Hermann Czech
- Assistent an der Akademie für angewandte Kunst in Wien (1974 bis 1980)
- Gastprofessor an der Akademie für angewandte Kunst in Wien (1985 bis 1986)
- Gastprofessor an der Harvard University in Cambridge/USA (1988 bis 1989)
- Gastprofessor an der ETH Zürich (2004 bis 2007)
- Korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (2016 bis 2016)
Hermann Czech, * 10. November 1936 Wien, Architekt.
Biografie
Hermann Czech kam als Sohn von Josef und Anna Czech in Wien zur Welt und wuchs im 7. Bezirk auf. Beide Eltern waren in der Gastronomie tätig. Er studierte ab 1954 an der Schule für Filmgestaltung (Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien) und begann parallel dazu mit dem Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Zwischen 1957 und 1959 besuchte er philosophische Vorlesungen an der Universität Wien, 1958/59 nahm er an der Sommerakademie Salzburg bei Konrad Wachsmann teil. Czech wechselte 1963 an die Akademie der bildenden Künste in die Meisterklasse von Ernst Anton Plischke, wo er schließlich 1971 diplomierte. StudienkollegInnen waren unter anderen Elsa Prochazka und Luigi Blau. Seit 1979 betreibt er ein Architekturbüro in Wien.
Ab 1960 bis in die 1970er Jahre war Hermann Czech vor allem als Innenarchitekt und als Architekturkritiker bei der Zeitschrift "Die Furche" tätig. Von 1974 bis 1980 arbeitete er als Assistent von Hans Hollein und Johannes Spalt an der Hochschule für angewandte Kunst Wien. Danach wirkte er hauptsächlich als freier Architekt. 1985/86 übernahm er eine Gastprofessur an der Akademie der bildenden Künste Wien und leitete die Meisterklasse für Industrial Design. Es folgten weitere Gastprofessuren 1986/87 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, 1988/89 und 1993/94 an der Harvard-University, Cambridge/Massachusetts und von 2004 bis 2007 an der ETH-Zürich. In den Jahren 2008/2009 sowie 2013 lehrte er an der Technischen Universität Wien und 2011/2012 an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
Hermann Czech trug seinen Teil zur Aufbruchsstimmung rund um Hans Hollein und Walter Pichler bei, die eine neue Architektur der Sinnlichkeit und Irrationalität proklamierten. Er definierte allerdings einen eigenen Weg, der zwar an die moderne Tradition anknüpfte, aber auch den Bruch der Entwicklung durch die Zeit des Nationalsozialismus nicht ausklammerte. Dabei wandte er sich einer akribischen Untersuchung der Ausdrucksmöglichkeiten, der Sprache, der Begriffe der Architektur und deren bewusster Anwendung zu. Die Deutung des Vorhandenen und darauf aufbauende individuelle Lösungen umreißen Czechs Architektur, die sich stets nah an den Bedürfnissen der Benutzerinnen und Benutzer orientiert.
Werk
Czechs architektonisches Werk umfasst Realisierungen von Einfamilienhäusern und Wohnbauten, innenarchitektonische Entwürfe für Kaffeehäuser, Gaststätten, Wohn-, Schul- und Hotelbauten ebenso wie Interventionen in kleinem Maßstab und Ausstellungsgestaltungen. Er ist Autor zahlreicher kritischer und theoretischer Publikationen und er veröffentlichte Reprints und Übersetzungen zu Otto Wagner, Adolf Loos, Josef Frank und Christopher Alexander. In Czechs Theorie ("Architektur ist Hintergrund") spielen die Begriffe Umbau und Manierismus eine zentrale Rolle.
Berühmt wurde Hermann Czech mit seiner Gestaltung des Kleinen Cafés am Franziskanerplatz (1970 und 1974), mit der Wunder-Bar (1976), dem Antiquariat Löcker in der Annagasse (1978) und der Galerie Hummel in der Bäckerstraße (1980). Czech zeichnet für die Gestaltung zahlreicher weiterer Wiener Gastronomiebetriebe verantwortlich, darunter das Restaurant Salzamt (1983), das Restaurant im Palais Schwarzenberg (1984), das Café im Museum für angewandte Kunst (1993), das Theatercafé an der Linken Wienzeile (1998) sowie das Gasthaus Immervoll (2000). In Baden-Baden entwarf er das Restaurant im Kurhaus (1988) und in Südtirol das Weinhaus Punkt (2004, 2005).
Czech, der im Zuge seiner Projekte vereinzelt auch Möbel entworfen hat, wurde 1991 von Richard Thonet und Eva-Maria Schmerzing-Thonet (damals noch Eigentümer der Firma Gebrüder Thonet Vienna) darauf angesprochen, einen Sessel für die Thonet-Kollektion zu entwerfen. Das gemeinsam definierte Ziel war, einen Sessel in der bewährten Bugholztechnik zu entwickeln. Allerdings sollte das Möbelstück in die Gegenwart übersetzt werden und – Zitat Hermann Czech – eine "lässigere Sitzhaltung" erlauben. Der "Czech-Sessel" ging zugleich mit der Eröffnung des Museums für angewandte Kunst (1993) bei Thonet Vienna in Serie.
Größere architektonische Projekte waren neben zahlreichen Privathäusern der Umbau des Palais Schwarzenberg in Wien (1984), die Fußgängerbrücke im Wiener Stadtpark (1987), der Wohnbau Petrusgasse Wien (1989), die Wohnbebauung Perchtoldsdorf bei Wien (1994), die Rosa Jochmann-Schule in Simmering (1994), die Winterverglasung der Loggia der Wiener Staatsoper (1994), Rekonstruktion und Neunutzung des ehemaligen Arbeitsamtes Liesing von Ernst A. Plischke 1994, 1996/1997, eine Blockbebauung in Wien Ottakring (1997), der Umbau der Kassenhalle im Hauptgebäude Bank Austria am Hof (1997), das Hotel Messe Wien 2002, 2003 bis 2005 sowie die Einrichtung der Bundestheaterkassen in Wien (2003/2004).
Neben Einzelausstellungen seiner Arbeiten, wie etwa in der 9H Gallery, London (1987), dem Architekturmuseum Basel (1996) und dem Architekturforum Tirol in Innsbruck (1996/1997), nahm er an der Architektur-Biennale Venedig 1980, 1991, 2000 und 2012 teil. Hermann Czech konzipierte und gestaltete zudem mehrere Ausstellungen: "von hier aus" (Düsseldorf, 1984), "Wien 1938" (Wiener Rathaus, 1988), "Experiment Seele" (Wien, 1989), "Wunderblock" (Wiener Festwochen 1989), "Schubert97" (Historisches Museum Wien, 1997) und "Die Kunst, als Mensch menschlich zu leben" (Historisches Museum Wien, 2001). 1996 übernahm Hermann Czech die Gesamtgestaltung der XIX. Triennale in Mailand. 2015 entwarf er die Ausstellungsarchitektur für die Ausstellung "Der Wiener Kreis. Exaktes Denken am Rand des Untergangs" in der Universität Wien.
Literatur
- Eva Kuß: Hermann Czech. Architekt in Wien. Zürich: Park Books 2018