Leukämie.
Literatur
- Neue deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 25. Berlin: Duncker & Humblot 2013, S. 310 f.
- Kraus-Hefte 52 (1989)
- Georg Knepler: Karl Kraus liest Offenbach. Erinnerungen – Kommentare – Dokumentationen. Wien: Löcker Verlag 1984
- Eduard Steuermann in Wien. In: Die Presse, 28.08.1955, S. 8
Eduard Steuermann im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.
Weblinks
- Wikipedia: Eduard Steuermann [Stand: 27.03.2024]
- Oesterreichisches Musiklexikon online: Steuermann, Eduard [Stand: 27.03.2024]
- MGG Online: Steuermann, Eduard [Stand: 27.03.2024]
Einzelnachweise
- ↑ Die Fackel Nr. 811, S. 91–93
- ↑ Georg Knepler: Karl Kraus liest Offenbach. Erinnerungen – Kommentare – Dokumentationen. Wien: Löcker Verlag 1984, S. 223