48° 10' 14.09" N, 16° 21' 6.70" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Mittelschule Wienerbergschule ist eine öffentliche Mittelschule im 10. Wiener Gemeindebezirk, Favoriten.
Nachdem die Schule im Herbst 2020 von ihrem ehemaligen Standort in der Knöllgasse 61 in die Gödelgasse 5 umgesiedelt war, änderte sie ihren Namen. Seither scheint nur mehr die VS Knöllgasse 59 in der Knöllgasse auf.
1895: Schulgründung
Im Jahr 1895 wurde ein Schulgebäude in der Knöllgasse 59 als Volksschule für Knaben und Mädchen erbaut. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Unterbringung von insgesamt vier Schulen in Aussicht gestellt. Der im Jahr 1895 erbaute Schultrakt umfasste zu diesem Zeitpunkt also nur ein Viertel der projektierten Schulanlage. Auf dem restlichen Teil des Grundkomplexes, welcher noch nicht zu Schulzwecken diente, wurde eine öffentliche Gartenanlage hergestellt. Die nach dem Ausbau der Schule freibleibende Grundfläche sollte als Spielplatz und Schulgarten dienen.
Der im Jahr 1895 erbaute Teil des Schulgebäudes bestand aus einem dreistöckigen Doppeltrakt und einem ebenerdigen Anbau, welcher den Turnsaal enthielt. Im ganzen waren 16 Lehrzimmer, ein Turnsaal, ein Aufnahmezimmer, drei Lehrmittelzimmer, eine Schulleiter- sowie eine Schuldienerwohnung untergebracht. Die Schulleiterwohnung war den Vorschriften entsprechend von den Schullokalen vollkommen isoliert. Mit Rücksicht auf die hohe und isolierte Lage des Gebäudes wurde dasselbe außerdem mit Blitzableitern versehen.
Im ersten Schuljahr 1895/1986 stand die sechsstufige Volksschule unter der Leitung von Oberlehrer Johann Holfeld und beherbergte eine Gesamtzahl von 356 Schülern beziehungsweise 334 Schülerinnen, die auf jeweils sechs Klassen aufgeteilt waren. Die Konfessionsverteilung unter den Schulkindern war sehr homogen: Neben den römisch-katholischen Schulkindern gab es nur acht evangelische Schulkinder. Die Schüler- und/oder Lehrerbibliothek sowie der Schulgarten waren im ersten Schuljahr noch nicht eingerichtet.
1900: Ausbau Knöllgasse 61
In den Jahren 1900 wurde dann nach Ausbau des Schulgebäudes in der Knöllgasse 61 eine Volksschule für Mädchen eröffnet. Somit wurde die bereits bestehende Schule Knöllgasse 59 von einer Volksschule für Knaben und Mädchen in eine reine Knabenvolksschule umgewandelt. Mit dem Erdaushub konnte infolge ungünstiger Witterungsverhältnisse erst am 9. April 1900 begonnen werden. Infolge dieser Verzögerung konnte das neue Schulgebäude erst am 8. Oktober 1900 in Benützung genommen werden.
Das im Jahr 1900 erbaute Schulgebäude wurde mit Anschluss an den Turnsaaltrakt der bereits bestehenden Volksschule Knöllgasse 59 errichtet, wobei auf den ebenerdigen Turnsaaltrakt ein erstes Stockwerk aufgesetzt wurde. Das neue Schulhaus enthielt 15 Lehrzimmer, ein Konferenzzimmer, eine Kanzlei, fünf Lehrmittelzimmer, einen Turnsaal samt Garderobe, eine Schuldiener- und eine Schulleiterwohnung. Überdies wurde durch eine Stockaufsetzung auf dem Turnsaaltrakt des alten Schulgebäudes in der Knöllgasse 59 ein Lehrmittelzimmer geschaffen. Entsprechend dem älteren Gebäude war auch das neue Gebäude dreistöckig und mit Falzziegeln eingedeckt. Wegen der schwierigen Wegverhältnisse in dieser Gegend wurde zudem mit Gemeinderatsbeschlusses vom 2. März 1900 im Verbindungsgang zwischen den beiden Turnsälen eine Altarnische zur Abhaltung des katholischen Schulgottesdienstes eingerichtet.
Nachdem 1900 die Trennung der Volksschulen nach Geschlecht erfolgte, verblieb die Knabenvolksschule Knöllgasse 59 unter dem Leiter Johann Holfeld mit neun Klassen und 434 Schülern, während die Mädchenvolksschule Knöllgasse 61 von Oberlehrer Albert Fuchs geleitet wurde und zehn Klassen führte, die von 483 Schülerinnen besucht wurden. Ab 1901/1902 bis nach dem Ersten Weltkrieg fungierte die Knabenvolksschule außerdem als Religionssammelstelle für den evangelischen Religionsunterricht, sowohl des Augsburger als auch des Helvetischen Bekenntnisses.
1908: Eröffnung der Bürgerschulen
Im Jahr 1908 erfolgte dann die Eröffnung zweier Bürgerschulen in der Knöllgasse 59/61. Die bis dato als sechsklassig geführten Volksschulen in der Knöllgasse und somit von der Regel abweichende Ausnahme nach dem Reichsvolksschulgesetz von 1869 wurden zu jeweils fünfklassigen Volksschulen umgewandelt. Die neu errichteten dreistufigen Bürgerschulen standen vorerst in Verbindung mit der jeweiligen Volksschule des gleichen Geschlechts. So übernahm Johann Holfeld im ersten Schuljahr der Bürgerschule 1908/1909 auch die provisorische Leitung der Knabenbürgerschule Knöllgasse 59. Die neu eröffnete Mädchenbürgerschule Knöllgasse 59 stand unter der provisorischen Leitung von Josef Mullner.
Im Laufe der Jahre wuchs die Schülerinnen und Schülerzahlen an den Volksschulen derart an, dass sogar an beiden Volksschulen Wechselunterricht erteilt werden musste. Im Jahr 1912/1913 besuchten 241 Knaben (in fünf Klassen) und 242 Mädchen (in fünf Klassen) die Bürgerschule, 829 Knaben (in 15 Klassen) und 830 Mädchen (in 15 Klassen) die Volksschule. Somit stellte der Bau und die Eröffnung der Schule Triesterstraße 114 im Jahr 1913 eine wirkliche Entlastung für die Schulen in der Knöllgasse dar – und zwar direkt für die beiden Volksschulen, aus räumlicher Sicht auch indirekt für die beiden Bürgerschulen. Im Jahr 1909 wurden zudem die beiden Schulleiterwohnungen in den beiden Volksschulen in der Knöllgasse 59 und 61 zu Lehrzimmern umgewandelt. Allgemein lässt sich feststellen, dass die Schulleiterwohnungen im Laufe der Zeit wohl aufgrund der wachsenden Schülerinnen- und Schülerzahl neuen Klassenzimmern weichen mussten.
Erster Weltkrieg
Die Ereignisse des Ersten Weltkriegs hatten wie vielerorts räumliche Zusammenlegungen mit anderen Schulen zur Folge. Seit Kriegsbeginn wurde das gesamte Schulgebäude in der Knöllgasse als Militärreservespital verwendet, weshalb die vier Schulen zeitweise auf andere Schulgebäude ausweichen mussten. Die Knaben aus der Knöllgasse 59 wurden in der Knabenvolksschule Alxingergasse 82 untergebracht; zu den Mädchen aus der Knöllgasse 61 fehlen nähere Angaben, in welches Schulgebäude sie umgesiedelt wurden. Zudem belegte ab dem zweiten Kriegsjahr 1915/1916 eine Brot- und Mehlkommission die Kanzlei der Mädchenbürgerschule. Der Knabenturnsaal wurde außerdem für die Ausspeisung sowie (bereits vor den Kriegsjahren) vom städtischen Knabenhort verwendet.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Die in den späten 1920er Jahren zusammengelegten Volksschulen wurden nunmehr als Doppelvolksschule unter gemeinsamer Leitung (im Schuljahr 1930/1931: Oberlehrer Oskar Grund) geführt und von beiden Geschlechtern besucht. Vorerst gab es noch getrennte Klassen nach Geschlecht, aber bereits im Schuljahr 1933/1934 wurden auch immer wieder gemischte Klassen geführt. Weiters ist anzumerken, dass nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 Englisch die französische Sprache als Fremdsprache auf dem Lehrplan der Hauptschulen ersetzte.
Während des Nationalsozialismus mussten die Schulen ihre Räumlichkeiten für nationalsozialistische Organisationen bereitstellen. So benützte beispielsweise die NSDAP-Ortsgruppe Wienerfeld Lehrzimmer der Knabenhauptschule (frühere Bürgerschulen vor dem Hauptschulgesetz 1927) für Kurszwecke, während die Hitlerjugend und der Bund deutscher Mädel auf den Turnsaal zurückgriffen. Aber auch andere Schulen benützten den Turnsaal mit, wie beispielsweise die Mädchenvolksschule Bernhardtstalgasse 19 im Jahr 1942/1943 oder die Mädchenvolksschule Bernhardtstalgasse 19 und die Mädchenhauptschule Erlachgasse 91 im Jahr 1943/1944.
Zeitweise mussten die Schulen auch ganz aus ihren Räumlichkeiten weichen. So musste die Knabenhauptschule Knöllgasse 59 von 1940/1941 bis zu ihrer Stilllegung im Jahr 1944 im anderen Teil des Schulgebäudes (Knöllgasse 61) untergebracht werden, da das Schulgebäude als Kaserne für die Luftschutzpolizei diente. Bis auf zwei Lehrzimmer, die von der Kartenstelle Nummer 68 zur Vergabe von Lebensmittelkarten belegt wurden, wurde das ganze Gebäude nach und nach vom Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD) (siehe Luftschutzbund) belegt.
Außerdem lässt sich ein starker Rückgang der Schülerinnen- und Schülerzahlen während der Kriegszeit feststellen. Während im Schuljahr 1939/1940 noch acht Klassen mit 243 Knaben und sieben Klassen mit 227 Mädchen in den Hauptschulen geführt wurden, waren es im Schuljahr 1943/1944 nur noch 153 Knaben mit vier Klassen und 207 Schülerinnen in sechs Klassen. Dass die Zahl der Schülerinnen nicht derart sank wie jene der Schüler, liegt daran, dass die Mädchenhauptschule mittlerweile Schülerinnen aus neun Wiener Bezirken beherbergte. Im letzten Jahr 1944/1945 wurde die Knabenhauptschule dann vollständig stillgelegt, während die Mädchen ab dem 26. März 1944 in das Kinderlandverschickungslager Tisserand Bad Ischl im Reichsgau Oberdonau verlegt wurden. Auch die Doppelvolksschule verzeichnete 1939/1940 noch 16 Klassen mit insgesamt 543 Schulkindern, während es 1943/1944 nur noch acht Klassen mit 300 Schulkinder waren.
Laut dem Kriegsschädenplan von 1946 hatte das Schulgebäude auch einige Bombentreffer abbekommen.
Gegenwart
Die Schule ist eine öffentliche Halbtagsmittelschule nach dem Modell der Wiener Mittelschulen. Die Schule wird von rund 400 Schülerinnen und Schülern besucht, die von circa 45 Lehrerinnen und Lehrern sowie zusätzlichen Lehr- und Fachkräften unterrichtet werden. Schwerpunkte sind integrative Berufsorientierung und Digitale Medien.
Umzug: Wienerberg
Im Herbst 2020 zog die ehemalige Mittelschule Knöllgasse 61 aus dem Schulgebäude in der Knöllgasse aus und fand als Wienerbergschule ihren neuen Sitz in der Gödelgasse 5.
Das neue Schulgebäude bietet auf vier Stockwerken helle Klassenzimmer sowie eigene Lern- und Aufenthaltsräume. Im Erdgeschoß befinden sich ein Musikraum, ein Bibliotheks- und Medienraum, ein textiler Werkraum, ein technischer Werkraum sowie die Physik- und Chemieräume. Zur Schulausstattung im Außenbereich gehören zwei große Turnsäle, ein Hartplatz für Streetball, ein Schulgarten sowie eine Leseterrasse.
Quellen
- WStLA, Kartographische Sammlung, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P10/2.120422
- Georeferenzierter Kriegsschädenplan von 1946 in Wien Kulturgut
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, A9/1 - Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, B4 - Standesausweise 1876-1915
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1894-1896. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1898
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1900. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1903
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1909. Bericht des Bürgermeisters Dr. Josef Neumayer. Wien: Gerlach & Wiedling, Buch und Kunstverlag 1910