Gert Voss
Gert Voss, * 10.Oktober 1941 Shanghai, † 13. Juli 2014 Wien, Schauspieler.
Biografie
Gert Voss wuchs in Shanghai und am Bodensee auf, studierte nach dem Abitur in Tübingen und München und nahm dort auch Schauspielunterricht von 1964–66. Voss’ erstes Bühnenengagement war in Konstanz, wo er als Marchbanks in Shaws "Candida" debütierte. Später ging er ans Theater Braunschweig (Amphitrion in Hacks "Amphitrion" und Faust in Goethes "Urfaust") und ans Münchner Residenztheater (John in Christopher Hamptons "Menschenfreund" und Demetrius in Shakespeares "Sommernachtstraum"). 1972 wechselte Voss an das Württembergische Staatstheater in Stuttgart und spielte unter anderem Melchior in Wedekinds "Frühlingserwachen" (1974), Karl Moor in Schillers "Die Räuber" (1975), Woyzeck in Büchners "Woyzeck" (1976), Puck in Shakespeares "Sommernachtstraum" (1977), Tartuffe in Molières "Tartuffe" (1978), Dorfrichter Adam in Kleists "Der zerbrochene Krug" (1979) und Angelo in Shakespeares "Maß für Maß" (1979).
1979 ging Voss mit Claus Peymann nach Bochum. Er spielte dort unter anderem den Saladin in Lessings "Nathan der Weise" (1981), Firs in Tschechows "Kirschgarten" (1981), Agnelli und Antonio in Dario Fos "Hohn der Angst" (1981), Hermann in Kleists "Hermannsschlacht" (1982), Camillo in Shakespeares "Wintermärchen" (1983), Frank in Lars Norens "Dämonen" (1984).
1983 gastierte Voss in Köln (Gajew in Tschechows "Kirschgarten“), 1985 in Hamburg am Deutschen Schauspielhaus (Ferdinand in Websters "Herzogin von Malfi"), 1985/1986 am Staatstheater Stuttgart (Platonov in Michael Frayns "Wilder Honig").
1986 ging Voss mit Claus Peymann an das Wiener Burgtheater, dessen Ensemble er, abgesehen von einem Intermezzo in Berlin 1994-1996, 26 Jahre lang angehörte. Im Sommer 1986 spielte er bei den Salzburger Festspielen und danach in Wien in der Inszenierung von Claus Peymann den Ludwig in Bernhards "Ritter Dene Voss", Richard in Shakespeares "Richard III." (1987), Prospero in Shakespeares "Der Sturm" (1988). In der Regie von Peter Zadek gab Voss 1988 den Shylock in Shakespeares "Kaufmann von Venedig", 1989 den Gessler in Schillers "Wilhelm Tell" (Regie: Peymann), 1990 die Titelrolle in Shakespeares "Othello" (Regie: George Tabori) und die Titelrolle in Tschechows "Ivanow" (Regie: Peter Zadek), 1991 den Mr. Jay in George Taboris "Goldbergvariationen", 1992 die Titelrolle in Shakespeares "Macbeth" (Regie: Peymann) sowie 1993 Zucker in Taboris "Requiem für einen Spion". 1992 war Voss als Marc Anton in Shakespeares "Julius Caesar" in Salzburg (Regie: Peter Stein) und vier Jahre lang (von 1995 bis 1998) in Hofmannsthals "Jedermann" zu sehen.
Für eine Spielzeit (1993/94) ging Voss ans Berliner Ensemble und spielte dort den Antonius in Shakespeares "Antonius und Kleopatra" und Shylock in Shakespeares "Kaufmann von Venedig", beide in der Regie von [Peter Zadek|Zadek]]. An der Berliner Schaubühne übernahm er 1995/96 unter der Regie von Luc Bondy die Titelrolle in Guitrys "Der Illusionist". In Edinburgh sah man ihn 1994/95 als Marc Anton in "Julius Caesar", als Antonius, als Shylock, als Illusionist und als Trigorin in Tschechows "Die Möwe" ; er wurde dort von der "Times" zum besten Schauspieler Europas gekürt.
1996 folgten am Wiener Burgtheater der Morgenstern in Taboris "Ballade vom Wiener Schnitzel", 1997 Pablo Vega in Handkes "Zurüstungen für die Unsterblichkeit", im selben Jahr die Uraufführung von Peter Turrinis Monolog "Endlich Schluss" (beide in der Regie von Peymann). Bei den Wiener Festwochen 1998, wieder in der Regie von Luc Bondy, spielte Voss den Figaro in Horvàths "Figaro lässt sich scheiden", danach folgte 1999 Krapp in Becketts Einakter "Das letzte Band" am Wiener Theater in der Josefstadt und am Wiener Burgtheater.
Unter der Intendanz von Klaus Bachler inszenierte und spielte Gert Voss "Das letzte Band" (2000), "Die Zofen" von Jean Genet (2000/01) und "Die Sunshine Boys" in der Fassung seiner Frau, der Dramaturgin Ursula Voss. 2000 war er in der Bondy-Inszenierung von Tschechows "Möwe" als Trigorin und in der Zadek-Inszenierung von Ibsens "Rosmersholm" als Rosmer zu sehen; 2001 verkörperte Voss die Titelrolle Barrabas in der Zadek-Inszenierung von Marlowes "Jude von Malta"; 2002 den Herrenstein in Thomas Bernhards "Elisabeth II." (Regie: Thomas Langhoff); 2004 die Titelrolle in Ibsens "Baumeister Solness" (Regie: Thomas Ostermeier). 2007 spielte er die Titelrolle in Shakespeares "König Lear" (Regie: Bondy) sowie in Schillers "Wallenstein" (Regie: Thomas Langhoff). In Matthias Hartmanns Eröffnungspremiere von Goethes "Faust" (2009) am Burgtheater gab er den Mephistopheles.
Im Februar 2011 reüssierte Voss in Thomas Bernhards "Einfach kompliziert" (Regie: Peymann, Koproduktion zwischen Burgtheater und Berliner Ensemble) als alternder Schauspieler. Bei den Salzburger Festspielen 2011 war er in Shakespeares "Maß für Maß" (Regie: Thomas Ostermeier) als Herzog zu sehen. 2009 wurde Voss Ehrenmitglied des Burgtheaters, 2011 erhielt er den Deutschen Hörspielpreis für den "Briefwechsel" von Thomas Bernhard und Siegfried Unseld. Für den Film "Scheitern, scheitern, besser scheitern" (von André Heller), 2010) erhielt Voss die Romy 2011.
Nach kurzer Krankheit verstarb er am 13. Juli 2014.
Literatur
- Klaus Dermutz: Die Verwandlungen des Gert Voss. Salzburg: Residenz 2001
- Bernd Sucher: Theaterlexikon. München: dtv 1995
- Gert Voss: Ich bin kein Papagei. Wien: Styria, 2011
- Ursula Voss: Gert Voss auf der Bühne. Berlin: Akademie der Künste 2014