Jahoda & Siegel (Firma)

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Postkarte an die Druckerei Jahoda & Siegel, 1910
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Firma
Datum vonDatum (oder Jahr) von 13. Jänner 1894
Datum bisDatum (oder Jahr) bis unbekannt
Benannt nach Georg Jahoda, Emil Siegel
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  369179
GNDGemeindsame Normdatei 111920-5
WikidataIDID von Wikidata
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BildnameName des Bildes PostkarteBuchdruckerei.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Postkarte an die Druckerei Jahoda & Siegel, 1910
  • 3., Hintere Zollamtsstraße 3

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst.


Nachdem Georg Jahoda mehrere Jahre in der Druckerei seines Vaters S. Jahoda, der aus Böhmen nach Wien zugewandert war, gearbeitete hatte, übernahm er am 9. Januar 1893 die Druckereifirma seines Vaters.

Korrekturbogen zur Fackel Nr. 368/369 nach dem Umbruch, der Kraus' penible Arbeitsweise dokumentiert

Ab dem 13. Januar 1894 leitete er die Druckerei mit dem Drucker Emil Siegel, den er auch zum Teilhaber machte. Am 6. März 1894 wurde die Firma in das Register für Gesellschaftsfirmen beim Handelsgericht mit dem Betriebsgegenstand Buchdruckerei unter dem Namen "Jahoda & Siegel" eingetragen und war in der 3., Hinteren Zollamtsstraße 3 ansässig. Georg Jahoda übernahm die geschäftlichen Abläufe in der Setzerei, der Druckerei und des Verlags, während Emil Siegel für verbandspolitische Themen verantwortlich gewesen zu sein schien. Zunächst führte die Druckerei Aufträge der Stadt Wien aus, darunter auch Arbeiten für das Österreichische Museum für Kunst und Industrie (MAK) aus.

Zusammenarbeit mit Karl Kraus

Durch Zufall konnte die Druckerei den Druck der Zeitschrift "Die Fackel" übernehmen. Georg Jahoda sandte versehentlich einen Privatbrief an Karl Kraus in einem Druckerei-Umschlag. Dieser war gerade auf der Suche nach einem neuen Drucker, weil sein letzter Drucker Moriz Frisch nach einem Streit gekündigt hatte. Kraus sah sich veranlasst, Jahoda zu fragen, ob er nicht den Druck der Fackel übernehmen wollte. So initiierte ein Irrtum, dass die Fackel 35 Jahre lang von 1901 bis zum Tod des Herausgebers im Jahr 1936 bei Jahoda & Siegel gedruckt wurde.

Jahoda übernahm nicht nur das Korrigieren, Setzen und Drucken der Fackel und des überwiegenden Teils der fünf Dutzend Bücher und Schriften von Karl Kraus sowie seiner Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Freunde, etwa Mechtilde Lichnowsky oder Fackel-Mitarbeiter Fritz Wittels, sondern auch die Administration. Die Zusammenarbeit gestaltete sich aufgrund der hohen Ansprüche Kraus' allerdings als eher schwierig. Um die zahlreichen Aufgaben zu bewerkstelligen, stellte Jahoda Friederike Maria Wacha, genannt Frieda Wacha, als Helferin ein, die bis zur letzten Fackel 1936 im Verlag verblieb. Als Verlagssekretärin galt sie als die wichtigste Mitarbeiterin im Zusammenhang mit Kraus, denn nur sie und der erfahrene Drucker Berger konnten angeblich die im Laufe der Zeit immer kleiner werdende und schwerer lesbare Handschrift Kraus' entziffern. Zunächst erfüllte die Aufgaben seines Privatsekretärs der von Jahoda angestellte Ottokar Fischer. Nachdem dieser zum 30. Oktober 1907 gekündigt hatte, widmete sich offiziell ab Jänner 1908 Wacha der Administration des Verlags "Die Fackel". Die Firma übernahm die Versandabteilung, überwies Autorenhonorare und übernahm sogar den Schriftverkehr im Namen des Verlags "Die Fackel".

In Jahoda fand Kraus einen Partner, der seine hohen sprachlichen und drucktechnischen Anforderungen erfüllen konnte. Dazu gehörte es, die Fackel druckfehlerfrei zu halten. Kraus exzessive Suche nach Fehlern führte zu zahlreichen, teilweise bis zu 20, Korrekturdurchgängen. Häufig übertrug Kraus die Schlusskorrektur der Fackel Jahoda, was als enormer Vertrauensbeweis zu sehen ist. Nicht zufällig bezeichnete er Jahoda als "Mitschöpfer seines Werks". Im Frühjahr 1922 druckte die Firma die erste Buchausgabe von "Die letzten Tage der Menschheit".

Nach Emil Siegels Tod trat dessen Sohn Friedrich K. Siegel an seiner statt in die Firma ein. Als Georg Jahoda 1926 starb, übernahm sein 23-jähriger Sohn Martin Jahoda, der sich in der Zwischenzeit ebenfalls in Bratislava zum Drucker ausbilden ließ, am 1. März 1935 die Firma und führte sie gemeinsam mit Friedrich Siegel weiter. Georg Jahodas Tochter Johanna König-Jahoda arbeitete nach seinem Tod ebenfalls im Büro des Verlages mit und unterstützte Frieda Wacha bei Recherchen und der Abschrift der Post. Martin Jahoda förderte nach der Übernahme den Verlag und verlegte nicht nur Verlags-Almanache für Jahoda & Siegel, sondern konnte auch eine Zusammenarbeit mit dem 1925 von Herbert Reichner begründeten Wiener Verlag erwirken und druckte für diesen von der ersten Ausgabe 1928 bis zum Jahrgang VIII. im Jahr 1936 die Zeitschrift "Philobiblon. Zeitschrift für Bücherliebhaber". Außerdem wurde die Zeitschrift "Der Straßenbahner" und "Profil. Österreichische Monatsschrift für bildende Kunst." von Jahoda & Siegel gedruckt sowie Schriften von Albert Ehrenstein, Josef Schöffel und Arthur Schütz verlegt.

Zweiter Weltkrieg

Nach dem sogenannten Anschluss im März 1938 wurde die Druckerei geschlossen und erhielt einen kommissarischen Verwalter, Franz Kitzler, bis sie "arisiert" wurde und schließlich von Josef Ehrlich übernommen wurde. Dieser beteiligte den damals bereits dort tätigen Schriftsetzer Josef Schmidt am Unternehmen und die Firma wurde unter dem Namen "Ehrlich & Schmidt" weitergeführt. Mit der Arisierung der Druckerei 1939 flohen Martin Jahoda und Friedrich Siegel in die USA und gründeten dort unter dem Namen "Profile Press Jahoda & Siegle" erneut ein Druckereiunternehmen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma Ehrlich & Schmidt 1945 zunächst unter öffentliche Verwaltung gestellt, bis sie 1958 an Martin Jahoda und Fred Siegle zurückgegeben wurde. Martin Jahoda schied 1970 aus der Firma aus, die unter dem Namen "Profildruck Jahoda & Siegel" fortgeführt wurde. Am 21. April 1999 wurde an der Fassade des Hauses in 3., Hintere Zollamtsstraße 3 eine Gedenktafel enthüllt, die an die Druckerei Jahoda & Siegel sowie an Karl Kraus erinnert.

Quellen

Literatur

  • Friedrich Pfäfflin (Hg.): Karl Kraus und Georg Jahoda. Der Satiriker und sein Drucker und Verleger. Göttingen: Wallstein Verlag 2023
  • Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Paul Zsolnay Verlag 2020
  • Murray G. Hall: Verlage um Karl Kraus. In: Sigurd Paul Scheichl/Christian Wagenknecht (Hg.): Kraus Hefte 26/27 (1983) München: edition text+kritik GmbH, 1983, S. 2–31


Jahoda & Siegel im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks