Inzersdorfer Kirche
48° 9' 1.27" N, 16° 20' 49.28" E zur Karte im Wien Kulturgut
Inzersdorfer Kirche (23., Draschestraße 105, Pfarrkirche [1217 beziehungsweise 1637] „Heiliger Nikolaus").
Erste Pfarrkirche
Inzersdorf gehört zu den ältesten Pfarren Wiens und wurde 1217 durch Ulrich von Rodaun, der damals die Herrschaft Inzersdorf besaß, als eine von St. Stephan unabhängige Pfarre gegründet. Die Pfarrkirche St. Nikolaus Inzersdorf entstand aus der Schlosskapelle der Ritter von Inzersdorf. Der erste Kirchenbau, „ein uraltes Kirchlein, ganz aus Quadersteinen gotisch erbaut“ war ein einschiffiges schlichtes Gotteshaus. Die Kirche wurde 1529 während der Ersten Osmanischen Belagerung Wiens zerstört, der Pfarrhof verfiel.
Zweite Pfarrkirche
Daraufhin wurde an der Ostseite des Inzersdorfer Schlosses eine Wehrkirche errichtet, die in einem Kupferstich 1672 abgebildet ist und bei der Zweiten Osmanischen Belagerung Wiens 1683, sowie durch die Soldaten Napoleons 1805/06 und 1809 verwüstet wurde. Die neuen Gutsbesitzer stammten aus dem Haus Geyer von Osterberg und waren Protestanten. Bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die Inzersdorfer Kirche von der bischöflichen Verwaltung in Wien als eine Filialkirche der Pfarre Atzgersdorf geführt und wurde erst 1637 zur selbstständigen und nun wieder katholischen Pfarre. Maria Antonia Gräfin Auersperg ließ die Kirche 1742 renovieren, ebenso ihr Nachfolger Ferdinand Bonaventura Graf Harrach, der 1763 das neue Schloss Inzersdorf errichten ließ. Am 8. Juni 1817 brannte die Kirche ab.
Dritte Pfarrkirche
Die heutige Kirche ließ zwischen 1817 und 1820 der Schlossbesitzer Fürst Jakob a Sancto Mauro, Herzog von Corigliano-Saluzzo, als klassizistisch-romantischen Zentralbau mit gedrückter Kuppel (Rotunde mit Altarapsis und Campanile [nördlich an den kurzen Chor anschließend] nach dem Vorbild oberitalischer Kirchen) errichten, der mit der barocken Tradition brach. Alois Miesbach (Gutsbesitzer ab 1826) ließ die Kirche erweitern (Säulenvorbau 1846). Den spätklassizistischen Umbau, bei dem die Kirchenmauern um 4 Meter erhöht wurden und ein neues Dach aufsetzen wurde, plante der Architekt Peter Nobile (jedoch bezogen sich seine Pläne auf einen nicht so ausgeführten ersten Umbau von 1828[1]).
Aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zu Liesingbach und Mühlbach hatte man in der Inzersdorfer Kirche immer wieder mit Feuchtigkeit und Nässe zu kämpfen. 1835 wurde das Dach mit einer neuen Kupfersimsdeckung ausgestattet, die Kirche war 1841 jedoch erneut baufällig. Nach Einrichtung einer vorübergehenden Notkirche im Schloss Inzersdorf wurden unter Alois Miesbach in den Jahren 1844 bis 1845 erneut Umbauarbeiten vorgenommen (nach Plänen des Architekten Mathias Vlast). Das Kuppeldach wurde abgetragen, eine ganz neue Dachkonstruktion mit flachem Kegel aufgesetzt und das Mauerwerk abermals erhöht. Die Einweihung der zu großen Teilen neu errichteten Kirche nahm Fürsterzbischof Vinzenz Eduard Milde am 25. Oktober 1846 vor.
1846 (nicht wie in manchen Quellen angeführt 1882) wurde in der Apsis das Christuskreuz (eine Nachbildung des 1945 in St. Stephan fast völlig zerstörten Lettnerkreuzes) angebracht[2]. Das ursprüngliche Hochaltarbild (heiliger Nikolaus) befindet sich an der rechten Kirchenseite, das Bild an der linken Seite zeigt Maria mit dem Jesuskind, zu ihren Füßen knieend die heilige Elisabeth und der heilige Johannes. In den Jahren 1980 bis 1981 wurde die Kirche grundlegend renoviert und der Altarraum neu gestaltet.
Im Jahr 1945 wurden durch Bombentreffer in der Umgebung das Kirchengebäude stark in Mitleidenschaft gezogen. Kirchendach, Kirchenwände und Orgel wurden beschädigt. Der Wiederaufbau des Gebäudes erfolgte unter Pfarrer Franz Zimmerl in den Jahren 1956 bis 1964. In den Jahren 2013 sowie 2015 bis 2016 wurden Renovierungsarbeiten vorgenommen.
Die Marienkapelle
1858 wurde der Zubau einer Grabkapelle für Alois Miesbach beschlossen und in der Folge an der Ostseite der Kirche eine Kapelle errichtet, in der 1860 Alois Miesbach und 1880 Heinrich Drasche beigesetzt wurden. Im Zuge der Renovierung 1977 bis 1978 wurde die Grabkapelle in eine Werktagskapelle umgestaltet und zu einer Marienkapelle geweiht.
Weblinks
- Pfarre St. Nikolaus in Inzersdorf (Stand: 19.09.2022)
- Erzdiözese Wien - Pfarre Inzersdorf (Stand: 19.09.2022)
Literatur
- Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 466 f.
- A. Grimm: Chronik von Inzersdorf.
- Albert Ilg: Die Pfarrkirche zu Inzersdorf am Wienerberge. In: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien. Wien: Alterthumsverein zu Wien 1887, S. 54 f.
- Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 276
- Pfarre Inzersdorf St. Nikolaus (Hg.): 200 Jahre Kirchenweihe Inzersdorf St. Nikolaus. Festschrift anlässlich der feierlichen Konsekrierung der Pfarrkirche Inzersdorf St. Nikolaus vor 200 Jahren am 6. Dezember 1821. Wien 2021
- Fritz Prechtl: 750 Jahre Pfarre Inzersdorf St. Nikolaus. Festschrift, 1967
- Josef Roskosny: Liesing, unter Mitarbeit von Willi Grotte. Wien: Kurt Mohl 1979, S. 112
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 195
- Oliver Meidl: St. Nikolaus im Spiegel der Zeiten. In: Pfarre Inzersdorf St. Nikolaus (Hg.): 200 Jahre Kirchenweihe Inzersdorf St. Nikolaus. Festschrift anlässlich der feierlichen Konsekrierung der Pfarrkirche Inzersdorf St. Nikolaus vor 200 Jahren am 6. Dezember 1821. Wien 2021.
Referenzen
- ↑ Oliver Meidl: St. Nikolaus im Spiegel der Zeiten. In: Pfarre Inzersdorf St. Nikolaus (Hg.): 200 Jahre Kirchenweihe Inzersdorf St. Nikolaus. Festschrift anlässlich der feierlichen Konsekrierung der Pfarrkirche Inzersdorf St. Nikolaus vor 200 Jahren am 6. Dezember 1821. Wien 2021, S. 7ff.
- ↑ Oliver Meidl: Auf den Spuren des Inzersdorfer Altarkreuzes. In: Pfarre Inzersdorf St. Nikolaus (Hg.): 200 Jahre Kirchenweihe Inzersdorf St. Nikolaus. Festschrift anlässlich der feierlichen Konsekrierung der Pfarrkirche Inzersdorf St. Nikolaus vor 200 Jahren am 6. Dezember 1821. Wien 2021, S. 90ff.