Militärkasino
Militärkasino (Erzherzog-Ludwig-Viktor-Palais; 1., Schwarzenbergplatz 1, Schubertring 13, Pestalozzigasse 2).
Ursprünglich war der 1868 gegründete Militärwissenschaftliche und Kasinoverein in der Österreichisch-ungarischen Bank (1, Herrengasse 13) untergebracht. Mit Kaufverträgen vom 28./30. April 1910 erwarb das k. k. Ärar (der Staat) das Erzherzog-Ludwig-Viktor-Palais für den Militärwissenschaftlichen und Kasinoverein; die Liegenschaft wurde im Grundbuch für das Ärar eingetragen und dem Verein ein uneingeschränktes und unverzichtbares Nutzungsrecht zugestanden (allerhöchste Entscheidung vom 16./18. Juni 1910; daran erinnert eine Gedenktafel oberhalb der Feststiege). Das Militärkasino wurde daraufhin für die Zwecke des Vereins umgebaut (auch daran erinnert eine Gedenktafel im 1. Stock auf der Nebenstiege) und am 20. Juni 1911 von Kaiser Franz Joseph I. eröffnet. An der Außenfassade des Palais befinden sich Marmorstatuen, unter anderem von Niklas Graf Salm, Ernst Rüdiger von Starhemberg, Eugen Prinz von Savoyen und Ernst Freiherr von Laudon. Bemerkenswert sind auch die Porträtbüsten von zwölf Feldmarschällen im Festsaal.
1918 gingen die Eigentumsrechte am Palais vom cisleithanischen Staat auf die Republik Österreich über, worauf sich ein Rechtsstreit über die Nutzung entwickelte, der am 20. April 1925 mit einem Vergleich beendet wurde, demzufolge das Objekt am 31. Dezember 1945 an die Republik Österreich zurückzustellen sei, dem Verein jedoch die Möglichkeit zugestanden wurde, die an die Pestalozzigasse angrenzenden Räume per 1. Jänner 1946 auf fünfjährige Dauer begünstigt anzumieten. In der Ersten Republik war auch die Österreichische Offiziersvereinigung hier untergebracht; diese wurde am 12. August 1938, der Militärwissenschaftliche und Kasinoverein am 19. Juni 1939 aufgelöst.
1938 ging die Nutzung des Hauses an den NS-Reichskriegerbund (Kyffhäuser-Bund) über, zu dessen Gunsten das Bestandsrecht sowie das Vorkaufsrecht im Grundbuch einverleibt wurden. Beide Rechte wurden dem Kyffhäuser-Bund 1944 wieder entzogen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Räumlichkeiten zunächst durch sowjetrussische Truppen, später durch das Bundesministerium für Energie (Bundesminister war Dr. Altmann, KPÖ) genutzt. Nach dem Ausscheiden der Kommunisten aus der Regierung wurde es vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau genutzt. Vom 2. Mai 1945 bis zu dessen endgültiger Auflösung am 8. Jänner 1946 war es Sitz des Staatsamts für Heerwesen.
Nach Gründung der Offiziersgesellschaften (OG) 1959 (OG Wien) und 1960 (OG Österreich) erkannte man neuerlich die Bedeutung der Räumlichkeiten (der Festsaal stand leer, die einstige Bibliothek war noch vorhanden); die Bundesregierung bestellte einen Liquidator für die Österreichische Offiziersvereinigung (11. Februar 1958 und 20. April 1960), der das ehemalige Vermögen derselben auf die Österreichische Offiziersgesellschaft übertrug. In der Folge kam es dauernd zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Handels- und dem Landesverteidigungsministerium über die Nutzung und letztlich dazu, dass die Bundestheater zunächst ein Depot einrichteten, dann das Burgtheater im Festsaal der Militärkasinos eine Probebühne, die schließlich Achim Benning am 26. April 1981 in den „Dritten Raum" des Burgtheaters verwandelte (Kasino am Schwarzenbergplatz). Am 14. Juli beziehungsweise 4. August 1985 konnte die Österreichische Offiziersgesellschaft die ehemaligen Bibliotheksräumlichkeiten anmieten beziehungsweise an die Offiziersgesellschaft Wien untervermieten. Seit 1953 hat auch der Verein "Alt-Neustadt" (Absolventenverein der Thersianischen Militärakademie in Wiener Neustadt) hier ihren Sitz.
Literatur
- Thomas Mondl: Das blieb vom Militärkasinogebäude. In: Unser Auftrag. Zeitschrift der Offiziersgesellschaft Wien, September 1989, S. 13 ff.
- Rolf M. Urrisk-Obertyński: Wien - 2000 jahre Garnisonsstadt, Band 3 Innere Stadt, Weishaupt-Verlag, Graz 2012, S. 292 ff.
- Constantin von Zepelin [Hg.]: Die Heere und Rotten der Gegenwart. Band 4: Österreich-Ungarn. Berlin: Schall 1899, S. 176 f.