Erzbischöfliches Palais
48° 12' 33.56" N, 16° 22' 23.82" E zur Karte im Wien Kulturgut
1., Rotenturmstraße 2, (Konskriptionsnummer Stadt 869), identisch mit Stephansplatz 7 und Wollzeile 2.
Die Residenz der Wiener Bischöfe (und späteren Erzbischöfe) wurde unter Bischof Anton Wolfrath († 1639) und seinem Nachfolger Philipp Graf Breuner 1632-1641 nach einem Entwurf von Giovanni Coccopani nach dem Vorbild eines monumentalen manieristischen Stadtpalastes erbaut.
Vom Pfarrhof zum Bischofshof
Der Trakt gegen den Stephansplatz ist ab 1222 als Pfarrhof von St. Stephan nachweisbar. 1267 wurde er durch Pfarrer Gerhard von Siebenbürgen neu erbaut). Er erhielt später den Namen Propsthof beziehungsweise nach der Erhebung der Propstei zum Bistum (1469) den Namen Bischofshof (1475).
Vom Bischofshof zum Erzbischöflichen Palais
1627 wurde der Pfarrhof durch den Stadtbrand zerstört, jedoch im Zuge der Errichtung des neuen Bischofshofs wieder aufgebaut. Ferdinand II. unterstützte den Bau durch eine Spende von 100.000 Reichstalern. Ein Wehrturm, der bis 1640 an der Ecke gegen die Wollzeile stand, wurde demoliert und sein Areal ebenfalls für das Gebäude des Bischofshofs verwendet. 1641 entstand im Hof der Bibliothekstrakt. Die kleine Andreaskapelle wurde 1638 umgebaut und zusätzlich zum ursprünglichen Patrozinium des heiligen Achatius nun auch dem heiligen Andreas geweiht. Seit der Ernennung von Sigismund Kollonitsch zum Fürsterzbischof (1723) wird der Bischofshof "Erzbischöfliches Palais" genannt.
Unter Bischof Breuner wurde die Fassade des zum Palais ausgestalteten Gebäudes vollendet. Die Stuckdekoration der Fassade wurde bereits 1716 hergestellt. 1869 erhielt die ebenerdige Fassade eine moderne Form (die Parterreräume gegen den Dom wurden zu Verkaufsläden umgestaltet). Auch das oberste Stockwerk wurde im 19. Jahrhundert aufgesetzt. Die Wirkung der hofseitigen Fassade ist durch die Vermauerung der Arkaden des Bibliotheksflügels beeinträchtigt. Im Inneren sind das Treppenhaus mit seiner barocken Steinbalustrade und einzelne Säle beachtenswert.
Am 8. Oktober 1938 stürmte nach der "Christus-ist-unser-König"-Predigt Kardinal Innitzers die Hitlerjugend das Erzbischöfliche Palais. Dabei wurde der Pfarrer Johannes Krawarik verletzt (Namensgeber der Johannes-Krawarik-Gasse).
In mehreren Sälen befand sich bis 1973 das Dom- und Diözesanmuseum (heute 1., Stephansplatz 6, in der ehemaligen Wohnung des Pfarrers, die zuletzt von Kardinal Innitzer benutzt wurde).
Ehemalige Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses
- Apotheke "Zum schwarzen Bären" (vor 1425–mindestens 1499)
- Apotheke "Zum goldenen Löwen" (1594–1604)
- Wollhandlung Helly
- Wiener Städtische Versicherungsgesellschaft
Bilder
Quellen
Literatur
- Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 128
- Margarete Girardi: Wiener Höfe einst und jetzt. Wien: Müller 1947 (Beiträge zur Geschichte, Kultur- und Kunstgeschichte der Stadt Wien, 4), S. 33 ff.
- Walter Goldinger: Der Sturm auf das Wiener Erzbischöfliche Palais 1938. In Geschichte und Gegenwart 8 (1989), Heft 1
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 320
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 3, 2. Teil. Wien ²1954 (Manuskript im WStLA), S. 428 ff.
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 4, 1. Teil. Wien ²1954 (Manuskript im WStLA), S. 3
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Band 1. Cosenza: Brenner 1967, S. 85
- Kopallik: Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien. Band 1. 1896, S.192
- Kopallik: Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien. Band 2. 1896, Register
- Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 73
- Schlager: Altertümliche Überlieferungen von Wien. 1844, S. 50 ff.