Minisex
Minisex, 1978 in Wien von Rudi Nemeczek und Rudi Oschelda gegründete Pop-Band der New Wave – Bewegung.
Geschichte
Per Eigendefinition kam Minisex aus der angelsächsischen Unterhaltungsmusik der 1960er-Jahre und dem Punk sowie New Wave der 1970er-Jahre mit sehr minimalistischen Songstrukturen. Der sogenannte Art-Rock oder Progressive Rock der frühen 1970er-Jahre versuchte eine musikalische und textinhaltliche Erweiterung der Musik, basierend auf einfachen Bluesstrukturen mit Gitarre, Bass und Schlagzeug. Es wurden neue Instrumente eingesetzt, wie elektronische Tasteninstrumente oder Synthesizer. Zugleich wurde die Musik mit politischem Aktivismus verknüpft. Die englischen Bands Emerson, Lake and Palmer, Genesis, King Crimson, Camel, Yes oder Gentle Giant, Jethro Tull, Kansas, Manfred Mann’s Earth Band oder Mike Oldfield waren die Hauptakteure der klassischen Phase des Progressiven Rock.
Die Musik von Minisex war anfangs von einer Punk-Attitüde geprägt im Widerstand gegen die symbiotischen Beziehungen von Austropop und Schlager mit dem öffentlichen Rundfunk und einer Gegenbewegung zu den textintensiven, schweren und sehr pädagogischen Liedermacher-Texten der damaligen Zeit. Die ersten Songs erschienen 1979 auf dem legendären "Wiener Blutrausch"-Sampler gemeinsam mit Beiträgen von lokalen Größen wie Drahdiwaberl und Chuzpe. 1980 wurde die erste LP "Minisex", im Studio der Band Schmetterlinge aufgenommen. Der mediale Durchbruch in Österreich gelang 1982 mit dem Album "Bikini Atoll", von der die Single "Du kleiner Spion" ein erster großer Erfolg wurde. Anfangs wurde noch auf Englisch gesungen, danach wechselte man zu Deutsch.
Minisex bewegte sich im Bereich Pop-Avantgarde, Art-Pop bis hin zur Neuen Deutschen Welle (NDW). Der Begriff Art-Pop meint eine Phase der Popmusik, die von Pop-Art beeinflusst ist und die Zeichen und Gesten über persönliche Ausdruck vermittelt. Inspirationsquellen dieser Musik sind u.a. künstlerische Genres, wie Film und Mode. Rudi Nemeczek beschreibt, dass Minisex in dieser Zeit mit "Verkürzung und Verknappung" gearbeitet hatten damit Songs entstehen konnten, die mit New Wave und Neuer Deutscher Welle korrespondierten.
In Deutschland trat Minisex bei den Österreichischen Rocktagen in München, in der Alabama-Halle auf. Mit dem Song "Ich fahre mit dem Auto" erreichte die Band 1982 Platz 18, mit "Du kleiner Spion" Platz 8 und ihr bekanntestes Lied ist wohl "Rudi, gib Acht" (1984), in dem die Bespitzelung politisch Andersdenkender in der Nachkriegszeit besungen wird. Auch mit den Songs "Millionen zählen nicht" oder "Bandit" konnte Minisex in Österreich bis Mitte der 1980er Erfolge erzielen.
Die Band wechselte oft ihre Besetzung. Insgesamt spielten bis heute 18 Musiker bei Minisex, darunter Hansi Lang (Bikini-Atoll, 1982: Gesang), Brigitte (Gitti) Seuberth (Bikini-Atoll, 1982 und "Heiße Spur, 1983: Gesang) , Michael "Mecky" Pilecky oder Hannes Seidl. Viele Texte und Artwork aus dieser Zeit entwickelte Regine Steinmetz. 1990 löste sich die Band auf.
Mitte 2009 kam es zu einer Wiedervereinigung der Gruppe für ein Benefizkonzert mit der österreichischen Indie-Rockband Mondscheiner. Seither tritt Minisex wieder auf, unter anderem am Donauinselfest 2013. Im März 2014 erschien das Comeback-Album "Reduziert", produziert von Patrick Pulsinger, Christopher Just und Gerhard Potuznik. Das Album schließt an alte Sounds an und Rudi Nemeczek beschreibt es als "Missing Link zwischen Peter Alexander, Kraftwerk und Daft Punk.“
2018 übergaben Regine Steinmetz und Rudi Nemeczek dem Populärkulturellen Archiv der Wienbibliothek im Rathaus die Sammlung Minisex. Die Materialien dokumentieren die Bandgeschichte in der Hauptzeit der Aktivitäten von 1979 bis 1985 gründlich. Die Sammlung bietet mit zahlreichen Zeitungsartikeln, Fotos und persönlichen Dokumenten rund um die Band einen einzigartigen Einblick in dieses Kapitel der Wiener Musikgeschichte.
Bandmitglieder
- Gesang: Rudi Nemeczek (Gründungsmitglied)
- Gitarre: Rudi Oschelda (Gründungsmitglied)
- Keyboard: Michael Egger (1978-1980), Arnold Haberhauer (1980-1981), Hannes Seidl (seit 1981)
- E-Bass: Peter Preys (1978), Ernst Czettel (1978-1980), Peter Habersack (1980-1983), Erich "Ricky Gold" Buchebner (1983-1984)
- Saxophon: Alexander "Axel" Czjzek (1981), Karl Takats (1981-1983)
- Schlagzeug: Rudi Wachet (1978-1979), Michael "Mecky" Pilecky (1979-1984), Alexander Munkas (1984-1987), Thomas "Tommy" Böröcz (seit 2009)
Werk
LPs/CDs:
- Minisex, 1980 (Extraplatte 16)
- Bikini Atoll, 1982 (Schallter)
- Heisse Spur, 1983 (Schallter)
- AYO, 1984 (Schallter)
- Ciao Ciao (Best Of), 1990 (Dino Music)
- Gold, 1994 (Schallter)
- Austropop Kult, 2005 (SONY Austria)
- Maximum Minisex (inkl. unveröffentlichtem Material), 2010 (Monkey)
- Best-of-Minisex-, 2011 (Monkey)
- Reduziert, 2014 (Monkey)
Singles:
- Ich fahre mit dem Auto, 1982 (Schallter)
- Franz und Lola, 1982 (Schallter)
- Du kleiner Spion, 1982 (Schallter)
- Das Alibi, 1983 (Schallter)
- Heisse Spur, 1983 (Schallter)
- Eismeer, 1984 (Schallter)
- Rudi gib acht, 1984 (Schallter)
- Millionen zählen nicht, 1984 (Schallter)
- Bandit, 1985 (Schallter)
- Melancholie, 1985 (Schallter)
- Wir fahren mit der U-Bahn, 2019 (Wiener Linien)
Quellen
Literatur
- Wienbibliothek im Rathaus: Übernahme Sammlung Minisex, 01.02.2018
- Walter Gröbchen [Hrsg.]: WienPop. Fünf Jahrzehnte Musikgeschichte erzählt von 130 Protagonisten. Wien: Falter-Verlag 2013, S. 190–200
- Da war diese irrsinnige Energie. In: FAQ, 05/2012 [Stand: 07.02.2023]
- Walter Gröbchen [Hrsg.]: Heimspiel. Eine Chronik des Austro-Pop. St. Andrä-Wördern: Hannibal-Verlag 1995, S. 61 f.
- Österreichisches Musiklexikon online: Minisex [Stand: 07.02.2023]
- SR-Archiv österreichischer Popularmusik: Minisex [Stand: 07.02.2023]
Minisex im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.