Inschriften gibt es seit der Antike (Wörter und Ziffern, die auf Bauwerken, Denkmälern, Grabsteinen, Gemälden, Münzen, Medaillen und dergleichen angebracht werden und hauptsächlich der Überlieferung von Namen und Daten dienen). Aus Inschriften erfährt man unter anderem Beginn beziehungsweise Vollendung eines Werks, den Anlass der Herstellung, Namen, Beruf und Todestag Verstorbener, Namen von Stiftern und Künstlern, von Regenten und verantwortlichen Beamten, Zeitpunkte von Prägungen und so weiter.
Da Inschriften eine wichtige Geschichtsquelle sind, ist ihrer Erfassung und Auswertung ein besonderer Forschungszweig, die Epigraphik, gewidmet. Die Wandlung der Schriftzeichen, Zahlen und Abkürzungen im Laufe der Jahrhunderte ist Gegenstand eines anderen Forschungszweigs, der Paläographie.
In Wien erwachte das Interesse an Inschriften im 16. Jahrhundert; Wolfgang Lazius, Hermes Schallautzer und Hieronymus Beck von Leopoldsdorf sammelten römische Grabsteine und publizierten deren Inschriften Im Codex Trautsonianus, einem anonymen, 1630 abgeschlossenen Sammelwerk, sind mehr als 1.000 Inschriften von Grabsteinen in Wiener Kirchen und Klöstern, vereinzelt auch an Bürgerhäusern, überliefert. Wiener Inschriftensammler aus späterer Zeit waren Johannes Matthias Testarello della Massa (ungedruckte Wiener Kirchengeschichte von 1685), Leopold Fischer (Brevis notitia urbis Vindobonae, Wien ²1667-1675), Xystus Schier (1727-1772), Franz von Smitmer (1740-1796), Matthias Fuhrmann (1697-1773) und Alois Groppenberger von Bergenstamm (1754-1821); speziell mit Inschriften auf Habsburgergräbern befasste sich Marquard Herrgott (1694-1762), die Inschrift des Stephansdoms publizierte 1779 Joseph Ogesser. Auf Veranlassung von Ignaz Graf Fuchs kopierte Gebhard Gartenschmied um 1811 in einem Siebenbändiges Werk (heute in der Szechenyi-Bibliothek, Budapest) eine Vielzahl von Wiener Grabsteinen samt Inschriften (Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien. Band 22. Wien: Gerold 1883, S. 88 ff.). Auch in den Publikationen von Karl Lind (1831-1901) sind zahlreiche Wiener Inschriften wiedergegeben.
Eine modernen wissenschftliche Ansprüchen genügende Erfassung und Bearbeitung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des deutschen Sprachraums wurde 1934 mit der Gründung des „Inschriftenausschusses des Verbandes der deutschen Akademien" und 1937 mit der Errichtung (beziehungsweise 1950 Reaktivierung) der „Kommission für die Herausgeber der Inschriften des deutschen Mittelalters" an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften eingeleitet. In enger Zusammenarbeit wurden einheitliche Editionsrichtlinien erarbeitet. Für die Edition gilt im allgemeinen das Jahr 1650 als Zeitgrenze, für die fotografische Aufnahme das Jahr 1800. In Österreich sind bisher die Bände Burgenland. (1953), Niederösterreich (Bezirke Amstetten und Scheibbs, 1966) und Kärnten (Bezirke Spittal/Drau und Hermagor, 1982) erschienen; bearbeitet werden unter anderem die Inschriften des Stephansdoms (mit 1683 als Zeitgrenze und Einbeziehung der zahlreichen nur mehr abschriftlich überlieferten Inschriften). Vergleiche Gedenktafeln.
Eine besondere Form von Inschriften stellen Graffiti dar.
Literatur
- Karl Janecek: Lateinische Inschriften an Bauwerken und Denkmälern Wiens. Horn: Berger in Komm. 1956
- Walter Koch: 50 Jahre Deutsches Inschriftenwerk (1934-1984. Das Unternehmen der Akademien und die epigraphische Forschung. In: Karl Stackmann [Hg.]: Deutsche Inschriften. Vorträge und Berichte. Fachtagung für Mittelalterliche und Neuzeitlich Epigraphik Lüneburg 1984. Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht 1986 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, Folge 3, Nr. 151), S. 15-45
- Renate Kohn: Wiener Inschriftensammler vom 17. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert. Wien: Deuticke 1998 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 32)