Hans Asperger
Hans Asperger, * 18. Februar 1906 Wien, † 21. Oktober 1980 Wien, Kinderarzt, Heilpädagoge.
Biografie
Als Johann Friedrich Karl Asperger 1906 geboren, war Hans Asperger nach dem Studium an der Universität Wien (Dr. med. univ. 1931) ab 1931 Assistent an der Universitären-Kinderklinik unter Franz Hamburger und 1932 Mitarbeiter an der 1911 von Clemens von Pirquet als erster klinischer kinderpsychiatrischer Forschungs- und Therapiestätte begründeten Heilpädagogischen Station dieser Klinik. 1935 übernahm er als Nachfolger von Erwin Lazar deren Leitung, 1943 habilitierte er sich an der Universität Wien mit der Studie „Die autistischen Psychopathien im Kindesalter" für Kinderheilkunde. Aspergers zweiter Forschungsschwerpunkt (zugleich Thema der Habilitationsvorlesung) galt den postenzephalitischen Persönlichkeitsstörungen der Kinder. Neben seiner universitären Position arbeitete er ab 1940 zusätzlich für das Gesundheitsamt der Stadt Wien. Nach 9-monatiger Ausbildung kämpfte Asperger ab Dezember 1943 im Zweiten Weltkrieg in Kroatien (392. Infanteriedivision der Deutschen Wehrmacht).
Asperger wurde 1938 Mitglied in den beiden nationalsozialistischen Massenorganisationen Deutsche Arbeitsfront und Nationalsozialistische Volkswohlfahrt. Außerdem bewarb er sich im Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund, wo er – aufgrund der fehlenden NSDAP-Mitgliedschaft – den Kandidaten-Status erhielt. Unterstützt durch seinen Mentor Franz Hamburger konnte Asperger jedoch auch ohne NSDAP-Parteimitgliedschaft seine Karriere während der NS-Zeit ohne Nachteile fortsetzen.
Da Asperger nie der NSDAP beigetreten war, war er von keinen Entnazifizierungsmaßnahmen betroffen und konnte seine berufliche Karriere fortsetzen. Von 1946 bis 1949 sorgte Asperger als provisorischer Leiter der Universitären-Kinderklinik für die Wiederaufnahme eines geordneten Klinikbetriebs. 1953 wurde er außerordentlicher Professor, von 1957 bis 1962 war er Ordinarius und Vorstand der Universitären-Kinderklinik in Innsbruck und von 1962 bis 1977 als Nachfolger von Karl Kundratitz Leiter der Wiener Universitätskinderklinik. Ab 1964 war er darüber hinaus Leiter der Heilpädagogischen Station Hinterbrühl des SOS-Kinderdorfs.
Hans Asperger beschrieb in einem 1944 erschienenen Artikel erstmals das später nach im benannte Asperger-Syndrom, eine Form des Autismus. Zu seinen über 300 wissenschaftlichen Publikationen gehört das in mehrere Sprachen übersetzte Standardwerk „Heilpädagogik", das Zeugnis von seinem Bestreben eines ganzheitlichen Erfassens der kindlichen Persönlichkeit und seiner Entwicklungsmöglichkeiten gibt.
Mitglied der Akademie der Naturforscher Leopoldina, Präsident der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Heilpädagogik (1946), Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für psychische Hygiene (1950), korrespondierendes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (1957) und anderer internationaler Fachgesellschaften; Innitzer-Preis (1975), Ehrendoktor Universität München (1972).
Literatur
- Edith Sheffer: Aspergers Kinder. Die Geburt des Autismus im "Dritten Reich". Frankfurt a. M.: Campus 2018
- Springer Nature Link: Herwig Czech: Hans Asperger, National Socialism, and “race hygiene” in Nazi-era Vienna. In: Molecular Autism 9 (2018), S. 1–43
- David Rennert: Hans Asperger und die Kindermorde am Wiener Spiegelgrund. In: Der Standard, 05.11.2018
- Medizinische Universität Wien: Aktuelle Studie: Hans Asperger und die NS-„Rassenhygiene“, 19.04.2018 [Stand: 08.11.2024]
- Horst Schreiber: Dem Schweigen verpflichtet. Erfahrungen mit SOS-Kinderdorf. Innsbruck: Studienverlag 2014 (darin: Die Gutachten von Hans Asperger)
- [Joseph] Kürschners deutscher Gelehrtenkalender. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart. Berlin: de Gruyter / München: Saur 1925 - lfd.
- Franz Seitelberger: Asperger und die Heilpädagogik. In: Österreichische Ärztezeitung 31 (1976), S. 29 f.
- Das Studienjahr 1980/1981. Hg.: Universitätsdirektion der Universität Wien. Wien 1980, S. 116 f.
- Arzt und Christ 26 (1980), S. 243 ff. (Nachruf von Franz Wurst)
- Wiener klinische Wochenschrift 93 (1981), S. 33 f. (Nachruf von Ernst Zweymüller)
Hans Asperger im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.
Weblinks
- Biographisches Archiv der Psychiatrie: Asperger, Hans [Stand: 14.11.2024]