Mizzi Langer-Kauba

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Werbeeinschaltung des Sporthauses Mizzi Langer-Kauba, 1928
Daten zur Person
Inserat, 1908


Mizzi Langer-Kauba, * 12. September 1872 Wien, † 5. November 1955 Wien, Unternehmerin, Bergsteigerin.

Biografie

Mizzi Langer-Kauba wurde 1872 als Tochter der Geschäftsleute Josef und Franziska Langer in Wien geboren und wuchs im 5. Bezirk auf. Sie war Inhaberin eines am 22. Jänner 1896 in der Kaiserstraße 11 eröffneten Sportartikelgeschäfts, bei dem es sich vermutlich um das älteste Sportartikelgeschäft in Wien handelt. Ab 4. Juli 1897 war sie mit Franz Kauba (geb. 4. September 1874) verheiratet, der als Prokurist in ihre Firma einstieg. Die Ehe blieb kinderlos.

Alpinistin und Skiläuferin

Mizzi Langer-Kauba war eine begeisterte Alpinistin. Sie war Teil einer Gruppe kletterbegeisterter Bergsteigerinnen und Bergsteiger, die sich als "Langer-Platte" bezeichnete. Im ehemaligen Rodauner Steinbruch traf sich dieser Freundeskreis für Kletterübungen, die mitunter auch wettkampfähnliche Formen annahmen. Die Felswand des Steinbruchs wurde schon bald als "Mizzi-Langer-Wand" bezeichnet (die Benennung ist spätestens ab 1922 nachweisbar) und dient noch heute als Klettergarten. Gemeinsam mit ihren Freundinnen und Freunden unternahm Mizzi Langer-Kauba auch zahlreiche, alpinistisch durchaus herausfordernde, Bergtouren. Doch nicht nur als Bergsteigerin, sondern auch als Skiläuferin trat Mizzi Langer-Kauba hervor: Bei dem vom Skipionier Matthias Zdarsky am 19. März 1905 auf dem Muckenkogel bei Lilienfeld (Niederösterreich) veranstalteten ersten Riesentorlauf der Skigeschichte nahm sie neben 23 Männern als einzige Frau teil. 1910 nahm sie an der Bergung der Leiche eines bekannten Bergsteigers am Schneeberg teil und wurde dadurch wahrscheinlich zur ersten Bergretterin Österreichs.

Unternehmerin

Mizzi Langer-Kauba gelang es auf beeindruckende Weise, alpinistische Leidenschaft und Geschäftssinn zusammenzuführen. Sie spezialisierte das Angebot ihres Unternehmens in der Kaiserstraße auf Alpinsport-Ausrüstung und führte ein umfangreiches Sortiment für Bergsteigerinnen und Bergsteiger. In einer Zeit, als sich "Touristik" und Alpinismus zunehmender Beliebtheit erfreuten, deckte sie damit eine bestimmte Nische bzw. eine bestimmte Klientel ab – Frauen wurden als Kundinnen dezidiert mitgedacht und in den Werbebroschüren auch angesprochen. Von Vorteil für die Geschäfte waren nicht nur ihre eigenen Erfahrungen als Bergsportlerin, sondern wohl auch ihre guten Kontakte in die Sportwelt. Mizzi Langer-Kauba war langjähriges Mitglied der Sektion "Austria" des Österreichischen Alpenvereins und des Österreichischen Alpenklubs. Zudem bewarb sie ihr Unternehmen in einschlägigen Zeitungen und Zeitschriften wie etwa "Der Gebirgsfreund" oder "Der Schnee". Auch im Bereich der Produktwerbung setzte sie einen hohen Standard: Die Kataloge des Geschäfts wurden bis zu seinem Tod von Gustav Jahn (1879–1919) gestaltet, der nicht nur ein begabter Künstler war, sondern auch der Bergsteigerrunde um das Ehepaar Langer-Kauba angehörte.

Das Geschäft, das ursprünglich in der Kaiserstraße 11 untergebracht war, übersiedelte im Laufe des Jahres 1899 in die Kaiserstraße 17. Einige Jahre später erwarb Mizzi Langer-Kauba die benachbarte Parzelle und ließ darauf ein neues Geschäfts- und Wohnhaus erbauen. Im Erdgeschoß des Hauses Kaiserstraße 15 war ab Ende Februar 1907 das Sportartikelgeschäft untergebracht, im ersten Stock befand sich die Privatwohnung der Eigentümerin, die sie bis zu ihrem Tod 1955 bewohnte. An der Fassade ließ die Unternehmerin in großen Lettern ihren Namen anbringen – noch heute ziert der Schriftzug "Mizzi Langer-Kauba" das Gebäude. Die ursprünglich in den Ziergiebeln angebrachten Gebirgsmotive sind heute nicht mehr erhalten.

Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit

Neben der Inhaberin arbeiteten auch ihr Ehemann sowie ihre Schwester Josefine Stüber (1874–1915) und deren Ehemann Josef Stüber (1876–1952) im Geschäft mit. Im Ersten Weltkrieg führte Mizzi Langer-Kauba das Geschäft allerdings allein: ihre Schwester war unerwartet verstorben, Franz Kauba und Josef Stüber zum Kriegsdienst eingezogen worden. Zudem engagierte sie sich unter Einsatz eigener finanzielle Mittel auf sozialem Gebiet unter anderem als Leiterin einer Kriegsküche in der Kandlgasse sowie als Pflegerin in Kriegsspitälern. Für ihren Einsatz wurde sie mit der Großen Goldenen Salvator-Medaille und einem Diplom vom Roten Kreuz geehrt. 1917 wurde sie als Bezirkswaisenrätin des 7. Bezirks bestätigt.

Im März 1932 regte Adolf Sieg. Fried, Fürsorgerat des Bezirks Neubau und Langer-Kaubas Nachbar mit Adresse Kaiserstraße 16, beim Bundesministerium für Handel und Verkehr an, die Geschäftsfrau mit dem Titel "Kommerzialrat" zu ehren. Dafür ins Treffen führte er ihr erfolgreiches Unternehmen, das zu dieser Zeit rund 46 Angestellte und eine große Anzahl weiterer Gewerbetreibender beschäftigte, ihre Bedeutung als Förderin des Fremdenverkehrs und als Wohltäterin. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg habe sie Arme unterschiedlicher Konfessionen unterstützt, vor allem förderte sie aber katholische Institutionen. Eine Stellungnahme der Bundes-Polizeidirektion in Wien bestätigte, dass Mizzi Langer-Kauba in ihrem Heimatbezirk als Wohltäterin galt.

Dem in Zusammenhang mit der geplanten Ehrung angelegten Akt ist zu entnehmen, dass Mizzi Langer-Kauba 1932 sehr wohlhabend war. Ihr gehörte nicht nur das "Sporthaus Mizzi Langer-Kauba", sondern auch die Häuser Kaiserstraße 15, Apollogasse 30 und Neubaugürtel 4. Ihr Jahreseinkommen wurde auf rund 60.000 Schilling geschätzt. Dass es ihr gelungen war, ihren Wohlstand durch die Wirtschaftskrisen hindurch bis in die 1930er Jahre zu erhalten, dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass ihr Unternehmen auch Gendarmerie und Bundesheer belieferte.

Der Antrag auf Ehrung wurde von der Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie "mangels Vorliegens von Verdiensten im Interesse der Branche, bzw. um die Allgemeinheit" zunächst abgelehnt. Erst nach Intervention durch Minister a. D. Eduard Heinl – ein zentraler Protagonist der Christlichsozialen Partei und der späteren ÖVP, der im Haus von Mizzi Langer-Kauba in der Apollogasse wohnhaft war – wurde ihr die Ehre in einem zweiten Anlauf im Juni 1933 zuteil.

Zweiter Weltkrieg

Das "Sporthaus Mizzi Langer-Kauba" konnte während des Zweiten Weltkriegs weiterbestehen und verkaufte spätestens ab Oktober 1938 auch Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände (darunter HJ- und BdM-Bekleidung) sowie Abzeichen der Reichszeugmeisterei der NSDAP. Das "Sporthaus Mizzi Langer-Kauba" war im Herbst 1938 nicht die einzige derartige Verkaufsstelle. Weitere Sporthäuser lassen sich in einschlägigen Zeitschriften zum Bergsport nachweisen.

Im April 1944 wurde ein Gauakt zu Mizzi Langer-Kauba angelegt, der sich im Österreichischen Staatsarchiv befindet. Die zu diesem Zeitpunkt 72-jährige Unternehmerin wurde als Sachverständige für kriegsbedingte Schätzungen in Erwägung gezogen, weshalb eine politische Beurteilung erbeten wurde. In dieser Beurteilung wurde ihr "Verhalten in der Verbotszeit" – gemeint ist die Zeit nach der zwangsweisen Auflösung der NSDAP im Juni 1933 – als "streng christlichsozial eingestellt" beschrieben. Unter dem Punkt "Spendenbeteiligung" wurde vermerkt: "schliesst sich bei keiner Sammlung aus, könnte aber ihrem Einkommen entsprechend mehr geben", denn ihre "wirtschaftliche Lage" wurde als "sehr gut situiert" bezeichnet. Ihr "Charakter" wurde als "verschlossen" und ihr "Leumund" als "gut" ausgewiesen. Ihr "gegenwärtiges Verhalten" wurde folgendermaßen beurteilt:
"Die Angefragte heisst mit Vornamen richtig Maria, (nicht Hermine). Sie ist in jeder Hinsicht schwarz eingestellt; obwohl sie den Anschein erwecken will, dass sie mit dem heutigen Regime einverstanden ist, erkennt man am besten bei Sammlungen, dass sie ihre klerikale Einstellung nicht geändert hat. Sie schliesst sich wohl bei keiner Sammlung aus, die geleisteten Beiträge entsprechen aber nicht ihrem Einkommen. Für die Kirche hat sie aber immer eine offene Hand. (Sie wurde auch seinerzeit vom Papst mit einem hohen päpstlichen Orden ausgezeichnet)."[1]

Diese Einschätzung führte dazu, dass sie als Sachverständige nicht in Frage kam: "Da die Genannte nicht die Gewähr bietet sich rückhaltslos für den NS-Staat einzusetzen, kann der Bestellung als Sachverständige für kriegsbedingte Schätzungen nicht zugestimmt werden", hielt der Gaupersonalleiter fest.

Der Akt gibt zudem Auskunft darüber, dass Mizzi Langer-Kauba Mitglied der NS-Frauenschaft (NSF) und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) war. Der NSV gehörte sie seit 1938 (Mitgliedsnummer 9.262.459) an, ihre Mitgliedschaft in der NSF bleibt insofern vage, da weder Eintrittsdatum noch Mitgliedsnummer vorliegen. In keiner der genannten Organisationen nahm sie in irgendeiner Form eine führende Rolle ein.

Letzte Lebensjahre

Mizzi Langer-Kauba lebte – laut Angaben in ihrem Testament – bereits seit den 1920er Jahren von ihrem Mann getrennt. Eine Scheidung war für die gläubige Katholikin wohl zu keinem Zeitpunkt eine Option. Vermutlich ab 1928 wurde sie von ihrem Neffen Josef "Sepp" Stüber (1902–1995) im Geschäft unterstützt und zog sich dann sukzessive daraus zurück. Bereits zu Lebzeiten hatte sie ihre Hausanteile und das Sportgeschäft gegen Leibrente veräußert.

In ihrem Testament setzte sie ihren zweiten Neffen, Franz Stüber, als Universalerben ein und hielt explizit fest, dass weder ihr Ehemann noch ihr Neffe Sepp Stüber, dem sie nur wenige Jahre zuvor das Geschäft in der Kaiserstraße 15 übertragen hatte, etwas aus dem Nachlass erhalten sollten. Mizzi Langer-Kauba starb am 5. November 1955 in ihrer Wohnung in der Kaiserstraße 15 und wurde wenige Tage später auf dem Zentralfriedhof bestattet. Bereits 1907 hatte sie dort einen Gruftplatz in sehr prominenter Lage erworben. Das Unternehmen in der Kaiserstraße wurde von der Familie Stüber bis 1971 weitergeführt. Seit 1983 ist an dieser Adresse das Sportfachgeschäft "Bergfuchs" untergebracht.

Erinnerungskultur

Im Herbst 2023 wurde der Mizzi-Langer-Kauba-Park in Neubau nach der Alpinistin und Unternehmerin benannt. Im Sommer 2024 kamen in der Wiener Zeitung Vorwürfe auf, Langer-Kauba sei Mitglied der NS-Frauenschaft gewesen und durch den Verkauf von parteiamtlichen Uniformen eine Profiteurin des nationalsozialistischen Regimes gewesen. Der Historiker Gerhard Botz führte in der Wiener Zeitung aus, Langer-Kauba sei keine Mitläuferin, sondern sehr gut in der NSDAP verankert gewesen. Ohne ein klares Bekenntnis zum Nationalsozialismus hätte sie diese Massenausstattung nicht in die Hand bekommen. Sie habe das große Geld gemacht und von den Nazis profitiert. Die Vorwürfe stießen eine neuerliche Überprüfung ihrer Person und eine mögliche Umbenennung des Parks an.

Der Historiker Gunnar Mertz hielt den Artikel der Wiener Zeitung für "unzureichend recherchiert" und sah "wesentliche Fakten außer Acht gelassen". Er trat für eine Beibehaltung der Benennung ein. Ideologisch sei Mizzi Langer-Kauba der NS-Diktatur fern gestanden und nicht gut in der NSDAP verankert gewesen. Sie sei nicht erst in der NS-Diktatur durch Uniformverkauf vermögend geworden. Weil sie keine Antisemitin war, habe sie "Familien ohne Unterschied der Religion regelmäßige Unterstützungen gegeben" und ab den 1920er Jahren vielfach in den Nachrichten der Sektion "Donauland" des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins inseriert. In dieser Sektion sammelten sich ab 1921 die aus den Alpenvereinssektionen ausgeschlossenen jüdischen Bergsteigerinnen und Bergsteiger sowie Menschen, die mit dem Rassismus im Alpenverein nicht einverstanden waren. Mizzi Langer-Kauba habe sich "mit ihren Inseraten in der Vereinszeitung gegen die antisemitische Ausgrenzung im Bergsport" gestellt, so Mertz. Zudem bezweifelte er Langer-Kaubas Mitgliedschaft in der NS-Frauenschaft, da es bei der politischen Beurteilung zu einer Namensverwechslung kam und in der Mitgliederkartei der NS-Frauenschaft keine Aufnahme-Erklärung von ihr überliefert ist. Hinter dem Verkauf parteiamtlicher Ausrüstungs- und Bekleidungstücke vermutete der Historiker den Neffen und Geschäftsnachfolger von Mizzi Langer-Kauba, Josef Stüber. Er sei illegales Mitglied der NSDAP und nach dem "Anschluss" Parteifunktionär auf niedriger Ebene gewesen. Nachdem Stüber im Oktober 1939 eingezogen war, habe laut Mertz die Reklame mit Verweis zur Reichszeugmeisterei ein Ende gefunden.

Quellen

Literatur

Referenzen

  1. Gauakt Mizzi Langer-Kauba, 17.04.1944, Österreichisches Staatsarchiv, OeStA/AdR ZNsZ GA