Stock-im-Eisen-Platz 4: 1, Stock-im-Eisen-Platz 4 (Alte Adresse: Stock-im-Eisen-Platz 6, Stock-im-Eisen-Platz 7; Konskriptionsnummer 623, 624, 625) Das Haus steht an der Stelle dreier Häuser, welche die Konskriptionsnummern 623, 624 und 625 getragen haben.
Vorgängerbauten
Haus Stadt 623
Stadt 623 beherbergte die alte Badestube am Roßmarkt, die erstmals im Jahr 1370 unter Dietrich dem Bader und seiner Frau Margarethe erwähnt wird. Die Badestube am Rossmarkt gehörte zu den bekanntesten Badestuben des alten Wien. Die seit 1292 urkundlich nachgewiesenen, aber wohl schon früher bestandenen Badestuben vermehrten sich rasch, als die Krankheit des Aussatzes überhand nahm und man glaubte, dem grässlichen Übel durch das Baden einen wirksamen Damm entgegen zu setzen. Wichtige Innhaber des Bades waren unter anderen der Stadtrichter (1446-1448) und spätere Bürgermeister (1449) von Wien Jorgen der Schuchler. Auch der kaisertreue Stadtrichter Sebastian Ziegelhauser war Besitzer, da dieser bei der Verschwörung (Die Verschwörung im Spiegelhaus) des Bürgermeister Wolfgang Holzer beteiligt war, wurde er am 15. April 1463 auf dem Platz am Hof enthauptet und seine Kinder erbten das Gebäude. Nach dem Tod des Besitzers Sebastian Khnol (Bader und Wundarzt) und dessen Gattin dürfte die Badegerichtigkeit nicht mehr ausgeübt worden sein.
1865 erwarb die Gemeinde Wien das Haus und ließ es im folgenden Jahr 1866 abbrechen.
Haus Stadt 624
Erstmals genannt wird das Haus Stadt 624 im Jahre 1369. 1457 kam es in den Besitz des Ratsherrn Sebastian Ziegelhauser, der im folgenden Jahr auch das Nachbarhaus Stadt 623 erwarb (siehe oben). 1563 erwarb es Christian Flaschner, der möglicherweise als Urheber des späteren Hausschildnamens "Zur blauen Flasche" gelten darf.
Das Haus, das in der Lokalgeschichte Wiens immerhin eine gewisse Rolle spielt, war mit seiner Vorderfront auf den alten Rossmarkt (Stock-im-Eisen-Platz) hinaus sehr schmal, hatte aber dafür eine umso größere Tiefe und reichte mit seinem rückwärtigem Trakt bis zum Schlossergassl. In diesem befand sich nach der Überlieferung der Kaffeeschank Kolschitzys, des ersten Wiener Kaffeesieders. Franz Georg Kolschitzky hatte sich als Kundschafter zur Zeit der zweiten Belagerung Wiens durch die Osmanen im Jahr 1683 sicherlich Verdienste erworben, doch wurden diese übermäßig aufgebauscht, denn er war ein gewaltiger "Maulheld", der in fast moderner Weise für sich Reklame zu machen Verstand. Er gewann einen Relationsschreiber zur Aufzeichnung seiner Abenteuer und ließ diesen Bericht in Druck erscheinen, der große Verbreitung fand.
Im selben Haus, das ab 1700 das Schild "Zur blauen Flasche“ trug, befand sich um 1800 eine "Speiseanstalt", in der (nach Johann Pezzl: Beschreibung von Wien, S.361) binnen drei Stunden an die 350 Personen, allerdings unter primitiven Bedingungen, ein Mittagsmahl zu billigem Preis verabreicht werden konnte.
Die Häuser Stadt 623 und 624 wurden in den 1860er Jahren abgebrochen.
Haus Stadt 625 (alte Adresse 1, Stock-im-Eisen-Platz 7)
Das Gebäude bildet eine Ecke zur Goldschmiedgasse und wurde ehemals "Zum roten Hahn“ später um 1700 "Zur goldenen Rose“ benannt“. 1387 befand sich bereits eine Apotheke in dem Haus, welche im selben Jahr von Mathes dem Guten (auch Bonus genannt), dem Apotheker des Herzog Albrecht, bewirtschaftet wurde. 1422 erbte Mert Scherper das Haus, in das er 1434 einen "Kram“ (Verkaufsladen) einbauen lies. Eine weitere Erbin des Hauses (eigentlich eines Teil des Hauses) war Barbara Hutstocker, geborene Prantstetter, die Gemahlin des Rats und Pruckmeisters Johann Hutstocker. An diesen erinnert die (leider stark beschädigte) Hutstocker Kreuztragung an der nördlichen Aussenwand des Stephansdomes nächst dem Eingang zur Herzogsgruft. An der Rückwand des Reliefs (beim Stadttor) ist ein Medaillon mit dem Wappen Hutstockers und seiner Gattin. Nach dem Tod des Ehepaares Hutstocker erbten es die Geschwister der Frau Hutstocker, Georg Pranstetter (Stadtrichter und Bürgermeister von Wien) und Ursula Schwarczntaler. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel kaufte es der niederösterreichische Regimentsrat und Landschreiber Franz Anton Quarient, der zu den angesehensten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Stadt Wien gehörte.
1797 wurde Johann Nepomuk Wildauer Eigentümer des Hauses, das er von Grund auf neu erbaute, wodurch die Goldschmiedgasse von dieser Seite etwas erweitert wurde. 1865 erwarb das Haus die Gemeinde.
Der Umbau des Hauses erfolgte gleichzeitig mit dem des Nachbarhauses in den Jahren 1865 bis 1867. Im Häuserkataster vom Jahr 1869 ist das Haus noch als "demoliert“ ausgewiesen, während in jenem von 1875 als Erbauungsjahr des neuen Hauses 1867 angegeben ist. 1934 erwarb es die Städtische Versicherungsanstalt (Gemeinde Wien). Im Jahr 1949 änderte sie ihren Namen in "Wiener wechselseitige Versicherungs Gesellschaft" und verkauften das Haus ein Monat später der A.G. der Teppich- und Möbelstofffabriken, vormals Philipp Haas und Söhne. Auch von diesem Haus war nach der Katastrophe vom April 1945 nur ein Schutt- und Trümmerhaufen übrig.
Haashaus
Erstes Haashaus (1866-1945)
Zur Regulierung des Grabens und des Stock-im-Eisen-Platzes wurden die beiden Vorgängerbauten Stadt 623 und 624 abgerissen. Unter Berücksichtigung der neuen Baulinie entstand auf den frei gewordenen Gründen in den Jahren 1865 bis 1867 nach Plänen von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll (den beiden Erbauern der Staatsoper) das Teppichhaus Haas (benannt nach dem Gründer der weltbekannten Firma Philipp Haas, das erste Warenhaus in Wien, das ein ganzes Gebäude für sich beanspruchte. Die Bauausführung übernahm Baumeister Wasserburger.
Das palaisartige Gebäude wurde im Stil des französischen Barock erbaut, mit einem prachtvollen nach Entwürfen des Architekten Rumpelmayer ausgeführten Portal. Der Kostenaufwand für das Gebäude betrug 1,050.00 Gulden.
Am 11. April 1945 brannte das Haus vollständig aus. Dach und Zwischenböden stürzten ein und von dem prächtigen Gebäude blieben nur noch die nackten Mauern und ein Gewirr verborgener Eisentraversen übrig. Die Hausruine wurde danach abgetragen.
Zweites Haashaus (1951-1986)
1951-1953 wurde nach Plänen von Max Fellerer und Carl Appel ein Neubau mit einfacher Fassade errichtet, der 1986 nach langen Diskussionen und trotz verschiedener Protestaktionen abgebrochen wurde, weil die Nutzungsmöglichkeiten nicht mehr optimal waren.
Drittes Haashaus (seit 1987)
1987-1990 erfolgte nach Plänen von Hans Hollein im Auftrag der Eigentümer (Zentralsparkasse und Kommerzialbank AG sowie Wiener Städtische Wechselseitige Versicherung) ein Neubau, gegen den eine Bürgerinitiative längere Zeit heftig opponierte (Grundsteinlegung Herbst 1987, Gleichenfeier 2. September 1988, Eröffnung 15. September 1990).
Hollein gestaltete auch den Platz vor dem Gebäude (Pflasterung, Beleuchtung, Sitzbänke). Im Haashaus wurden 18 Geschäfte und ein Café-Restaurant untergebracht. Ein Lift führt zur U-Bahn-Station Stephansplatz hinab. 2001 wurde das Haus im Inneren grundlegend verändert und zum Teil neu besiedelt (spanisches Modehaus Zara); der Gastronomiebetrieb Do & Co blieb im Gebäude.
Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre
Haus Stadt: 623:
- Badestube am Rossmarkt (1370-1679)
- Alte Feldapotheke (1834–1866)
Haus Stadt 624 = ab 1700: Zur blauen Flasche
- möglicherweise Kaffeeschank Kolschitzys (erster Kaffeesieder Wiens)
- Speiseanstalt
aus Stadt 625 (alte Adresse 1, Stock-im-Eisen-Platz 7)
- Apotheke (ab 1387)
- Verkaufsladen (ab 1434)
- Teppich- und Möbelstofffabrik (Vormals Phillipp Haas und Söhne 1949)
Erstes Haashaus
- Warenhaus
Zweites Haashaus
- Warenhaus
Drittes Haashaus
- Warenhaus
Quellen
Literatur
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 1. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 29-39
- Johann Pezzl: Beschreibung von Wien. 1806, S. 361 f.
1. Haashaus:
- Alt-Wien. Monatsschrift für Wiener Art und Sprache. Wien: Raimann & Godina 1891 - lfd., 4 (1895), S. 37 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Nebst Quellen- und Literaturhinweisen. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Wien: Touristik-Verlag, ab Band 2 Jugend & Volk 1947-58, 3, S. 347
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 1. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 29-39
- Andreas Lehne, Wiener Warenhäuser 1865-1914, 1990, S. 124 ff.
- Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 479
- Vogls Volkskalender (1868), S. 220 f.
- Renate Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19. Jahrhundert. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1970, S. 153 (Grundriss), S. 211
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, 8/1, S. 195 ff.
2. Haashaus:
- Der Bau 4 (1960)
- Die Presse, 09.05.1982
- Neue Arbeiterzeitung, 31.01.1986
3. Haashaus:
- Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990 Adamek, S. 71 ff.
- Neue Arbeiterzeitung, 31.01.1986
- Perspektiven 8 (1990)
- Harald Sterk: Ein Fest der Widersprüche, 1990
- Harald Sterk: Bauen in Wien, S. 143