Maria Lazar

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Lazar, Maria
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Grenen, Esther; Strindberg, Maria
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  358751
GNDGemeindsame Normdatei 119339056
Wikidata Q19295773
GeburtsdatumDatum der Geburt 22. November 1895
GeburtsortOrt der Geburt Wien 4066009-6
SterbedatumSterbedatum 30. März 1948
SterbeortSterbeort Stockholm (Schweden) 4057648-6
BerufBeruf Schriftstellerin, Dramatikerin, Übersetzerin, Journalistin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
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RessourceUrsprüngliche Ressource 
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Letzte Änderung am 13.08.2024 durch WIEN1.lanm09kka
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
  • 1., Walfischgasse 11 (Geburtsadresse)
  • 1., Freyung 6 (Wohnadresse)
  • 1., Gonzagagasse 23 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Maria Lazar, * 22. November 1895 in Wien, † 30. März 1948 in Stockholm (Schweden), Schriftstellerin.

Biografie

Maria Lazars jüdische Herkunftsfamilien kamen ab den 1870er Jahren aus Mähren und Ungarn nach Wien. Ihr Großvater Alois Lazar und ihr Vater Adolf Josef Lazar (1844–1910) machten als Bahnbeamte Karriere. 1875 heiratete Adolf Lazar die aus Stuhlweißenburg (Ungarn) kommende Theresia Caesarina Seligmann (1857–1924), die in den folgenden 20 Jahren acht Kinder auf die Welt brachte. Im Mai 1881 konvertierte die Familie zum Katholizismus. Maria Lazar war das jüngste Kind der Familie – ihre Geschwister waren unter anderem der Kinder- und Jugendpsychiater Erwin Lazar, der Anwalt Ernst Alois Lazar und die Kinderbuchautorin Auguste Lazar (1887–1970), die als eine der Begründerinnen der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland gilt.

Lazar wuchs in bürgerlichem Wohlstand auf und besuchte die fortschrittliche Schwarzwald-Schule im ersten Bezirk – Helene Weigel und Alice Herdan-Zuckmayer waren ihre Mitschülerinnen und blieben Freundinnen – und fiel dort bald mit eigenen Gedichten auf. Schwarzwald selbst, der Lazar zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb attestierte ihr früh großes schriftstellerisches Talent und brachte sie mit vielen progressiven Intellektuellen (Elias Canetti, Karin Michaёlis etc.) in Kontakt: 1916 porträtierte Oskar Kokoschka Lazar unter dem Titel "Dame mit Papagei". Nach dem Ende der Schulzeit arbeitete Lazar immer wieder als Lehrerin an den Schwarzwaldschulen in Wien und am Semmering, wo sie in wenigen Monaten ihren ersten Roman "Die Vergiftung" verfasste, der aber erst Anfang 1920 bei E. P. Tal erschien.

Etwa acht Semester lang studierte Lazar nach ihrer Matura Philosophie und Geschichte an der Universität Wien, konzentrierte sich aber dann ganz auf Literatur und Journalismus. Im März 1921 wurde ihr Einakter "Der Henker" an der Neuen Wiener Bühne aufgeführt. Ende 1922 begann Lazars Mitarbeit bei der renommierten Wiener Zeitung "Der Tag", bei der auch Alfred Polgar, Robert Musil und Béla Balázs – den Lazar ebenfalls aus dem Schwarzwald-Kreis gut kannte – schrieben. Bis 1933 erschienen über hundert Beiträge von ihr in dieser Zeitung, aber auch in anderen – meist der Sozialdemokratie nahestehenden – Zeitschriften wie der Arbeiter-Zeitung. 1923 trat Lazar aus der katholischen Kirche aus und heiratete den Journalisten Friedrich Strindberg, Sohn von Frank Wedekind und Frieda Uhl, die zuvor mit August Strindberg verheiratet gewesen war. Die Ehe wurde bereits 1927 wieder geschieden, brachte aber die gemeinsame Tochter Judith Strindberg (*1924) hervor. Lazar war also in den späten 1920ern alleinerziehende Mutter und arbeitete vorwiegend als Übersetzerin, um für ihre Tochter und sich selbst den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie übersetzte Werke aus dem Dänischen (Werke von Karin Michaёlis) und Englischen (E. A. Poe, F. Scott Fitzgerald). Durch die Ehe mit Strindberg bekamen Lazar und ihr Kind übrigens die schwedische Staatsbürgerschaft, die ab 1939 hilfreich sein würde.

Ab 1929/30 begann Lazar unter dem Pseudonym Esther Grenen Verlagen erneut Romane anzubieten, wobei sie sich selbst als Übersetzerin anführte – und behielt dies Taktik für fast all ihre späteren Werke bei. "Der Fall Rist" und "Veritas verhext die Stadt" erschienen erfolgreich als Fortsetzungsromane in Wiener und Berliner Zeitschriften. 1933 machte Maria Lazar auch wieder als Dramatikerin von sich reden: Ihr antimilitaristisches Stück um einen Unfall in einer belgischen Giftgasfabrik – "Der Nebel von Dybern" – wurde bei S. Fischer veröffentlicht und am 10. Februar 1933 in Stettin uraufgeführt, wo es kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wieder abgesetzt wurde. Immerhin gelangte das Stück in London und Kopenhagen zur Aufführung und machte Lazar damit zu einer international gespielten Dramatikerin.

Das Ende der Ersten Republik in Österreich wie auch das Ende der Weimarer Republik bedeuteten eine existentielle Bedrohung für Lazar und nach dem Reichtagsbrand bat sie Karin Michaёlis um Hilfe für sich selbst, ihre Tochter und die Familie von Helene Weigel und Bertolt Brecht. Mit Michaёlis Unterstützung gelang im Sommer 1933 die Ausreise ins Exil auf der dänischen Insel Thurø. Lazar schrieb im Exil Artikel für dänische und schwedische Zeitschriften, übersetzte weiterhin Romans ins Deutsche, blieb aber auch als Romanautorin ungeheuer produktiv und befasste sich in zwei Romanen mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Österreich und Deutschland: „Leben verboten“ konnte – nachdem ihn Verlage in Österreich und der Schweiz abgelehnt hatten – 1934 in englischer Übersetzung ("No right to live") erscheinen. Die Eingeborenen von Maria Blut wurde 1937 in der in Moskau erscheinenden Exilzeitschrift "Das Wort", die von Brecht, Lion Feuchtwanger und Willi Bredel herausgegeben wurde, erstmals veröffentlicht. 1939 flüchtete Lazar, die seit Herbst 1935 in Kopenhagen lebte, vor der vorrückenden deutschen Wehrmacht nach Stockholm, wo sie in der Exil-Community eine zentrale Figur war und als solche in Peter Weiss Roman "Die Ästhetik des Widerstandes" Eingang fand. Und sie schrieb weiterhin: In ihrer satirischen Anthologie "Det tyska ansiktet" (Das deutsche Janusgesicht, 1943) stellte sie deutschen Klassikern Aussprüche von nationalsozialistischen Politikern gegenüber. Im halbdokumentarischen Roman "Det kom af sig selv" (1946) beschrieb sie den Widerstand der Dänen gegen die deutsche Besatzungsmacht. Eine Rückkehr nach Österreich zog sie nach 1945 nicht nur aus gesundheitlichen Gründen nicht in Erwägung. Nachdem bei ihr eine unheilbare Krankheit diagnostiziert worden war, unterzog sie sich vorerst 1946 einer langwierigen Behandlung in London, wo ihre Schwester Auguste Lazar sie unterstützte. Am 30. März 1948 beendete sie in Stockholm ihr Leben durch Suizid.

Der Germanist Johann Sonnleitner beschrieb in seinen Texten über Lazar ihr systematisches Verschweigen und Verschwinden nach ihrem Tod – ihre Romane waren völlig vergessen, ihr Hauptwerk im deutschsprachigen Raum gänzlich unbekannt. Zusammen mit dem Verleger Albert C. Eibl initiierte Sonnleitner 2014 eine Neuauflage und daraus resultierende Wiederentdeckung von Maria Lazar und ihrem Werk im 21. Jahrhundert. "Leben verboten!" schaffte es auf die Bestsellerlisten. Weitere Neuauflagen folgten und im Dezember 2019 erlebte auch die Dramatikerin Lazar eine Renaissance: Die Premiere ihres Einakters "Der Henker" fand unter der Regie von Mateja Koleznik am Akademietheater in Wien statt. Seit 2023 steht eine Dramatisierung des Romans "Die Eingeborenen von Maria Blut" auf dem Spielplan desselben Theaters.

Werke (Auswahl)

  • Maria Lazar: Die Vergiftung. Wien: E. P. Tal Verlag & Co.1920 (Neuausgabe mit einem Nachwort von Johann Sonnleitner, Wien: DVB [Das vergessene Buch] 2014)
  • Maria Lazar: Der Henker. Ein Akt. München: Drei Masken Verlag 1921
  • Maria Lazar: Der Fall Rist. (als Fortsetzungsroman ab Anfang 1930 im Berliner Tageblatt und ab November 1931 in Der Kuckuck)
  • Maria Lazar: 1931: Veritas verhext die Stadt. Roman. (als Fortsetzungsroman ab 1930 im Berliner Vorwärts und ab März 1931 in der Wiener Arbeiter-Zeitung)
  • Maria Lazar: Der Nebel von Dybern. Berlin: S. Fischer 1933
  • Maria Lazar: Leben verboten! London: Wishart & Co 1934 (Neuausgabe mit einem Nachwort von Johann Sonnleitner, Wien: DVB [Das vergessene Buch] 2020)
  • Maria Lazar: Die Eingeborenen von Maria Blut. (als Fortsetzungsroman ab 1937 in "Das Wort"; Neuausgabe mit einem Nachwort von Johann Sonnleitner, Wien: DVB [Das vergessene Buch] 2015)

Quellen

Literatur

  • Katharina Prager: Rückblicke auf den Verlust der Demokratie. In: Bernhard Hachleitner / Alfred Pfoser / Ebd. / Werner Michael Schwarz [Hg.]: Die Zerstörung der Demokratie. Österreich, März 1933 bis Februar 1934. Salzburg / Wien: Residenz Verlag 2023, S. 306–310
  • Johann Sonnleitner: Kolportage und Wirklichkeit. Zu Maria Lazars Roman „Leben verboten!“, in: Maria Lazar: Leben verboten!. Wien: Das vergessene Buch – DVB-Verlag 2020, S. 325–383
  • Johann Sonnleitner: Mehr als „eine starke Talentprobe“. Zu Maria Lazars Roman „Die Vergiftung“, in: Maria Lazar: Die Vergiftung. Wien: Das vergessene Buch – DVB-Verlag 2020, S. 157–196
  • Johann Sonnleitner: Der Hitlerismus „dämmert schon ganz hübsch herauf“. Zu Maria Lazars „Die Eingeborenen von Maria Blut“, in: Maria Lazar: Die Eingeborenen von Maria Blut. Wien: Das vergessene Buch – DVB-Verlag 2015, S. 238–296
  • Johann Sonnleitner: Maria Lazar (1895–1948). Ein Portrait, in: Maria Lazar: Die Vergiftung. Wien: Das vergessene Buch – DVB-Verlag 2014, S. 143–167
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2. Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 1930f.
  • Eckhart Früh: Maria Lazar. Spuren und Überbleibsel 49, Wien 2003
  • Beverly Eddy Driver: Michaёlis. Kaleidoskop des Herzens. Wien: Edition Praesens 2003.
  • Siglinde Bolbecher / Konstantin Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Wien-München: Deuticke 2000
  • Karin Michaёlis: Der kleine Kobold. Lebenserinnerungen. Freiburg: Kore 1998
  • Birgit S. Nielsen: Geflüchtet unter das dänische Strohdach. Schriftsteller und bildende Künstler im dänisch. Exil nach 1933. Ausstellung des Königlichen Bibliothek Kopenhagen und des Kultusministeriums Schleswig-Holstein Heide in Holstein: Westholstein. Verlag-Anst. Boyens 1988
  • Birgit S. Nielsen: Maria Lazar : eine Exilschriftstellerin aus Wien. München: Fink 1983
  • Alice Herdan-Zuckmayer: Genies sind im Lehrplan nicht vorgesehen. Frankfurt am Main: S. Fischer 1979
  • Auguste Lazar: Arabesken. Aufzeichnungen aus bewegter Zeit. Berlin: Dietz Verlag 1957


Maria Lazar im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks